Warum Intel seine Tablet-Strategie ändern muss

Intel hat ambitionierte Ziele: Der Prozessorhersteller will seine Atom-Chips 40 Millionen Tablets einverleiben. Dazu muss Intel nun schleunigst eine schnellere Strategie fahren. Erste Indizien sprechen dafür. [...]

Intel-CFO Stacy Smith ließ im November 2013 anlässlich eines letzten Meetings mit Finanzanalysten verlauten, Intel werde einen signifikanten Teil an Betriebsverlust einstecken müssen, um die ehrgeizigen Pläne mit seinem eigenen Tablet-Prozessor, Bay Trail, voranzutreiben. Selbst CEO Brian Krzanich gab zu: Ein Großteil der für 2014 angestrebten Projekte werde „ein gewisses Maß an Betriebsverlust“ einfahren.

Diese Aussage bestätigt inzwischen, was viele Finanzanalysten schon vermuteten: Erste Bay-Trail-Tablets, die voraussichtlich nun im zweiten Quartal dieses Jahres Marktreife erlangen dürften, werden so günstig wie vergleichbare ARM-Tablets sein, weil Intel die Kosten des Herstellers gedeckt hat, um dessen Chips optimal mit den Komponenten des Tablet-Herstellers unter einen Hut bringen.

Es ist nicht schwierig, sich einen Reim daraus zu machen, warum Intel das Geschäft mit seinen Bay-Trail-Chips vorantreiben will: Intel leidet unter der PC-Flaute, kann ihr jedoch trotzen mit einem minimen Jahresumsatzverlust von nur einem Prozent. Allerdings hinterließ die PC-Flaute im operativen Ergebnis 2013 bei einer Gewinneinbuße von 16 Prozent seine Spuren, wonach der um Steuern und Zinsen bereinigte Unternehmensgewinn Ende 2013 im Vorjahresvergleich von 14,6 Milliarden US-Dollar auf 12,3 Milliarden US-Dollar eingebrochen ist. Ein anderer Punkt, warum Intel einen etwas aggressiveren Weg zur Markteroberung ergreifen wird, begründet sich an der Tatsache, dass Tablet-Hersteller wie Samsung und Apple nach wie vor auf ARM-Chip-Plattformen oder auf Qualcomm- oder Nvidia-Tegra-Architekturen setzen.

Intel strebt mit Bay Trail die Highend-Sparte im Tablet-Segment an. Microsoft konnte in diesem Bereich mit Windows-8-Auftritten noch zu wenig überzeugen: Tatsächlich dominiert vor allem Android mit 60 Prozent Marktanteil den Tablet-Kuchen, was IDC-Zahlen belegen. Folglich wird Intel nun erst recht und primär um die Gunst der Android-Tablet-Hersteller ringen, um Bay Trail auf tiefpreisigeren Tablets in Schwung zu bringen, ehe schon die angekündigten Atom-Chips der nächsten Generation (Codename Broxton und SoFIA) im 2015 in Produktion gehen müssen. Diese Zeitspanne gilt es nun gewinnbringend zu überbrücken, wenn alles getreu der Intel-Roadmap weiterlaufen soll.

Analysten meinen, Bay Trail sei ein guter Performer, habe aber gegenüber den SoCs anderer Chiphersteller (wie Qualcomm) noch wenig integrierte Schnittstellen, was der Milchbüchleinrechnung der Tablet-Hersteller einen weiteren Strich durch die Rechnung macht. Hersteller müssten Krzanich zufolge zusätzliche Module wie für die Kommunikationsschnittstelle kaufen oder Platinen mit zusätzlichen Layers versehen, damit die CPU reibungslos mit allen Chip-Modulen interagiert. Mit den Betriebsverlusten will Intel die Kosten der Tablet-Hersteller decken. Allerdings geht Intel davon aus, dass es sich um nicht-wiederkehrende Kosten handelt. Schlussendlich gehe es um die Kosten, um ARM-Referenz-Designs auf Intel-Designs zu portieren, meinte Krzanich gegenüber PCWorld.

Apple hat Ende September 2013 bekannt gegeben, 70 Millionen Tablets während seines Geschäftsjahres abgesetzt zu haben. Einige Analysten glauben, Intel werde sein Ziel der anvisierten 40 Millionenen Tablets erreichen. McCarron von Mercury Research meint sogar, er hätte sich vor einem halben Jahr zu dieser Frage noch viel skeptischer geäußert. Denn der Plan mit der Subventionierung ermögliche den Tablet-Herstellern jetzt sogar eine kostenneutrale Tablet-Herstellung. Außerdem werden die Subventionen die Durchdringung weniger kaufkräftiger Märkte wie China vorantreiben und Intel Wege zu namhaften Anbietern wie Samsung, Dell und Hewlett-Packard ebnen.

Am IDF13 im September 2013 kündigte Intel an, dass neue Bay-Trail-Tablets und günstige 2-in-1-Notebooks schon anfangs 2014 erscheinen dürften. Mittlerweile ist davon auszugehen, dass dieser Schritt gegen Sommer 2014 erfolgen dürfte. Intel gab allerdings schon am IDF13 zu verstehen, dass 2-in-1-Ultrabooks sich auch die hybride Nutzung der Android- und Windows-8-Welt zu nutze machen können. Android-App-Entwickler dürften auf den Intel-Zug aufspringen wollen, weil der Bay-Trail-Prozessor die Entwicklung von 64-Bit-Applikationen erlaubt. Vor allem leistungshungrige Apps wie Spiele überzeugten durchaus auf ersten lauffähigen Prototypen.

* Simon Gröflin ist Redakteur der Schweizer PCtipp.


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