Was ist Operations Management?

In Zeiten der Digitalisierung kann es für ein Unternehmen entscheidend sein, wie gut es Business- und IT-Prozesse in Einklang bringt. Zwei Wege führen zum Ziel. [...]

Die Integration von Legacy Tools kann eine der Herausforderungen sein (c) pixabay.com

Die Digitalisierung ganzer Industriezweige und Lebensbereiche stellt völlig neue Anforderungen an Unternehmen, Behörden und sonstige Organisationen. Traditionelle Ansätze im Betriebsmanagement sind oft deutlich zu träge, um in der agilen Welt von heute Wettbewerbsvorteile erzielen oder auch nur erhalten zu können. Das Operations Management muss sich daher noch weit stärker als bisher auf IT-Technologien stützen, um diese Agilität zu gewinnen.

Operations Management – Definition

Es gibt verschiedene Definitionen von Operations Management, aber es gilt allgemein als die zentrale Unternehmensfunktion, die für das Management des gesamten Produktionsprozesses verantwortlich ist, unabhängig davon, ob es sich dabei um physische Produkte oder um Dienstleistungen handelt. Das Operations Management umfasst

  • Planung,
  • Organisation,
  • Koordination und
  • Kontrolle

aller benötigten Ressourcen wie Mitarbeiter, Ausrüstung, Technologie und auch Informationen. Insofern kommt dem Operations Management eine zentrale Transformationsrolle im Prozess der Umwandlung von Inputs wie Rohmaterialien in fertige Waren und Dienstleistungen zu.

Allerdings gibt es sehr deutliche Unterschiede zwischen der Produktion von Waren und der von Dienstleistungen. Fertigungsunternehmen produzieren ein physisches oder greifbares Produkt, das gelagert werden kann, bevor es vom Kunden benötigt wird. Dienstleistungsunternehmen hingegen bieten immaterielle Produkte an, die nicht im Voraus produziert werden können, sondern on demand und quasi in Echtzeit entstehen.

Zudem haben Kunden in Fertigungsunternehmen in der Regel keinen direkten Kontakt mit dem Produktionsprozess. Der Kundenkontakt erfolgt über Distributoren oder Einzelhändler. In Dienstleistungsorganisationen hingegen sind die Kunden typischerweise bei der Erstellung der Dienstleistung anwesend und beteiligt. Dies gilt ganz besonders im Bereich der IT Services, die in der Regel auf einem hohen Maß an Interaktion mit dem Kunden basieren. Hier können die Kunden Konsumenten sein, die etwa Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen, Unterhaltung suchen oder Waren und Informationen online kaufen, aber auch die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens, denen die IT die zur Erledigung ihrer Aufgaben erforderlichen Services zur Verfügung stellt.

Unabhängig vom Kundenkreis spielt das IT Operations Management daher eine ganz wesentliche Rolle im gesamten Operations Management, da die Qualität der IT Services wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit externer Kunden und die Produktivität der internen hat.

Operations Management in Zeiten der Digitalisierung

Im Zuge der Digitalisierung ganzer Branchen und der Gesellschaft insgesamt erhält das IT Operations Management verstärkte Aufmerksamkeit, aber es ist eigentlich ein alter Hut. Es wird bereits seit langem vom ITIL Framework abgedeckt und ist im Prinzip nichts anderes als eine Teilmenge der ITIL-Aktivitäten.

Wenn heute über das IT Operations Management oder kurz ITOM gesprochen wird, geht es daher meist um eine neue Dimension dieser Disziplin, die zum einen weit über den üblichen CMDB-Ansatz (Configuration Management Data Base) hinausgeht und zum anderen häufig Elemente der künstlichen Intelligenz integriert (AIOps), um das Operations Management möglichst weitgehend zu automatisieren und die Möglichkeiten des Self Service zu schaffen oder auszubauen. Das große Versprechen ist es hierbei, Business- und IT-Prozesse in Einklang zu bringen und die Unterstützung der Geschäftsprozesse durch die IT zu optimieren.

