Lesen Sie, welche Aufgaben ein Product Owner im Rahmen eines agilen Projekts übernimmt und welche Qualifikation dafür nötig ist. [...]
Agilität und agile Vorgehensweisen liegen im Trend. Es gibt kaum noch Unternehmen in Deutschland, die noch nicht versucht haben, durch Agilität positive Effekte für die Organisation oder für Projekte zu generieren. Um agile Prinzipien erfolgreich in der Organisation zu verankern, braucht es zwei wesentliche Faktoren: die geeigneten Methoden und in der Anwendung der Methodik ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die verschiedenen Rollen in den agilen Projekten kompetent ausfüllen.
Die wohl bekannteste agile Vorgehensweise ist Scrum. Durch die einfache Struktur und die klar definierten Rollen lässt sich die Methodik schnell produktiv in Unternehmen einsetzen. Im Mittelpunkt steht ein Entwickler- oder Serviceteam, das selbstorganisiert arbeitet.
Product Owner in Scrum – Definition
Als Methodenfachmann stellt der Scrum Master sicher, dass der Prozess funktioniert. Die entscheidendste Rolle ist aber wohl die des Product Owners, der als Produktverantwortlicher maßgeblich für die Qualität des entwickelten Produktes verantwortlich ist. Innerhalb des Scrum Frameworks sind die Rollen der Teammitglieder mit ihren Aufgaben und Verantwortungsbereichen klar definiert. Für den Erfolg eines Projekts ist es essentiell wichtig, dass die Mitglieder die Abgrenzung zwischen diesen Rollen verstehen und leben. Scrum Teams arbeiten selbstorganisiert als in sich geschlossenes Team, das selbstständig entscheiden kann wie das definierte Ziel erreicht werden soll. Product Owner nehmen innerhalb von Scrum gegenüber der klassischen Projektorganisation eine vollkommen neue Rolle im Unternehmen ein. Wo Teamleiter und Projektleiter traditionellerweise ganzheitlich und oft hierarchisch für ein Team und dessen Ergebnisse verantwortlich zeichnen, fokussiert sich der Product Owner nur auf das Produkt aus Kundenperspektive.
Product Owner agieren genau an der Schnittstelle zwischen traditioneller und agiler Organisation. In der Theorie liest sich das Rollenprofil als sinnvolle Verknüpfung zwischen Top-Management-Sicht mit Kunden- und Produktfokus auf der einen – und gutem Draht zu der Lösungs- und Entwicklungsebene auf der anderen Seite.
Die offizielle Definition des Product Owners liefern die Entwickler des Scrum-Frameworks, Jeff Sutherland und Ken Schwaber, in ihrem Scrum Guide selbst: Der Product Owner ist für die Wertmaximierung der Arbeit des Entwicklerteams sowie für die Wertmaximierung des Produkts verantwortlich.
Die Rolle des Product Owners wird nur durch eine Person ausgefüllt und sollte nicht auf mehrere Stellen verteilt werden. Der Product Owner ist während der gesamten Produktentwicklung sehr aktiv eingebunden – er ist das Zentrum des Produktes und durch das Unternehmen bemächtigt, Entscheidungen zur Produktentwicklung zu treffen. Dabei schaut er gleichzeitig in Richtung des Marktes und in Richtung der technischen Entwicklung und schlägt dementsprechend die Brücke zwischen dem Kunden und dem Entwicklerteam.
Product Owner – Aufgaben
In der Literatur von agilen Vorgehensweisen wie Scrum sind die Verantwortungsbereiche und Aufgaben eines Product Owners klar beschrieben. Die Hauptaufgaben beinhalten demnach folgende Aspekte:
- Aufnahme der Anforderungen von den Stakeholdern (z. B. Kunden, Fachbereiche, Geschäftsleitung) und Kommunikation mit Stakeholdern
- Erarbeiten und Formulieren einer Produktvision
- Bewerten und priorisieren der Anforderungen nach Business Value
- Management des Product Backlogs (Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit)
- Schreiben der User Stories (Teilpakete) unter Einhaltung klarer Qualitätskriterien („Definition of Ready“)
- Erläuterung für und Vermittlung der Anforderungen (User Stories) an die Entwickler
- Verfügbarkeit für Fragestellungen der Entwickler zum Produkt
- Abnahme und Verifizierung der Produktinkremente
- Feedback-Vergabe an das Team
Zusammenfassend formuliert hat der Product Owner die Aufgabe, die Kundensicht zu vertreten und diese Perspektive in Zusammenarbeit mit einem selbstorganisierten Entwicklunger- oder Service-Team in Projekte, Produkte oder Services einfließen zu lassen. In der Reinform wird die Rolle als Linienaufgabe angesehen. Sie kann jedoch auch (mit einigen Einschränkungen und Kniffen) als Projektrolle ausgeprägt sein. Hier sollte eine akademische Diskussion vermieden werden; die Ausprägung spielt für die Kernaufgabe „kundenorientierte Produktgestaltung“ keine Rolle.
Product Owner – Skills
In der Rolle des Product Owners ist der oder die Ausführende die Person, die das Ergebnis des Produktes definiert. Um die Kundensicht sowie die der internen Stakeholder richtig einzuschätzen, das Produkt in Tiefe zu verstehen und gleichzeitig noch den Business Value und Markterfordernisse bewerten zu können, muss der Product Owner eine hohe fachliche Expertise und Know-How – auch über die eigenen Bereichsgrenzen hinweg – mitbringen.
