Wenn IT-Buzzwords falsch verwendet werden

Der Jargon der Tech-Branche ist Legende. Verwirrung entsteht dann, wenn man Begriffe falsch oder inflationär einsetzt. [...]

Foto: pixabay.com

Jeder Beruf hat seine eigene Sammlung von Abkürzungen, Akronymen und Schlagwörtern, die als Kurzbezeichnungen für Techniken, Trends und Tools dienen. In der IT ist das nicht anders. Doch im Gegensatz zu anderen Disziplinen neigt die Sprache der IT dazu, auf die Unternehmenskultur und die Gesellschaft selbst überzugreifen. In der Werbung werden Cloud Computing und datengesteuerte Entscheidungsfindung angepriesen, Menschen loben ihre neuesten Apps, vergleichen die User Experience und unterhalten sich über Downloads oder Implementierungen.

Und mal ehrlich: Wann hat sich das letzte Mal jemand (außerhalb der Finanzwelt) über Amortisation oder Asset Allocation unterhalten?

Aber auch wenn Menschen lieber über Technik reden, verwenden sie nicht immer die richtige Terminologie. Oder sie übernehmen Phrasen. Oder überstrapazieren sie. Oft bis zu dem Punkt, an dem sie verwirrend oder irritierend sind und ihre wahre Bedeutung verloren haben. Vor diesem Hintergrund haben wir eine Reihe von Tech-Führungskräften befragt, um missbräuchlich verwendete Schlagworte aus der IT in Erfahrung zu bringen.

Digitale Transformation

Die digitale Transformation führt die Liste der missbräuchlich verwendeten IT-Buzzwords klar an. Das sollte niemanden in der IT-Branche – oder in der Geschäftswelt im Allgemeinen – überraschen, da fast jede Veränderung (ob groß oder klein) inzwischen als transformativ bezeichnet wird. „Dieser Begriff wird mittlerweile stark überstrapaziert und scheinbar für die Implementierung jeglicher digitaler Funktionen verwendet“, kritisiert Ryan Smith, CIO von Intermountain Healthcare.

Seine Forderung: „Der Begriff sollte eigentlich für die Konvergenz digitaler Technologien verwendet werden – beispielsweise von Mobilgeräten, Cloud, Daten und anderen Devices -, um einen traditionellen Geschäftsprozess grundlegend umzukrempeln, der entweder digitale und physikalische Anknüpfungspunkte miteinander verbindet oder eine rein digitale Alternative zu einem traditionellen Prozess bietet.“ Zudem erfordere eine echte digitale Transformation in der Regel den effektiven Einsatz von Führung, digitalen Technologien und operativem Change Management.

Strategisch

Auch der Begriff „strategisch“ verdient einen Platz auf dieser Liste, meint George Westerman, Senior Lecturer an der MIT Sloan School of Management und CIO Award Co-Chair des MIT Sloan CIO Symposium. Seiner Ansicht nach denken Menschen fälschlicherweise, sie gehen strategisch vor, nur weil sie ein Geschäftsziel haben, auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten oder – im Falle des CIO – dem CEO unterstellt sind. „Strategisch wollen wir alle sein, aber wenn man wirklich strategisch vorgeht, weiß man, wohin man will und hat einen Plan, um dorthin zu gelangen, auch wenn man auf dem Weg einige Umstellungen vornimmt“, fügt Westerman hinzu.

Agil

Die Menschen von heute wollen nicht nur strategisch vorgehen, sie halten sich auch gerne für agil. Im Büro kann jedoch Verwirrung entstehen, wenn Mitarbeiter und insbesondere IT-Teams von Agilität sprechen. Meinen sie damit, dass sie anpassungsfähig sind? Oder sprechen sie über die Entwicklung von Software nach der agilen Methodik? Jim A. Jorstad, Interims-CIO an der University of Wisconsin-La Crosse, sagt, er habe gehört, dass der Begriff „agil“ auf eine Reihe von Konzepten angewandt wird.