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Wenngleich nahezu alle Unternehmen bei der Weiterentwicklung von ITOM dieses identische Ziel verfolgen, gibt es doch zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze und Vorgehensweisen, es zu erreichen. So kann man zunächst die Geschäftsprozesse optimieren und diese anschließend in der IT abbilden (Business Innovation). Auf dem anderen Weg versucht man zunächst, eine IT-Infrastruktur und ein Service Management zu implementieren, die dann eine Erneuerung der Geschäftsprozesse optimal unterstützen und beschleunigen können (IT Innovation).

Beide Wege haben nicht nur das gleiche Ziel, sondern häufig auch den gleichen Ausgangspunkt. So werden oder wurden in den meisten Unternehmen Legacy Tools zunehmend durch integrierte Service-Management-Plattformen ersetzt, die ein stabiles Framework für die Optimierung des Service Managements im Allgemeinen und auch des IT Operations Managements im Besonderen darstellen.

Die Einführung einer solchen Plattform ist zwar nicht trivial und erfordert in der Regel die Einbindung externer Berater, doch die Effizienz des Service Managements einschließlich des Configuration Mangements wird dadurch meist erheblich erhöht. Einmal implementiert, können auch Change und Incident Management schnell auf der neuen Plattform abgebildet werden. Der nächste Schritt, den viele Unternehmen bereits gegangen sind, besteht dann in der Optimierung der Visibility, insbesondere in Umgebungen mit Private und Public Clouds.

Damit sind die Grundlagen für eine Weiterentwicklung des ITOMs gelegt, doch hier trennen sich nun die Wege, je nachdem, ob man den Business-Innovation- oder den IT-Innovation-Ansatz wählt.

Business-Innovation-Ansatz im Operations Management

Bei der Business Innovation steht das Bestreben im Vordergrund, eine neue serviceorientierte Kultur zu schaffen, die alle Unternehmensbereiche und auch alle Ebenen umfasst. Dabei sollten alle Services auf einem einheitlichen Datenmodell basieren, dessen Definition allerdings eine gewisse Herausforderung darstellt. Es wird in der Regel auf Best Practices basieren, unternehmensspezifisch sein und sich vor allem auch im Laufe der Zeit mit dem Unternehmen verändern.

Ein solches Datenmodell ist letztlich ein standardisierter und konsistenter Satz von Begriffen und Definitionen, der eine Richtlinie für die Servicemodellierung darstellt. Auf Basis dieses Datenmodells kann dann das Service Portfolio definiert werden, das beschreibt, welche Services angeboten werden und wie. Die Erstellung des Service Portfolios erfordert naturgemäß eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Business-Verantwortlichen, der IT und internen oder externen Solution Architects.

Um diese Services durch die IT-Infrastruktur zu unterstützen, müssen über das sogenannte Service Mapping Abhängigkeiten der einzelnen Dienste von Systemen, Netzwerken, Applikationen und anderen Objekten abgebildet werden. Service Mapping umfasst alle Dienste im Unternehmen und erstellt eine umfassende Übersicht über alle Geräte, Anwendungen und Konfigurationsprofile, die in diesen Services verwendet werden. Im Prinzip geht es hierbei darum, ein Platform-as-a-Service-Modell zu implementieren, um die angestrebte serviceorientierte Kultur zu realisieren.

Zudem ermöglicht ein exaktes und umfassendes Service Mapping die Optimierung der Dienste insbesondere bezüglich Verfügbarkeit und Sicherheit, so dass diese dann auch in der Lage sind, die Business Innovation zu unterstützen. Das Business Mapping kann theoretisch manuell erfolgen, ist aber in der Realität von agiler Entwicklung und sehr dynamischer Cloud Services ein Vorgang, der eines hohen Automatisierungsgrades bedarf.

IT-Innovation-Ansatz im Operations Management

Während der Business-Innovation-Ansatz die Service-Orientierung und das einheitliche Datenmodell in den Mittelpunkt stellt, geht die IT-Innovation von der Optimierung der IT Infrastruktur aus, um die Business Anwendungen bestmöglich zu unterstützen. Im Mittelpunkt steht hier zunächst das Event Management mit dem Ziel, vom klassischen Feuerwehr-Einsatz zu einer proaktiven Vorgehensweise zu gelangen, die Fehler bereits im Vorfeld vermeidet oder zumindest ankündigt. Ziel ist es hier, Abhilfemaßnahmen einleiten zu können, bevor die Endanwender überhaupt beeinträchtigt werden. Ist dies nicht möglich, können Anwender zumindest automatisiert auf Einschränkungen hingewiesen werden, was einerseits die Akzeptanz erhöht und andererseits den Service Desk von einer Vielzahl von Anfragen entlastet.

