Outsourcing lohnt sich. Richtig eingesetzt verringert es nicht nur den Kostendruck, sondern steigert in vielen Fällen auch erheblich die Effizienz. [...]
Doch leider hat dieser Ansatz auch Nachteile: Probleme in den Lieferketten, lange Transportwege, erhöhte CO2-Emissionen und andere Aspekte machen viele Outsourcing-Projekte anfällig für teure Fehler, Verzögerungen oder gar komplette Ausfälle.
Ein Phänomen, das zwar bei papier- und datenbasierten Outsourcing-Anwendungen wie dem massenhaften Verarbeiten und Buchen von Eingangsbelegen nicht ganz so ausgeprägt erscheint. Hier liegt der Teufel jedoch oft umso stärker im sprichwörtlichen Detail.
Der Grund: „Klassisches“ Outsourcing von Post- und Belegbearbeitungsprozessen spart zwar ebenfalls viel Geld und Zeit. Der Automatisierungsgrad bleibt dabei meist auf der Strecke – und bringt zudem oft zweistellige Fehlerquoten mit sich, die eine manuelle Nachprüfung durch geschultes Personal nötig machen. Und damit zu erheblichen Effizienzeinbußen führen.
Outsourcing ist gut, aber…
Hier ist also noch reichlich Luft nach oben. Oder besser: Hier war noch reichlich Luft. Denn dann kam die Künstliche Intelligenz – und mit ihr das Augmented Outsourcing, welches ich Ihnen heute vorstellen möchte.
KI-gestützte Belegdigitalisierung beschert Effizienzsprung
Beim Augmented Outsourcing handelt es sich um die KI-gestützte Weiterentwicklung klassischer Outsourcing-Prozesse in der Postbearbeitung und dem Belegmanagement. Dabei kommen gleich zwei Best Practices erstmals gemeinsam und perfekt aufeinander abgestimmt zum Einsatz: Die KI-gestützte Bilderkennung (OCR) und die digital gestützte Video-Sichtprüfung.
Das verringert nicht nur erheblich die Fehlerquote. Mit den dank Künstlicher Intelligenz deutlich verbesserten Erkennungsraten lässt sich auch der Automatisierungsgrad merklich steigern. In der Folge kommt es zu einem Effizienzsprung, durch den die zeit- und kostenintensive manuelle Verifizierung durch eigene Mitarbeiter komplett überflüssig werden kann.
In den folgenden Zeilen zeige ich Ihnen, wie Augmented Outsourcing in Form von konkreten Optimierungsschritten wie der KI-optimierten OCR, der Vendor Verification Incentivation (VVI) und dem Intelligent Input Interface (I³) schon im ersten Jahr zu einem positiven ROI führt – und damit das Outsourcing im Belegeingang revolutionieren wird.
Warum ausgerechnet der Belegeingang?
Was den Belegeingang so interessant für eine KI-gestützte Optimierung macht? Ganz einfach: Der Belegeingang stellt schon in durchschnittlichen mittelständischen Betrieben – mit mehr als 1.000 monatlich eingehenden Belegen in unterschiedlichsten Formen, verschiedenen Formaten und über alle möglichen Übertragungskanäle hinweg – eine echte Herausforderung für jegliche Art der Automatisierung dar.
Denn neben klassischen Eingangswegen wie Postzustellung oder als PDF per E-Mail erhalten immer mehr Unternehmen heute auch elektronische Rechnungen, beispielsweise in Formaten wie XRechnung oder ZUGFeRD – oder gleich über EDI. Bestehen internationale Handels- und Lieferantenbeziehungen, kommen noch diverse nationale Ausprägungen elektronischer Rechnungsstandards und -systeme hinzu. Tendenz steigend. Und das überproportional.
Verlässliche Datenextraktion unabdingbar für Automatisierung
Um in dieser äußerst komplexen und unübersichtlichen Gemengelage überhaupt sinnvoll automatisieren zu können, bedarf es daher zunächst einer extrem leistungsfähigen Lösung zur verlässlichen formatübergreifenden Datenextraktion. Ein Arbeitsschritt, der in vielen Outsourcing-Projekten einfach von menschlichen Arbeitskräften mit (deutlich) geringerem Lohnniveau übernommen wird.
Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die geringe Kostenersparnis und die marginale Verbesserung der Durchlaufzeit von Eingangsrechnungen die oft hohe Fehlerquote nicht wirklich rechtfertigt. Was also tun?
Die Lösung liegt in der Einführung standardisierter, hocheffektiver Prozesse zur automatisierten Datenextraktion – optimalerweise mit einer Erkennungsquote, die einen hohen Anteil an Dunkelverbuchung zulässt.
Das sind Buchungsvorgänge, bei denen Eingangsrechnungen komplett ohne menschliche Beteiligung auf formelle und inhaltliche Richtigkeit geprüft, verifiziert, freigegeben und schließlich – im besten Fall unter Ausschöpfung möglicher Skonti – beglichen werden.