Jorstad plädiert dafür, dass sich Unternehmen und IT-Abteilungen bei der Verwendung des Schlagworts stärker an die Entwicklungsmethodik halten. „Es geht nicht nur um Flexibilität und Anpassungsfähigkeit oder schnelle Veränderungen. Agile ist viel spezifischer als das“, sagt er. „Es ist eine Arbeitsmethodik, und ich glaube nicht, dass die meisten Leute wirklich wissen, was damit gemeint ist.“

Nachfragesteuerung

CIOs sehen sich überall mit einer langen Liste von Anfragen konfrontiert, was sie dazu zwingt, die wichtigsten Projekte zu priorisieren. Aber die Vorstellung, dass sie die Anforderungen der Stakeholder managen können oder sollten, trifft die Realität nicht wirklich – und hat dem Begriff einen Platz auf dieser Liste eingebracht. „Es gibt viele verschiedene Stakeholder mit vielen verschiedenen Bedürfnissen, die sich wöchentlich zu ändern scheinen. Dieser ständige Wandel steigert die Anforderungen an die IT-Abteilung. Die Vorstellung, dass die IT-Abteilung die Nachfrage steuern kann, ist jedoch falsch. Die IT-Abteilung kann lediglich ihre Kapazitäten steuern“, argumentiert Susan Snedaker, CIO bei El Rio Health und Mitglied der ISACA Emerging Trends Working Group.

Bandbreite

Auch der Begriff Bandbreite erhält hier eine Stimme, da er häufig missbräuchlich verwendet wird. Zwar hat das Wort eine technische Bedeutung, aber inzwischen wird es fälschlicherweise als Einheit für die verfügbare Zeit verwendet. „Es geht um Geschwindigkeit und Kapazität, nicht um Ihre eigene verfügbare Zeit“, moniert Jorstad. „Bandbreite ist ein Wort, das ablenkt. Sagen Sie also einfach, was Sie meinen: ‚Ich habe keine Zeit, daran zu arbeiten.'“

No-Code / No-IT

Mehrere CIOs bezeichneten diese Begriffe als Unwörter und wiesen darauf hin, dass erstens jede Software Code enthält (auch wenn die Benutzer ein wenig programmieren können, ohne tatsächlich programmieren zu müssen) und zweitens die Bereitstellung von Unternehmenssoftware immer noch IT-Arbeit erfordert. „Dies ist eines der schlimmsten Schlagwörter, die ich verwendet und missbraucht sehe. Ich ärgere mich immer, wenn ich auf der Website eines Lösungsanbieters lese, dass ‚keine IT erforderlich‘ ist“, so Snedaker.

Dahinter stecke mehr als ein sprachliches Problem, sagt sie. „Die Werbung ‚keine IT erforderlich‘ führt Unternehmen sowie Endanwender in die Irre und schafft einen potenziell gefährlichen Pfad zur Schatten-IT „, erklärt Snedaker. „Auch wenn die Lösung eines Anbieters keine große IT-Beteiligung erfordert, so ist doch immer ein gewisses Maß an IT-Arbeit erforderlich – von der Bewertung der Sicherheit der Lösung insbesondere in regulierten Branchen bis hin zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Bereitstellung für Benutzer sowie von der Gewährleistung der Sicherheit der Unternehmensdaten bis hin zur Sicherstellung der Rückführung der Daten.“

Und sie fügt hinzu: „Die IT-Abteilung sollte immer als Partner am Tisch sitzen, wenn es darum geht, die von der Unternehmensleitung genehmigten IT-Lösungen für den Einsatz im Unternehmen zu ermöglichen.“

KI, maschinelles Lernen und Smart Tech

Vielleicht haben die Menschen zu viel Vertrauen in die Quasi-Wissenschaft der „Terminator“-Filme gesetzt, oder der Begriff verwirrt sie, aber viele Tech-Manager bezeichnen künstliche Intelligenz und einige verwandte Begriffe als die am meisten missverstandenen Schlagworte. „Der Bereich des maschinellen Lernens ist eine gute Quelle für die derzeit falsch verwendeten Buzzwords. Dies gilt vor allem für die Überbewertung der Vorhersagekraft trainierter Modelle. Selbst gründlich trainierte Modelle geben selten absolute Antworten, sondern nur statistisch wahrscheinliche“, sagt Tammy Bilitzky, CIO des Data Conversion Laboratory.


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