Diese proaktive Vorgehensweise erfordert nahezu zwingend den Einsatz von Wissensdatenbanken und künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence – AI). In diesem Zusammenhang spricht man daher auch gerne von AIOps. Laut Gartner „kombiniert AIOps Big Data und maschinelles Lernen zur Automatisierung von IT-Betriebsprozessen, einschließlich Ereigniskorrelation, Anomalie-Erkennung und Kausalitäts-Bestimmung.“

Damit greift AIOps bei der Problemanalyse ebenso wie der Mensch auf Erfahrung und Wissen zurück, nur eben deutlich schneller und exakter, um der Agilität virtueller Umgebungen Rechnung tragen zu können. Dabei aggregiert und korreliert AIOps die Daten aus bisher isolierten Datenquellen und Systemen sowie die Echtzeitdaten von Events aus Monitoring- und Ticketing-Systemen und generiert daraus sinnvolle Informationen über aktuelle oder potenzielle Probleme bzw. Störungen.

Grundlage dafür ist das Machine Learning, bei dem auf Basis von historischen Daten ein Bewertungsalgorithmus trainiert wird. Dieser kann dann auf Basis von auftretenden Events und dem antrainierten „Wissen“ entscheiden, wie wahrscheinlich ein Incident in naher Zukunft auftritt und ihn aufzeigen, bevor er auftritt. Der Einsatz künstlicher Intelligenz erleichtert zudem die Unterscheidung zwischen unkritischen Events, solchen, die kritisch sind, aber nicht akut, sowie akuten Problemen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Servicequalität haben.

Der IT-Innovation-Ansatz begünstigt – oder genauer gesagt erfordert – die Migration von Legacy-Tools auf integrierte Frameworks für das Service Management und ermöglicht die Transition zu einer stark datengetriebenen Organisation. Anders als beim Business-Innovation-Ansatz gibt es hier zudem in jedem Fall von Beginn an einen klar erkennbaren Nutzen oder ROI, nämlich die Reduzierung des Aufwands oder schlicht weniger TOIL (Time of in lieu).

TOIL ist zwar nicht exakt definiert, steht aber letztlich für all die Dinge, die einer effizienten Arbeit im Wege stehen – manuelle Eingriffe, Overhead, Meetings mit fragwürdigem Wert oder automatisierbare Aufgaben, die aber nicht automatisiert wurden – insbesondere repetitive und einfache Tasks, die Endanwender ohne weiteres und auch schneller per Self-Service durchführen könnten.

Welcher Weg ist der bessere?

Dass es mehrere Wege zum gleichen Ziel gibt, ist nicht ungewöhnlich – so lässt beispielsweise jedes Navigationssystem den Nutzer zwischen der kürzesten, der schnellsten und ggf. der schönsten oder ökonomischsten Route wählen. Es kommt also auf die Prioritäten an.

Folgt ein Unternehmen dem Business-Innovation-Ansatz, orientiert sich also primär an der Innovation der Geschäftsprozesse und sieht die IT als nachgeordnetes Instrument, so wird es relativ schnell eine serviceorientierte Kultur installieren können, in der Kunden oder Endanwender sich keine Gedanken mehr über die mögliche Ursache oder gar die Kategorisierung von Fehlern machen müssen. Sie berichten von einem Problem mit dem Dienst, und der Rest ist Sache des Operations Managements.

Eine solche Kultur ist dazu geeignet, geschäftliche Innovation zu fördern und die Entwicklung neuer Dienste auf der Basis realer Bedürfnisse zu fördern. Auf der anderen Seite erfordert er große Anstrengungen, da festgefahrene Denkweisen auf allen Unternehmensebenen aufgebrochen werden müssen. Dies ist nicht zuletzt ein politisches Problem, da in etablierten Strukturen jeder seine eigene Ansicht darüber hat, wie Dinge modelliert und umgesetzt werden sollten. Dies ist umso schwieriger, als es problematisch sein kann, einen klaren und für jedermann verständlichen Business Case zu finden, der die Investitionen und den Zeitaufwand rechtfertigt.