Wie immer, wenn unterschiedliche Menschen mit einem gemeinsamen Ziel zusammenkommen, ist die Motivation und Kommunikation untereinander maßgeblich für den späteren Erfolg. Als Schlüsselrolle im Projekt sollte der Product Owner ein hohes Empathievermögen zeigen, um zielgruppengerecht gegenüber den Stakeholdern und den Teammitgliedern kommunizieren zu können. Die Person muss in der Lage sein, dass Team zu motivieren, jeden Einzelnen auf der Reise mitzunehmen und von der Vision zu überzeugen.
Auch Selbstorganisation braucht Führung. Das Team in einem Scrum-Projekt arbeitet zwar als selbstorganisierte Einheit, dennoch braucht es natürlich eine Person, die die Richtung vorgibt. Der Product Owner sollte den Mitgliedern weitestgehend freie Hand lassen, aber im Notfall eingreifen. Er oder sie führt über Zielvorgaben und Priorisierung des Backlogs. Er oder sie treibt das Projekt und das Team voran, schützt beides aber vor Eingriffen von außen und Überlastung.
Product Owner vs. Product Manager vs. Project Manager
Oft wird Agilität nach den ersten erfolgreich durchgeführten agilen Pilotprojekten mit großem Aktionismus in Unternehmen eingeführt. Häufig herrscht allerdings kein gemeinsames, korrektes Verständnis von den in Scrum definierten Rollen. Rekrutiert werden die Product Owner dementsprechend aus den Rollen, die das Management oder die HR-Abteilung schon kennt und als ähnlich einstuft, zum Beispiel Projektmanager oder Produktmanager. Diese zu kurz gedachte Lösung führt dazu, dass die Product Owner ein falsches Rollenverständnis entwickeln, im Arbeitsalltag von Problem zu Problem hecheln und keine dedizierten Ansprechpartner im Unternehmen haben. Auch sind die Abgrenzungen zwischen den Rollen innerhalb eines Scrum-Projektes teils nicht ganz klar, so dass die Aufgaben zwischen Scrum Master und Product Owner, den zwei integralen Rollen innerhalb eines Scrum-Projektes, bei Verwischung zu Problemen führen können.
- Der Product Manager ist für die Produktstrategie verantwortlich, die zur Entwicklung und späteren Auslieferung des Produktes führt. Er behält dabei die Bedürfnisse der Nutzer und die Marktentwicklungen über den ganzen Produktlebenszyklus hinweg im Blick und verankert diese in der Produkt-Roadmap und der Produkt-Vision.
- Der Project Manager ist für die Überwachung der Ausführung von Produktentwicklungs-, -einführungs- und Launchplänen verantwortlich, ist also für die Organisation und Projektsteuerung zuständig.
- Der Product Owner ist als Teil des Scrum-Teams dafür verantwortlich, die strategische Vision des Produktes konkret umzusetzen, er ist also für die taktische Umsetzung der Produktanforderungen zuständig und legt fest, was genau entwickelt werden soll. Dabei liegt es in seiner Verantwortung, den Wert des Produktes aus Kundensicht zu maximieren. Der Product Owner kennt die Anforderungen von Auftraggebern und Anwendern und berücksichtigt diese in der Entwicklung der Produkteigenschaften.
- Der Scrum Master ist als Methodiker für die Einhaltung der Scrum-Regeln und Scrum-Prozesse verantwortlich, stellt also sicher, dass die agilen Prinzipien aufrechterhalten werden. Seine Verantwortung liegt in der Steigerung der Teamproduktivität und Motivation der Teammitglieder.
Im Gegensatz zum Product Owner, der festlegt, welche Aufgaben vom Entwicklerteam als nächstes angegangen werden sollen, hilft der Scrum Master dem Team, dieses Ziel im gesetzten Zeitrahmen zu erreichen, gibt aber keine direkten Arbeitsanweisungen an das Entwicklerteam.
Product Owner – Gehalt
Die Nachfrage nach Scrum Product Ownern ist aufgrund der steigenden Beliebtheit agiler Methoden in Unternehmen hoch; die Aussichten auf ein attraktives Gehalt sind somit sehr gut. Insbesondere wenn eine international anerkannte Zertifizierung der Scrum Alliance oder scrum.org erworben wurde, werden die Fachkenntnisse auch entsprechend entlohnt.
Natürlich können keine pauschalen Aussagen zum Gehalt eines Product Owners getroffen werden, da dieses wesentlich vom Erfahrungsschatz, der Art des Unternehmens und der individuellen Verhandlung abhängt. Als Einsteiger oder Einsteigerin in der Rolle des Product Owners können Berufsanwärterinnen und Berufsanwärter durchaus mit einem Gehalt von 45.000 Euro brutto im Jahr rechnen, das sich im Laufe der Zeit je nach Erfahrungsschatz und speziellen Branchenkenntnissen auf bis zu 75.000 Euro im Jahr steigern kann.
*Frank Kneschke war schon immer im Beratungsumfeld unterwegs und konnte weitreichende Erfahrungen in allen Themen rund um die Digitalisierung von Unternehmen sammeln. 2005 gründete er mit mgm consulting partners GmbH eine Managementberatung für Digitalisierung, bei der er geschäftsführender Gesellschafter ist. Sein persönlicher Tätigkeitsschwerpunkt liegt im IT-Management, insbesondere im Umfeld der Energiewirtschaft.
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