KI und OCR sind „perfect match“
Das Problem: Trotz großer Fortschritte in der Optical Character Recognition (OCR), also dem computerseitigen Erkennen von Ziffern und Buchstaben, waren bisherige Systeme lange Zeit nicht in der Lage, eine ausreichende Erkennungsrate zu garantieren.
Das hat sich mit der Entwicklung dedizierter KI-Systeme nun grundsätzlich geändert. Denn mithilfe Künstlicher Intelligenz sind spezielle Bild- und Texterkennungssysteme mittlerweile in der Lage, die eigene Performance durch fortlaufendes „Lernen“ stetig zu verbessern. So lassen sich mit trainierten Systemen gut und gerne 60 bis 80 Prozent der gescannten Belege fehlerfrei – und in unglaublicher Geschwindigkeit – erkennen, auslesen und „dunkel“ weiterverarbeiten.
Die eigentliche Stärke von Augmented Outsourcing zeigt sich allerdings bei den übriggebliebenen 20 bis 40 Prozent der nicht einmal mit KI eindeutig erkenn- und verarbeitbaren Belege.
Digitale Datenprüfung als Schlüssel zum Erfolg
Nachdem die Erkennungsquote durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im OCR bereits erheblich gesteigert wurde, fällt es deutlich leichter, die Daten der verbliebenen Belege „manuell“ zu extrahieren. Aufgrund der deutlich verringerten Stückzahl kann es sich an dieser Stelle sogar lohnen, wieder auf eine klassische Outsourcing-Methodik mit menschlicher Komponente zurückzugreifen.
Oder man nutzt den digitalen Drive und setzt auch hier mit einer sinnvollen digitalen Optimierungsstrategie „noch einen drauf“ – und spart damit sogar weitere Kosten. Denn anstatt vor Ort eigenes Personal zur manuellen Erkennung und Verifizierung der nicht verarbeiteten Eingangsbelege vorzuhalten, bieten sich gleich mehrere Varianten einer augmentierten Prüfung an.
Augmented Verification durch Video-Sichtprüfung
Bei dieser kostenreduzierenden Variante der „manuellen“ Prüfung erfolgt der visuelle Daten-Check durch einen Menschen per digitaler Video-Sichtprüfung, also ortsunabhängig. Eine Methode, die sich sowohl intern anwenden als auch mit Augmented Verification outsourcen lässt. Letzteres allerdings zu deutlich geringeren Kosten.
Vendor Verification durch Incentivation (VVI)
Wie der Name bereits vermuten lässt, wird die manuelle Prüfung der mit KI-gestützter Texterkennung erfassten Daten bei dieser Spielart auf den Lieferanten übertragen. So werden die entsprechenden Rechnungsdaten zunächst – wie beschrieben – durch das System erfasst und schließlich zum Gegencheck noch einmal dem ursprünglichen Rechnungssteller zur Bestätigung vorgelegt.
Dass die bereitgestellten und verifizierten Rechnungsdaten auch mit anderen Dokumenten aus der Supply Chain übereinstimmen, wird im 3-Way-Matching-Verfahren sichergestellt. Dabei handelt es sich um eine interne, optimalerweise ebenfalls vollautomatisierte Gegenprüfung von Rechnung, Bestellung und Lieferschein.
Der Anreiz für die Lieferanten – englisch „incentive“ – kann dabei eine besonders schnelle Bezahlung sein.
Intelligent Input Interfaces
Hierbei handelt es sich um eine besondere Serviceleistung, die es vor allem kleineren und wenig digitalisierten Lieferanten ermöglichen soll, digitale Rechnungsdaten zu übermitteln. Sprich: Wer nicht einmal ein PDF erzeugen kann, hat hierbei über ein einfach zu bedienendes Onlineportal, auch bekannt als Intelligent Input Interface (I3), die Möglichkeit, die eigenen Rechnungsdaten direkt einzugeben und noch einmal zu verifizieren.
„Richtig angewandt, führt Augmented Outsourcing schon im ersten Jahr zu einem positiven ROI.“
Tim Roßky, E-Invoicing-Experte und CEO, SY by Cege
Wie gut eine Optimierung des Belegeingangs mit der perfekt aufeinander abgestimmten Kombination aus KI-gestützter Texterkennung und einem digitalisierten Prüfungsprozess der erfassten Rechnungsdaten gelingen kann, zeigt sich an der stetig steigenden Anzahl extrem erfolgreicher Implementierungen im deutschen und europäischen Mittelstand.
So führen die sich gegenseitig verstärkenden Vorteile der eingesetzten Technologien zu einem Geschwindigkeitsvorteil von bis zu 95 Prozent gegenüber klassischen Outsourcing-Lösungen im Belegeingang. Oft können dabei Bearbeitungszeiten von ursprünglich deutlich über 20 Minuten pro Beleg auf unter 60 Sekunden gedrückt werden.
*Tim Roßky ist seit Juli 2021 Geschäftsführer der Ximantix Software GmbH mit Sitz in München. Zuvor arbeitete der erfahrene Manager bereits an zahlreichen Stationen und erfolgreichen Engagements in der Belegdigitalisierungsbranche, unter anderem in multikulturellen Umgebungen.
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