Intent-Based Networking geht die Netzplanung anders an. Statt monolithischer Managementprozesse werden zur Verwaltung Absichtsmodelle verwendet. [...]
Netzwerke müssen agil, effizient und zukunftssicher sein. Doch wie können Unternehmen diese Ziele erreichen? Intent-Based Networking liefert Antworten auf die typischen Herausforderungen. Dieser noch relativ junge Ansatz für das Lebenszyklus-Management von Netzen stellt Dienste, Feature-Sets und Infrastrukturfähigkeiten in einer hierarchischen Struktur von Absichtsmodellen dar. Diese Modelle abstrahieren eine Anwendung, ein Merkmal, ein Netzwerk oder eine Ressource so, dass die Absicht klar erkennbar ist, unabhängig von der tatsächlichen Implementierung. Ziel ist es, ein Netzwerk hersteller- und technologieunabhängig aufzubauen und zu betreiben.
Intent-Based Networking – Definition
Intent-Based Networking (IBN) ist laut Definition von Gartner weder ein Produkt noch ein Marktsegment. Stattdessen handelt es sich um Netzwerksoftware, die bei der Planung, dem Design und der Implementierung und Betrieb von Netzwerken hilft, um die Verfügbarkeit und Agilität des Netzes zu verbessern.
Ein serviceorientiertes IBN-System bildet das Lebenszyklus-Management einer Netzinfrastruktur ab und modelliert hierzu Dienste auf einer gleitenden Abstraktionsskala. Diese erstreckt sich von der obersten Geschäftsprozessschicht bis zur untersten Infrastrukturschicht. Jede dieser Schichten ist ein lokales Absichtsmodell, das eine implizite Anfrage darstellt, wie etwa „Dateiserver X und Kommunikationsserver Y in das Netzwerk Z einbinden“. Da die Absicht, die das Modell beschreibt, auf verschiedene Weise realisierbar ist, gibt es für jedes Modellelement Referenzdesigns unter Beachtung bestimmter Richtlinien. Physische und virtuelle Elemente finden in Referenzdesigns Unterstützung und lassen sich je nach Bedarf kombinieren.
IBN – Abstraktionsskala mit mehreren Schichten
Die Referenzdesigns enthalten alle Parametrisierungs- und Initialisierungsschritte, die für die Einrichtung der Dienste auf den Zielinfrastruktur-Elementen erforderlich sind. Für jede alternative Implementierung ist ein vollständiger Satz verfügbar. Die Auswahl eines Referenzdesigns basiert auf Richtlinien und Analysen, so dass die Bereitstellung der Dienste auf der Grundlage der aktuellen Bedingungen erfolgt. Wenn etwas passiert, das einen Wechsel von einer gerätebasierten zu einer gehosteten Implementierung erfordert, stehen beide Ansätze als alternative Implementierungen des übergeordneten Absichtsmodells zur Verfügung. Das Ersetzen des einen durch den anderen hat keinerlei Auswirkungen auf den Rest des Dienstes.
Auf jeder Schicht beschreibt jedes Modellelement auch die Erwartungen in Form der Erfolgseigenschaften oder eines SLA (Service Level Agreement). Jede Schicht ist ein autonomes System, das die Erwartungen zu erfüllen hat. Der Status basiert auf den aktuellen Bedingungen, ermittelt durch Probes, die so etwas wie Sondierungen darstellen. Ein Intent-Based-Networking-System kombiniert Probes und In-Memory-Datenbanken, um den Zustand der Ressourcen zu erfassen. Dabei sammelt es diese Daten effizient und kontinuierlich, so dass sie immer auf dem neuesten Stand sind. Die Ressourcenbedingungen sind mit den Erwartungen der Modellelemente verknüpft, die auf diese Ressourcen verweisen.
Intent-Based Networking: Autonome Entscheidungen
Was dieses System autonom und leistungsfähig macht, ist das Local-Intent-Konzept. Jedes Absichtsmodell in jeder Schicht einer Dienststruktur ist eine unabhängige Einheit. Sie weist einen eigenen Kontext und Zustand, eigene Erwartungen, Abhilfemaßnahmen und Ausfallstrategien auf. Die Richtlinien bestimmen, worauf sich das Modellelement zur Behebung eines Problems berufen kann und wann es eine Anomalie melden muss. Liegt eine Anomalie vor, können die Erwartungen oder das SLA des nächsthöheren Elements auf der Abstraktionsskala nicht erfüllt werden. Dieses Element definiert dann Abhilfemaßnahmen für diesen Fehler. Jedes der Elemente im Absichtsmodell ist eine Art Microservice, die dem Element der höheren Schicht, dem sie das „Versprechen gegeben hat“, einen Fehler meldet.
Anstelle eines monolithischen Managementprozesses, der jeden Trunk, Server und Host überwacht, erfolgt beim Intent-Based Networking die Verwaltung der übergeordneten Ziele anhand von Absichtsmodellen. Dieser Ansatz reduziert die Komplexität des Servicemanagements, wodurch sich Services in großem Maßstab verwalten lassen. Ziel ist dabei ein völlig autonomes oder selbstorganisierendes Netzwerkverhalten. Hierbei ist die Einbindung manueller Intervention möglich, wenn es erforderlich erscheint. Ein IBN-System ist so konzipiert, dass es vollautomatische Betriebsprozesse auf allen Schichten schafft. Damit können Netzbetreiber auf bequeme Weise die angestrebte Betriebseffizienz und die heute so wichtige Serviceagilität erreichen.
IBN: Das Netz in die Zukunft führen
Eine funktionierende Netzinfrastruktur ist geschäftskritisch und daher unverzichtbar – aber letztlich auch ein Kostenfaktor. Viele Unternehmen wollen zwar die digitale Transformation vorantreiben, doch eine schnelle Realisierung scheitert oft am begrenzten Budget für die Infrastruktur. Zugleich locken die bedarfsgerecht und bequem konsumierbaren Ressourcen der Cloud und des As-a-Service-Markts.
Dagegen könnten lokale Rechenzentren inmitten von Trends wie Virtualisierung, Hyperkonvergenz und Software-Defined Network (SDN) vorschnell den Stempel einer ausufernden Komplexität aufgedrückt bekommen. Intent-Based Networking löst das Problem des komplexen Managements und trägt dazu bei, das eigene Rechenzentrum agil, effizient und zukunftssicher zu machen und die digitale Transformation voranzutreiben.
*Manfred Felsberg ist Regional Sales Manager bei Apstra DACH.
Be the first to comment