Der kompletteste Blick auf die Prognosen der heimischen IKT-Branche: Insgesamt 72 Geschäftsführer heimischer IT-Anbieter oder Institutionen haben sich mit einem Beitrag am Jahresausblick von Computerwelt.at beteiligt. Die Mehrheit erwartet ein wirtschaftlich schwieriges Jahr, hofft aber auch auf eine erhöhte Investitionsbereitschaft bei den Kunden. [...]
Dietmar Kotras, Country Manager SAS Austria
2015 wird es ernst in Sachen ganzheitliche Kundeninteraktion. Um Enterprise Marketing Management (EMM) in der Praxis umzusetzen, müssen Unternehmen die digitale Transformation nicht nur beobachten, sondern selbst vollziehen. Das betrifft vor allem die aktive Steuerung beziehungsweise Unterstützung von Kundeninteraktionen an möglichst allen Kontaktpunkten, die dem Konsumenten heute sowohl digital und mobil als auch an den konventionellen Schnittstellen (Point of Sale, Service-Hotline, Berater) zur Verfügung stehen. Das Inbound-Marketing gewinnt hier mehr und mehr an Bedeutung: Nicht das Unternehmen, sondern der Kunde selbst entscheidet über Kanal, Thema, Zeitpunkt und Ort seiner Informations-, Kauf- oder Konsumbedürfnisse. Erfolg hat nur, wer schnell darauf reagieren kann. Dafür sind drei funktionale Herausforderungen zu bewältigen: erstens Automatisierung, die es ermöglicht, Kundenwissen systematisch zu generieren und zu bündeln sowie am individuellen Kontaktpunkt für die richtige Informations- oder Angebotsauswahl zu sorgen; zweitens Echtzeitfähigkeit, um im „Moment of Truth“, das heißt, zum Zeitpunkt der tatsächlichen Kaufentscheidung, punktgenau und bedarfsgerecht (re-)agieren zu können; und drittens (analytische) Optimierung, um aus der Vielzahl möglicher Handlungsoptionen immer die bestmögliche Variante auszuwählen. Dies erfordert eine durchgängige Architektur nach dem Konzept des Customer Decision Hub: Diese zentrale Entscheidungsinstanz bildet die Grundlage für die automatisierte Wahl der optimalen Interaktion mit jedem einzelnen Kunden in einer bestimmten Situation. Dafür braucht es ein analytisch gestütztes Entscheidungsmanagement, das eine zentrale Verwaltung sämtlicher Regelwerke und Nebenbedingungen erlaubt und diese intelligent auf Kampagnen, Vertriebsmaßnahmen und Marketingprogramme überträgt.
Bernhard Schuster, Geschäftsführer Infotech EDV-Systeme
Ich erwarte eine stabile Wirtschaftsentwicklung – ohne großes Wachstum, aber auch ohne große Gefahren. In der IT-Branche wird sich die Konsolidierung der letzten Jahre fortsetzen. Die steigenden Ansprüche in Hinblick auf Verfügbarkeit stellen sehr kleinen Anbieter vor große Herausforderungen. Das zunehmende Servicedenken der Kunden wird für kräftiges Wachstum bei den Cloud-Services sorgen.
Die IT-Branche wird von einer weiteren Akzeptanz von Cloud-Services geprägt sein. Nachdem zunehmend Sachlichkeit in die Diskussion um Cloud-Services einkehrt und viele Firmen schon erste Erfahrungen gesammelt haben, werden 2015 der breite Mittelstand und auch viele kleinere Unternehmen auf den Zug aufspringen.
Die Fachkräftesituation wird angespannt bleiben. Die Firmen werden immer mehr dazu übergeben, länderübergreifende Teams bilden, die virtuell zusammenarbeiten. Die technischen Voraussetzungen dafür finden – langsam aber sicher – Akzeptanz.
Der Zusammenhalt innerhalb der EU wird wohl auch 2015 auf die Probe gestellt werden. Hier gilt es schlagkräftige Entscheidungsstrukturen für die Zukunft zu finden.
