Weg von der Transaktion, hin zur Partnerschaft: Positionierung der Banken in der Digitalisierung

In zunehmendem Maße betrachten Kunden ihre Banken sie als reine Transaktionsabwickler. Wie können nun Banken ihre Kundenbeziehungen in der digitalen Welt neu gestalten? [...]

Einer kürzlich veröffentlichten Studie von Cognizant und ReD Associates zufolge, die das Verhältnis der Menschen zu Geld untersuchte, beschreiben 90 Prozent der Befragten ihre Beziehungen zu ihrer Bank als rein transaktional. Weiterhin gaben lediglich 19 Prozent der Kunden ihren Finanzdienstleistern gute Noten bei der Frage, ob ihre finanziellen Bedürfnisse und Ziele verstanden werden.
Außerdem betreten neue Player die Bühne. FinTechs drängen zunehmend auf die europäischen Märkte, wo traditionell die Annahme neuer Finanztechnologien langsamer erfolgt, als in anderen Ländern. Nichtsdestotrotz hat die Technologieentwicklung auch auf die Bankfilialen Auswirkung: In den letzten Jahren wurden etliche Filialen geschlossen. 50 Prozent der Kunden haben inzwischen ein Online-Bankkonto eröffnet – ohne traditionelle Filialen.
Jedoch gehen einige Banken – vor allem die Nischenanbieter – den entgegengesetzten Weg und eröffnen neue Filialen. Untersuchungen belegen, dass sie auf der richtigen Spur sind: Auch wenn die rein digitalen Kanäle sich wachsender Beliebtheit erfreuen, so scheint es, dass Kunden ungern komplett auf die Vorteile einer physischen Filiale verzichten möchten.
Laut einem Bericht aus 2016 von Ernst und Young über die Zukunft des Bankings geben über 40 Prozent der globalen Kunden an, dass sie einer Bank, die über keine Art von ortsgebundenen Filialen verfügt, nicht vertrauen würden. Und überraschender Weise ist, was das Filialverhalten unter jüngeren, digital versierten Kunden betrifft, eine weit geringere Erosion im Vergleich mit anderen Generationen als erwartet festzustellen. Tatsächlich ist es so, dass von den 53 Prozent der Bankkunden, die eine Filiale mindestens einmal im Monat besuchen, die jüngere Generation die Filialen regelmäßiger nutzt als andere Gruppen. Anfang 2017 berichtete The Financial Times, dass Kunden im Alter von 18-21 Jahren Filialen aktiver nutzen als jedes andere Kundensegment, wobei 25 Prozent mindestens einmal die Woche vorbeischauen.
Es liegt auf der Hand, dass es weiterhin Bereiche gibt, die eine Beziehung erfordern, angesichts der intimen, komplexen und sehr menschlichen Anliegen, die im Kern aller Geldfragen stecken. Die Digitalisierung kann diese Beziehungen stützen und die Interaktionen verbessern – und in einigen Fällen auch besseren Service für die Kunden bewirken. Wenn man all die Widersprüche in der gegenwärtigen Branchenlandschaft in Betracht zieht, gibt es einige Schritte, die Finanzinstitutionen gehen können, um das aktuelle Meinungsbild rund um das Banking zu ändern und für die Kunden, ob alt oder jung, relevant zu bleiben.
1. Verständnis für den menschlichen Faktor entwickeln: Motive, Ängste und Wünsche berücksichtigen
Banken müssen die wichtigsten Meilensteine im Leben ihrer Kunden antizipieren können, damit sie bereitstehen, um die finanziellen Implikationen rund um diese Ereignisse hilfreich zu umschiffen. Um die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und Services sowie Produkte zu personalisieren, sollten Banken solide Datenanalyse-Tool installiert haben. Wenn diese Situationen eintreten, liegen den Banken bereits die richtigen Daten vor, um den spezifischen Bedürfnissen rund um das Ereignis Rechnung zu tragen.
2. Die digitalen Chancen nutzen, um finanzielle Kompetenz aufzubauen
In dem Maße wie Finanzinstitutionen Menschen und Filialen durch digitale Kanäle ersetzen, steigt die Notwendigkeit, Tools zu entwickeln, die kontinuierlich gute finanzielle Verhaltensmuster fördern und die Entscheidungsfindung der Kunden leiten. Kunden wollen keine Finanzexperten werden, aber sie schätzen das Gefühl, die Kontrolle zu haben, wenn es um Geschäfte mit ihrem Geld geht.
Finanzinstitutionen können ihre Kunden motivieren, die Fähigkeiten und das Feingefühl zu entwickeln, die ihren Anlagen entsprechen – ohne den Menschen das Gefühl zu geben, sie würden wieder die Schulbank drücken. Eine Option wäre zum Beispiel, eine soziale Finanzplattform oder ein Planungsszenario „Was ist, wenn …?“ aufzubauen – im Grunde also Prognosemodelle für finanzielle Schlüsselsituationen. Gute Gewohnheiten können dadurch entwickelt werden, dass Finanzkompetenz schrittweise im Kontext und nicht mit abstraktem Wissen aufgebaut wird. Es geht darum, die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen, und nicht darum, alle Informationen auf einmal zu verabreichen.
3. Das Potenzial des digitalen Lernens über kontinuierliche Anleitungssysteme freisetzen
Auch Menschen mit einem Grundverständnis in Finanzdingen haben Schwierigkeiten gute Entscheidungen im Hinblick auf ihr Geld zu treffen. Finanzinstitutionen können die Möglichkeiten des digitalen Lernens nutzen, um ihren Kunden bei der Platzierung ihrer Gelder zu helfen. Das kann erreicht werden durch die Integration von Anleitung und Dateninterpretation auf einer digitalen Plattformen und die diskrete Hilfe in dem Moment, in dem Kunden finanzielle Entscheidungen treffen. Finanzinstitutionen können Tools wie ein „Geld-Checkup-System“ anbieten, mit denen die Kunden feststellen können, ob sie auf dem richtigen Weg zu ihren Finanzzielen sind. Systeme also, die über Standardeinstellungen und Erinnerungsfunktionen verfügen, um Kunden zu einem besseren Finanzverhalten zu bewegen und ihnen Rat bei der Vermögensaufteilung im Einklang mit ihrem jeweiligen Risikoprofil zu geben.
Um Beziehungen von Belang mit ihren Kunden aufzubauen, sollten Banken den Schwerpunkt mehr auf eine langfristige Finanzplanung legen, die von einer vertrauensvollen Beziehung unterlegt ist. Je mehr sie darauf Wert legen, das normale Leben ihrer Kunden zu verstehen, desto geringer ist das Risiko einer Kommodifizierung: Die Finanzdienstleistung wird stattdessen zu einer ergiebigen Partnerschaft mit den Menschen, denen sie dienen.
* Michael Rundshagen ist Vice President bei Cognizant und leitet das Beratungsgeschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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