Wackelfreie Videos für Drohnen und die Hochschaubahn

Die TU Wien und Dynamic Perspective entwickeln ein elektronisch gesteuertes Kamera-Aufhängungssystem, das gestochen scharfe Videos in Extremsituationen ermöglichen soll. [...]

Ein verwacklungsfreies Video aus einer Hochschaubahn – das wäre bisher kaum denkbar gewesen. Für das Kamera-Aufhängungssystem, das von der TU Wien und der Firma Dynamic Perspective nun entwickelt wurde, ist das allerdings kein Problem. Ein Kamera-Gimbal mit fünf Rotationsachsen und ausgetüftelter Regelungstechnik gleicht Wackelbewegungen so präzise aus, dass sogar von ferngesteuerten Fluggeräten aus in bester Qualität gefilmt werden kann. Für Live-Sportübertragungen eröffnen sich damit ganz neue Perspektiven.

SCHLAU STATT SCHWER
„Die einfachste Möglichkeit, Verwackelungen zu bekämpfen, ist ein möglichst schweres Kamerasystem zu bauen“, erklärt Alexander Schirrer vom Institut für Mechanik und Mechatronik der TU Wien. Eine schwere Kamera ist so träge, dass sie von kleineren Erschütterungen nicht beeinflusst wird. Doch wenn die Kamera auf ein Fluggerät gepackt werden soll, dann muss man mit möglichst wenig Gewicht auskommen. Das neuentwickelte System wiegt samt Kamera knapp zwanzig Kilo – eine Last, die für ein kleines Fluggerät gut transportabel ist. Andere Kamerasysteme kommen auf bis zu hundert Kilo.

Zwei Jahre lang haben die TU Wien und Dynamic Perspective an einer neuartigen Hochleistungs-Regelung für eine aktive Kamerastabilisierung gearbeitet. Eine spezielle kardanische Aufhängung wurde entwickelt, ein sogenanntes Gimbal. Eigentlich würden drei Rotationsachsen ausreichen, um eine Kamera beliebig im Raum zu drehen. Zwei weitere Achsen wurden zusätzlich noch hinzugefügt, um in kurzer Zeit besonders feine Präzisionskorrekturen vornehmen zu können.

TAUSENDE MESSUNGEN PRO SEKUNDE
Entscheidend ist aber nicht bloß die mechanische Aufhängung, sondern in erster Linie die Regelungstechnik: Mehrere tausend Mal in der Sekunde wird von Sensoren die Position der Kamera gemessen, innerhalb von wenigen hundert Mikrosekunden müssen die einprogrammierten regelungstechnischen Algorithmen die richtigen Korrekturbewegungen berechnen, die dann von elektromechanischen Aktoren umgesetzt werden.

„Dafür waren zunächst umfangreiche Computersimulationen nötig, dann konnten wir unsere Regelungstechnik mit Gyrokoptern in der Praxis testen“, sagt Alexander Schirrer. Die lange Forschungsarbeit hat sich bezahlt gemacht: „Sogar im dynamischen Flug, bei Vollzoom und mit voller HD-Auflösung liefert unser Setup gestochen scharfe Bilder. Wir erschließen damit einen Qualitätsbereich, den in diesem Anwendungssegment bisher noch niemand erreicht hat.“

„Mit bis zu 70 Prozent Gewichtsersparnis im Vergleich zu existierenden Systemen ist unser Gimbal der erste, der auf Ultra-Leicht Fluggeräten und Drohnen eingesetzt werden kann – zusätzlich zu den herkömmlichen Einsatzbereichen wie Helikoptern, Kränen, Autos und Booten“, sagt Peter Morawitz von Dynamic Perspective. „Dabei können wir höchste Bildstabilität gewährleisten. Möglich ist das durch unsere Regelungssysteme.“

Auch wenn das fliegende Kamerasystem vielleicht zunächst an Actionfilme denken lässt – in erster Linie ist es für Sportaufnahmen gedacht. Im Gegensatz zum Kinofilm sind bei Sportaufnahmen weder 3D-Animationen noch langwierige Nachbearbeitungsschritte am Computer möglich. „Das Filmmaterial muss bereits in perfekter Qualität aus der Kamera kommen und live gesendet werden können – und genau diese Möglichkeit wird durch unser System nun geschaffen“, sagt Schirrer. Auch für präzise wissenschaftliche Messungen könnte man das neue Kamerasystem verwenden – etwa in der Geoinformation. (pi)


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*