Walter Huemer, Geschäftsführer Huemer Group
Unternehmen stehen auch heuer wieder unter hohem Kostendruck, trotzdem erwarten wir für 2015 eine zunehmende Sensibilisierung in den Bereichen Datenmanagement und -sicherheit. Deshalb unterstützen wir unsere Kunden in diesem Jahr vor allem bei der Erstellung und Umsetzung von durchgängigen Datenverfügbarkeits- und -sicherungs-Konzepten. Zusätzlich zu erweiterten IT-Sicherheitsmaßnahmen werden sich Unternehmen heuer verstärkt mit neuen IT-Architekturen auseinandersetzen, um die Innovations- und Entscheidungsfindungsprozesse in ihrer Organisation anzukurbeln. Dabei geht es nicht nur um die Optimierung der bestehenden IT-Infrastruktur im Rechenzentrum, sondern vor allem auch IT-as-a-Service-Lösungen gewinnen zusehends an Bedeutung. Ferner erhoffen wir uns eine Stärkung des IKT-Standortes Österreich durch das politische Umfeld, damit wir unsere Position als Innovationsstandort im internationalen Vergleich nicht nur halten, sondern sogar verbessern können.
Peter Oros, Vorstand Qualysoft Gruppe
Das Thema Customer Experience wird 2015 ohne Zweifel in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Eine ganzheitliche Wahrnehmung der Kundenbeziehungen gepaart mit innovativen Lösungen im Frontend-Bereich werden aufgrund von erschwerten Marktbedingungen und höherer Konkurrenz unerlässlich sein. Wir haben bereits im letzten Quartal die Beratungskapazitäten im Customer Experience Bereich drastisch erhöht und erwarten 2015 auch durch die Eröffnung neuer Standorte ein enormes Wachstum in diesem Geschäftsfeld.
Klaus Malle, Country Managing Director Accenture Österreich
Die Wirtschaft ist im Umbruch und die treibende Kraft dahinter ist die Digitalisierung. So wie sich der Einzelhandel auf Online-Konkurrenz und die Verlage auf Onlinemedien einstellen mussten, wird das rasanten Voranschreiten der Digitalisierung alle Branchen betreffen. Die Interaktion mit Kunden ist heute und in Zukunft von entscheidender Bedeutung – gleichzeitig müssen in den Unternehmen interne Prozesse optimiert werden. Dieses Potenzial können Unternehmen nur dann heben, wenn sie neue Geschäftsmodelle für intelligente Produkte in intelligenten Netzen entwickeln Smart Services und Industrie 4.0 sind die Schlagworte der Stunde. Die Digitalisierung wird somit 2015 zur größten strategischen Herausforderung für Unternehmen.
Die enormen technologischen Umwälzungen müssen in den Unternehmen erst einmal verdaut werden! Da kommt auf das Top-Management und die Mitarbeiter Einiges zu. Deshalb muss jetzt gehandelt werden. Ich bin der Überzeugung, dass durch die Digitalisierung Arbeitsplätze nicht weniger werden, aber das Anforderungsniveau wird größer. Neue Berufsbilder werden entstehen. So wird sich beispielsweise der CIO zum Chief Digital Officer entwickeln und noch stärker als bisher die Dinge aus Business-Sicht betrachten.
2015 kündigt sich ein Kampf der großen Wirtschaftsblöcke an. Die USA sind ja bei der Software-Entwicklung deutlich voran, Europa hinkt hinterher: Erstens hat in Europa der Beruf des Technikers einen nicht so hohen Stellenwert wie in den USA. Zweitens ist die Forschungsquote um einen Prozentpunkt niedriger und es handelt sich nun mal um ein forschungsintensives Feld. Drittens ist Risikokapital nicht in der Form vorhanden und es fehlen Startups – doch diese nehmen eine wichtige Rolle für Entwicklung und Innovation ein. Österreich muss die Digitalisierung als Jahrhundertchance begreifen! Für die österreichische Wirtschaft bieten gerade intelligente Produkte in intelligenten Netzen enorme Möglichkeiten. Konzerne wie auch KMUs sollten sich daher folgende Fragen stellen: Lassen sich unsere Produkte und Dienstleistungen dauerhaft mit dem Internet verbinden? Verfügen wir über neue digitale Geschäftsmodelle? Denn wer ein tolles Produkt herstellt, aber dazu keine digitalen Services anbietet, muss schnellstens umdenken.
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