Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Bildungsanbieters ETC unter 1.000 Österreicher:innen offenbart eine gefährliche Wahrnehmungslücke: Gerade jene Gruppen, die am stärksten von der KI-Automatisierung betroffen sein dürften, nehmen den Wandel am wenigsten wahr. Besonders Arbeiter:innen und Personen ohne Matura unterschätzen massiv, wie tiefgreifend KI ihre Jobs verändern wird. [...]
Fast vier von zehn Arbeiter*innen in Österreich (37,4 Prozent) glauben, dass Künstliche Intelligenz in den nächsten drei Jahren keine Anpassungen in ihrem Arbeitsbereich erfordert. Bei Angestellten sind es nur halb so viele (16,6 Prozent). Das zeigt eine repräsentative Umfrage von TQS Research & Consulting im Auftrag des Bildungsanbieters ETC unter 1.000 Österreicher*innen. Die Ironie: Ausgerechnet jene Berufsgruppe, die nach Einschätzung vieler Experten am stärksten von KI-Automatisierung bedroht ist, wiegt sich in falscher Sicherheit.
Doppelt benachteiligt: Weniger Bewusstsein, weniger Bildung
Die Studie offenbart eine gefährliche Schieflage: Arbeiter*innen nehmen nicht nur seltener einen hohen KI-Einfluss auf ihre Tätigkeit wahr (18,3 Prozent gegenüber 23,2 Prozent bei Angestellten), sie sehen auch deutlich weniger Weiterbildungsbedarf (29,8 vs. 42,8 Prozent). „Wer die Veränderung nicht spürt, bereitet sich nicht vor“, sagt Christoph Becker, CEO von ETC. „Hier entsteht eine digitale Klassengesellschaft.“ Noch drastischer zeigt sich die Kluft beim Bildungsniveau: Menschen mit Matura geben zu 27,4 Prozent an, dass KI einen hohen Einfluss auf ihre Arbeit hat – bei Menschen ohne Matura sind es nur 14,1 Prozent. Gleichzeitig glauben 21,9 Prozent der Menschen ohne Matura, dass überhaupt keine Anpassungen nötig seien – fast dreimal so viele wie bei Maturant*innen (7,9 Prozent).
Vorarlberg spürt KI doppelt so stark wie Wien
Überraschend sind auch die regionalen Unterschiede: In Vorarlberg nehmen 29,5 Prozent der Befragten einen hohen KI-Einfluss wahr, in Wien nur 15,1 Prozent – die Bundeshauptstadt liegt damit österreichweit an letzter Stelle. Oberösterreich folgt mit 22,7 Prozent, das Burgenland mit 21,9 Prozent. Die Erklärung für das Vorarlberg-Wien-Gefälle liegt möglicherweise in der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur: Die Nähe zu industrieller Produktion und Automatisierung in Vorarlberg könnte das Bewusstsein für KI-Einflüsse schärfen, während in Wien dienstleistungsdominierte und weniger direkt automatisierte Tätigkeiten überwiegen.
Das Salzburg-Paradox
Besonders widersprüchlich zeigt sich die Situation in Salzburg: Das Bundesland weist mit 41,8 Prozent den höchsten Weiterbildungsbedarf österreichweit auf – gleichzeitig glauben aber 23,6 Prozent der Salzburger*innen, dass überhaupt keine Anpassungen erforderlich seien (ebenfalls Höchstwert). Diese Diskrepanz deutet auf massive Wahrnehmungsunterschiede selbst innerhalb einzelner Regionen hin.
Generation Z sieht KI-Einfluss dreimal so stark
Die Altersdifferenzen fallen erwartungsgemäß deutlich aus: 31,8 Prozent der 16- bis 29-Jährigen geben einen hohen KI-Einfluss an, bei den 50- bis 65-Jährigen sind es nur 9,4 Prozent. Bemerkenswert: Der größte Sprung zeigt sich zwischen den jüngsten Altersgruppen – von 31,8 Prozent bei den unter 30-Jährigen auf 21,9 Prozent bei den 30- bis 39-Jährigen. „Unsere Studie zeigt: Österreich steht vor einer doppelten Herausforderung“, sagt Becker. „Wir müssen nicht nur mehr Weiterbildung anbieten, sondern zuerst die erreichen, die sich in falscher Sicherheit wiegen – Arbeiter*innen, Menschen ohne Matura, ältere Arbeitnehmer*innen.“
Über die Studie
Die Ergebnisse stammen aus einer repräsentativen Umfrage, die von TQS Research & Consulting im Auftrag von ETC durchgeführt wurde. Die Erhebung erfolgte im Zeitraum 18. bis 29. September 2025 mittels CAWI (Computer Assisted Web Interviews). Befragt wurden 1.000 Österreicher*innen repräsentativ nach Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung. Die Schwankungsbreite liegt bei ±3 Prozentpunkten. Die beiden zentralen Fragen lauteten: „Wie hoch ist der Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf Ihre berufliche Tätigkeit?“ und „Und wie schätzen Sie die notwendigen Veränderungen in Ihrem Arbeitsbereich in den nächsten 3 Jahren im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz (KI) ein?“

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