Wegweisendes Urteil für Speicherplattformen

Die Speicherplattform Rapidshare habe zwar grundsätzlich ein "anerkanntes Geschäftsmodell", für das es viele legale Nutzungsmöglichkeiten gebe. Doch wenn Nutzer das Urheberrecht verletzen und illegale Kopien von Software, Videos oder Musik über den Filehoster verbreiten, müsse das Unternehmen mehr dagegen tun als bisher - auch proaktiv. Rapidshare darf weitermachen, aber nicht so wie bisher. [...]

So lautet kurz gesagt die Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH). Was ausreicht und was nicht, entscheidet nun die Vorinstanz. Die Richter in Karlsruhe verhandelten zwar über eine Klage des Computerspiele-Herstellers Atari, der die weitere illegale Verbreitung seines Gruselschockers „Alone in the Dark“ über Rapidshare verhindern wollte. Doch das französische Unternehmen steht stellvertretend für die gesamte Medienbranche. Denn der ist die Plattform schon seit längerem ein Dorn im Auge.
Was ist das Problem? Rapidshare bietet Speicherplatz im Internet an – Nutzer können bei dem Filehoster ihre Dateien ablegen, dauerhaft speichern und anderen per Link zur Verfügung stellen. Das ist an sich nicht verboten; wer große Daten-Pakete verschicken will, kommt kaum einem Online-Verteildienst vorbei. Doch über einige der Drehscheiben werden massenhaft illegale Kopien von Software, Videos und Musik verteilt. Wer in einschlägigen Foren sucht, findet im Handumdrehen Links, um die Dateien herunterzusaugen.
Schon jetzt müssen die Betreiber illegale Kopien löschen, sobald sie einen Hinweis bekommen – das tut Rapidshare auch. „Jetzt ging es um die Frage, was das Unternehmen darüber hinaus tun muss“, erklärt der Rechtsanwalt Carsten Ulbricht in Stuttgart. „Was ist technisch möglich und zumutbar, um erneute Rechtsverletzungen zu verhindern?“
Die Richter in Karlsruhe steckten den Rahmen für künftige Entscheidungen: Bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen müsse der Betreiber überprüfen, ob entsprechende Dateien neu hochgeladen werden, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm. Dafür könne beispielsweise ein technischer Filter zum Einsatz kommen. Darüber hinaus müsse der Betreiber auch „den Bestand daraufhin untersuchen, ob von anderen Nutzern das Spiel auf die Plattform gestellt worden ist“, sagte Bornkamm.
Zudem forderte er einen proaktiven Kampf gegen illegale Kopien: Wenn es Hinweise gibt, dass bestimmte Dateien unter anderem Namen zum Download angeboten werden – etwa in Linksammlungen – müsse Rapidshare auch dieser Möglichkeit nachgehen.
Ulbricht, der sich aufs Internet-Recht spezialisiert hat, hält das für eine „konsequente Fortsetzung der Rechtsprechungslinie“: „Der BGH nimmt bei Urheberrechtsverletzungen auf Online-Plattformen immer stärker die Intermediäre in die Pflicht, weil die Täter nicht zu kriegen sind.“ Die Branche wird gespannt beobachten, welche Maßnahmen das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf als Vorinstanz nun für technisch machbar und zumutbar hält. „Ein Textfilter ist technisch trivial, die Frage ist, ob auch Musik- oder Videofilter zuzumuten sind“, nennt Ulbricht Beispiele.
Da die endgültige Entscheidung aussteht, fielen die Reaktionen der Prozessgegner zurückhaltend aus. Rapidshare verwies darauf, dass es bereits eine „Anti-Abuse-Abteilung“ auf illegale Kopien angesetzt hat. Das Verfahren in Düsseldorf biete eine Chance, „um nochmals unter Beweis zu stellen, dass Rapidshare bereits Vorreiter im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen ist und alle zumutbaren Prüfpflichten umsetzt“, erklärte Alexandra Zwingli, Chefin des Filehosters.
Die vom Gericht eingeforderte Filterung behagt dem Unternehmen allerdings nicht. Vor dem OLG Düsseldorf könne man beweisen, dass „einige der in dem Verfahren angesprochenen Filtermethoden nicht zumutbar sind“, sagte Rapidshare-Anwalt Daniel Raimer.
Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), die Unternehmen der Film- und Computerspielebranche vertritt, begrüßte die „angedeutete Richtung“ des Urteils: „Der BGH ist offenbar der Ansicht, dass ein reines Reagieren nicht ausreicht, sondern dass der Filehoster aktiv eine Verantwortung dafür übernehmen muss, dass die  Urheberrechtsverletzungen über seinen Dienst unterbunden werden.“ Es handle sich aber um einen „langwierigen Rechtsfindungsprozess“, in dem die Verantwortlichkeiten von Filehostern näher bestimmt würden. (apa)

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