Gemeinsam mit Experten der beiden Schweizer ETHs forscht ein Team der Empa an der nächsten Generation eines VR-Handschuhs, mit dem virtuelle Welten im Metaverse greifbar werden. Der Handschuh soll weitgehend automatisch produziert werden können – im 3D-Druckverfahren. [...]
Forschende an den Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) Lausanne und Zürich sowie der Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa sind dabei, neue Materialien zu entwickeln, die in VR-Handschuhen zum Einsatz kommen und die – sozusagen als besonderer Clou – auf dem 3D-Drucker ausgegeben werden können.
Damit sich virtuelle Oberflächen echt anfühlen und die Objekte auch in der richtigen Größe greifbar werden, wollen die Forscherteams drei verschiedene Arten von Aktuatoren in den Handschuh integrieren: Auf der Unterseite der Finger können Noppen emporwachsen, die eine bestimmte Textur einer Oberfläche nachbilden.
Im Bereich der Fingergelenke werden elektrostatische Bremsen montiert, die den Handschuh versteifen und die Gelenke blockieren. Das simuliert größere, feste Objekte, die beim Anfassen Widerstand bieten.
Die dritte Art von Aktuatoren, die das virtuelle Erlebnis vervollständigen sollen, nennen sich DEA, kurz für dielektrische elastische Aktuatoren. Diese DEA werden auf dem Handrücken eingesetzt; sie raffen die Außenhaut des Handschuhs so weit zusammen, dass er an allen Stellen optimal anliegt. Während des VR-Erlebnisses können sie außerdem Druck auf die Handoberfläche ausüben.
Künstliche „Muskeln“ aus dem 3D-Drucker
Dorina Opris, die Leiterin der Forschungsgruppe „Functional Polymeric Materials“ der Empa, hat jahrelang Erfahrung mit solchen elektroaktiven Polymeren gesammelt. „Diese elastischen Polymere reagieren auf elektrische Felder und ziehen sich zusammen wie ein Muskel“, erläutert die Forscherin.
„Aber sie können auch als Sensor dienen, eine äußere Kraft aufnehmen und daraus einen elektrischen Impuls erzeugen. Wir denken auch daran, sie zur lokalen Energieerzeugung einzusetzen: Aus Bewegung kann so überall Strom entstehen.“
Das Manufhaptics-Projekt, das unter der Leitung von Herbert Shea vom Soft Transducers Lab der EPFL steht, stellt Opris und ihren Kollegen Patrick Danner vor neue Herausforderungen.
„Bislang haben wir unsere Polymere mit Hilfe von Lösungsmitteln auf dem Weg einer chemischen Synthese hergestellt“, erläutert die Empa-Forscherin.
Nun muss alles ohne Lösungsmittel funktionieren: Geplant ist, bis zu 1000 feine Schichten aus dem 3D-Drucker übereinanderzulegen, immer abwechselnd das elektroaktive Polymer und eine stromleitende Schicht.
„Lösungsmittel gilt es zu vermeiden bei solch einer Produktionsmethode“, sagt Opris.
Und Patrick Danner erläutert die nächste Schwierigkeit: Die zwei verschiedenen Tinten, die dafür nötig sind, müssen die genau passende Konsistenz haben, um aus der Düse des 3D-Druckers zu fließen. „Unser Projektpartner Jan Vermant von der ETH Zürich wünscht sich etwas mit ähnlichen Eigenschaften wie eine Handcreme. Es soll leicht aus dem Drucker kommen, und dann formstabil auf der Unterlage stehen bleiben“. Und danach muss sich dieses „cremige“ Schichtstruktur noch zum passenden Polymer vernetzen.
Nach einer langen Reihe von Versuchen hat Danner eine vielversprechende Formulierung gefunden – eine Creme, die flüssig genug ist und zugleich formstabil, und aus der in einem einzigen Schritt elektroaktive Polymere entstehen können.
Sein Kollege Tazio Pleji an der ETH Zürich, ein Mitarbeiter in Jan Vermants Forscherteam, hat das Material erfolgreich in seinem 3D-Drucker zu mehreren Schichten verarbeitet – immer abwechselnd Polymer und Elektrodenmaterial. Noch sind es keine 1000 Schichten, sondern nur etwa 10. Und noch funktioniert der künstliche Muskel aus dem 3D-Drucker nicht zufriedenstellend.
Die Konkurrenz sitzt in Harvard
Doch Opris und Danner sind zuversichtlich, die Aufgabe gemeinsam mit den Druckspezialisten der ETH Zürich zu meistern – als möglicherweise erstes Forscherteam der Welt.
Die einzigen wissenschaftlichen Konkurrenten auf diesem Gebiet sitzen an der Harvard University in Massachusetts. „Ich kenne die Kollegen dort von einigen Kongressen“, sagt Opris.
„Wir beobachten sehr genau, was die machen. Und die beobachten unsere Arbeit mit Sicherheit auch.“
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