Warum 3D-Fernsehen stirbt

Immer mehr TV-Hersteller begraben die 3D-Fernseh-Technik. Das Ende kommt in etwa so abrupt wie sich neue 4K-Technologien aufdrängen. Die Hintergründe. [...]

Denkt man sieben Jahre zurück, war 3D in den damaligen Full-HD-Fernsehern der letzte Schrei. Die Prospekte waren voll von den ersten 3D-fähigen Blu-ray Playern. Begriffe wie aktive 3D-Shuttertechnik und die dazu erforderlichen HDMI-Kabel mussten zuerst erklärt werden und bald schon fand man fast keine Mittelklasse-Fernseher mehr ohne 3D. Was sich schon Anfang letzten Jahres abzeichnete, bestätigt sich aber allmählich: Immer mehr TV-Hersteller schlagen der 3D-Fernseh-Technik die Sargnägel ein. LG und Sony gaben gegenüber Cnet bereits zu verstehen, dass ihre neuen High-End-Fernseher der OLED-Serie nicht mehr 3D-Filme unterstützen werden. Aber nicht nur Sony und LG legen 3D aufs Eis. Samsung hat es beispielsweise schon im letzten Jahr getan.

Tim Alessi, der Chef der Produktentwicklung bei LG, äusserte sich entsprechend offen: „Die 3D-Fähigkeit wurde von der Industrie nie allgemein mit offenen Armen empfangen.“ Und es sei nie ein Haupt-Kauf-Argument der Käufer gewesen. Man entschied sich daher, 3D für 2017 fallenzulassen, um in neue Technologien wie HDR zu investieren, hiess es. Sony sagte dazu Ähnliches, ohne dabei sehr ausführlich zu werden. Basierend auf den Markttrends habe man sich entschieden, dass die 2017er-Modelle kein 3D mehr unterstützen werden. Von Sony wissen wir, dass der Hersteller ebenfalls sehr überzeugt ist von der HDR-Stossrichtung. Zum einen haben die Japaner mit der ZD9-Bravia-Serie eine modulare LED-Technik präsentiert, mit der statt bisher einige hundert gleich mehrere tausend LEDs zur hohen Helligkeit beitragen. Zum anderen hat auch Sony an der CES 2017 einen ersten OLED-Fernseher vorgestellt.

Die Gründe, warum sich 3D als Konsumtrend nie durchgesetzt hat, liegen auf der Hand: Das Blu-ray-Sortiment war von Anfang mit einigen Ausnahmen wie „Avatar“ oder „Caroline“ überschaubar. Aber auch wenn mit der Zeit immer mehr solche Scheiben dazu kamen: Teilweise waren auch die jene Blu-rays von unterschiedlicher 3D-Qualität. Dazu kommt: Wirklich gutes 3D erlebt man nur auf großen Fernsehern ab einer Bilddiagonalen von mehr als 50 Zoll. Mit anfänglichen Shutter-Brillenpreisen von bis zu 200 Franken (c. 180 Euro) pro Stück waren heimische 3D-Partys mit mehreren Anwendern kein erschwingliches Vergnügen und wurden auch mit günstigeren Polfilterbrillen nie zum Massenphänomen. Ein weiterer Gegentrend: Streaming setzt sich immer mehr durch, auch Sony verzichtete erstmals bei der neuen PS4 Pro auf ein 4K-Blu-ray-Laufwerk. Es dürfte wohl auch viele Anwender geben, die einen 3D-Fernseher besitzen, ohne die Funktion jemals genutzt zu haben.

3D am Fernseher kann den Immersionsgrad durchaus steigern. Wer noch einen 3D-fähigen Fernseher kaufen möchte, kann sich bei den Modellen der letzten zwei Jahre umschauen. Die an der CES 2017 vorgestellten UHD-Fernseher werden 3D kaum noch unterstützen. Bei der 4K Blu-ray war 3D fürs neue Scheibenformat schon von Anfang an nie vorgesehen. Die ersten 4K Blu-ray Player sind aber noch abwärtskompatibel. Zur Technik: Bei den Fernsehern mit aktiver 3D-Shuttertechnik werden zwei Perspektiven über Infrarot- oder Bluetooth-Verbindung in schnellen Wechseln mit je 60 Bildern bestrahlt. Mit deutlich günstigeren Brillenpreisen von 15 bis 20 Franken (ca. 14 bis 18 Euro) setzte sich hingegen bei vielen Herstellern wie LG und Philips die passive Polfiltertechnik durch. Hierbei werden unterschiedliche Schwingungen von Lichtwellen horizontal und vertikal polarisiert. Nachteil: Im Gegensatz zur aktiven Shuttertechnik hat man jeweils nur die halbe vertikale Auflösung pro Auge. Dabei hätte die 4K-Bildauflösung hierbei so einiges wettmachen können.

*Simon Gröflin ist Redakteur von PCTipp.


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