Zwar wird in jedem Fall der angesprochene TOIL reduziert werden, aber die Ersparnis wird in einem frühen Stadium schwer messbar und daher möglicherweise nicht überzeugend sein. Aufgrund des hohen Zeitaufwands für interne Überzeugungsarbeit und dann vor allem für die Kommunikation und Koordinierung aller internen und externen Ressourcen kann ein Unternehmen beim Business-Innovation-Ansatz zwar mit bleibenden, jedoch nicht mit schnellen Ergebnissen rechnen.

Eine Modellrechnung der iTSM Group kommt zu dem Ergebnis, dass eine qualifizierte Vollzeitkraft dabei im besten Fall drei bis sechs Monate benötigt, um die notwendigen Prozesse für ein innovatives ITOM zu implementieren. Dazu sollten bestimmte Voraussetzungen gegeben sein:

  • Die Unterstützung der Geschäftsleitung ist gegeben.
  • Ein realer Business Case kann präsentiert werden.
  • Im Unternehmen ist bereits ein gewisses Maß an Service-Orientierung vorhanden.
  • Es existieren formalisierte Rollen (Anwendungseigner, Solution Architects etc.) und standardisierte Application Stacks.

Ist dies nicht vollumfänglich gegeben, kann der Aufwand zwischen einem halben und einem ganzen Mannjahr liegen, ohne Unterstützung des Managements und/oder in einer stark fragmentierten Organisation auch deutlich darüber. Der letztere Fall kann auch eintreten, wenn das Unternehmen wenig eigene Expertise hat und stark auf externe Berater angewiesen ist.

Deutlich schnellere Ergebnisse verspricht der Ansatz über die IT Innovation. Dieser Weg ist vor allem dann sinnvoll, wenn es bereits zentralisierte IT Operations, ein umfassendes und ebenfalls zentralisiertes Monitoring sowie klare Verantwortlichkeiten für die einzelnen Prozesse gibt. Hilfreich ist es zudem, wenn die Infrastruktur auf die einfache Integration neuer Technologien ausgelegt ist.

In diesem Fall können bereits ein bis zwei Mannmonate genügen, um die Grundlagen für ein effizientes ITOM zu legen – integriertes und zumindest partiell automatisiertes Event Management, Unterstützung durch künstliche Intelligenz und die Implementierung von Self-Service-Fähigkeiten. Hier wird allerdings der Einsatz spezialisierter externer Berater unumgänglich sein.

Ist aufgrund fehlender APIs kundenspezifischer Integrationsaufwand erforderlich, ist das Monitoring noch dezentral oder fehlt die externe Expertise, so muss aber auch beim IT-Innovation-Ansatz mit vier bis sechs Mannmonaten gerechnet werden, bevor eine messbare Verbesserung im IT Operations Management registriert werden kann.

Zum effizienten IT Operations Management gibt es daher keinen Königsweg. Erforderlich sind in jedem Fall ein umfassendes technisches Framework sowie das Commitment aller Stakeholder, insbesondere der Vorstands- oder GF-Ebene.

Der IT-zentrische Ansatz verspricht schnellere Ergebnisse und setzt darauf, dass bessere IT Services in der Folge zu einer serviceorientierten Kultur führen, während der Business-Innovation-Ansatz diese Kultur in den Vordergrund stellt und bessere Services als das Resultat dieser Entwicklung betrachtet.

*Siegfried Riedel gründete im Jahr 2000 ein Beratungshaus, aus dem die ITSM Group hervorgegangen ist. Vorher war er von 1987 bei einer führenden Hypothekenbank beschäftigt, wo er zuletzt als Abteilungsdirektor weltweit die dezentralen Systeme und Benutzerbetreuung verantwortete. Sein Fokus lag bereits zu dieser Zeit auf dem qualitätsgesteuerten IT Service Management und der Umsetzung komplexer technischer Projekte im ITSM-Umfeld.


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