Führende CIOs berichten, wie sie ihre IT-Organisationen verändert haben, um den Weg für die geschäftliche Transformation zu ebnen. [...]
In den vergangenen Jahren mussten IT-Führungskräfte an ihren Change-Skills arbeiten. Es gibt jedoch einen großen Unterschied zwischen der Fähigkeit, auf Störungen im Betrieb zu reagieren, und der Kompetenz zum proaktiven Neuerfinden, das eine IT-gestützte digitale Transformation erst ausmacht. Letzteres erfordert neben der technologiebasierenden Reaktion auf sich verändernde Umstände auch eine Strategie, um den Wandel voranzutreiben – meist beginnend mit der IT-Organisation selbst.
Der Wert von IT-Führungskräften, die in der Lage sind, eine solche Transformation von Menschen, Prozessen und Technologien zu steuern, war noch nie so hoch wie heute. Weil die Rolle des „IT-Change Agent“ zurzeit enorm gefragt ist, sprach CIO.com mit vier IT-Führungskräften über die Herausforderungen, den Nutzen und die Erfahrungen. in mehrjährigen Transformationsprojekten.
Merchant’s Fleet: Partner für Wachstum
Als Brendan Keegan den Posten des CEO von Merchant’s Fleet übernahm, das am schnellsten wachsende Fleet-Service-Unternehmen in Nordamerika, wusste er, dass er eine neue Technikführungskraft sowie eine Strategie für die Zukunft brauchte. Jeanine L. Charlton hatte ihre Arbeit bei Merchant’s Fleet als Vorstandsberaterin sechs Monate zuvor aufgenommen, als sie sich bereit erklärte, im Juni 2018 die Rolle des Senior Vice President und Chief Technology and Digital Officer zu übernehmen.
Charlton hatte eine Menge Arbeit vor sich, das Unternehmen wuchs schnell. Merchant’s Fleet hat sich von einem reinen Flotten-Management-Unternehmen zu einem Flotten-Technologie-Unternehmen entwickelt und in den vergangenen Jahren mehrere neue Geschäftsbereiche aufgebaut. Die IT-Organisation war mit ihrem Wasserfall-Ansatz nicht mehr in der Lage, Schritt zu halten. Mit dem Ziel einer agilen Transformation begann Charlton die Arbeit an einem neuen IT-Organisationsmodell.
Business-IT-Alignment im Fokus
„In der IT ging es um mehr als das Technologieteam“, erklärt sie. „Es war notwendig, sich mit den wichtigsten Stakeholdern abzustimmen und den Geschäftspartnern die Rolle der IT zu verdeutlichen.“ Sie führte vierteljährliche Foren ein, in denen sie die agile Arbeitsweisen und die Rolle des Unternehmens dabei erläuterte. In dieser ersten Phase der Transformation installierte Charlton Produktverantwortliche auf der Business-Seite und entwickelte ein neues Governance-Modell, zu dem auch ein Business Investment Council gehörte.
Unterstützung aus dem Topmanagement
„Die Herausforderung bestand darin, dass das Unternehmen so schnell wuchs und sowohl auf der geschäftlichen als auch auf der technologischen Seite große Veränderungen vollzog“, erinnert sich Charlton. „Die gute Nachricht für mich war, dass unser CEO technisch versiert war, so dass wir die Unterstützung auf der höchsten Ebene hatten. Es ging also darum, den Rest des Management-Teams und das Führungsteam darunter mit ins Boot zu holen.“ Charlton rationalisierte das IT-Dienstleistungsportfolio des Unternehmens und verlagerte diese Arbeit ins Ausland, was zu erheblichen Einsparungen führte und eine „operative Skalierung“ ermöglichte, so die Managerin.
Umsatzwachstum unterstützen
Phase zwei konzentrierte sich auf die Beschleunigung der digitalen Transformation, um mit dem organischen Umsatzwachstum von rund 40 Prozent Schritt zu halten. Charlton erstellte mit einem funktionsübergreifenden Team einen Dreijahresplan. „Wir sind ein 60 Jahre altes Unternehmen in Privatbesitz, aber wir waren bereit, mutige Schritte zu unternehmen und wie ein Startup zu handeln“, sagt sie. „Die meisten Fuhrpark-Management-Unternehmen beschlossen, während der COVID-Pandemie kein Wachstum zu finanzieren. Aber wir haben uns dagegen gesträubt und herausgefunden, wie wir es schaffen können. Als andere einen Rückgang verzeichneten, haben wir unser Wachstum beschleunigt.“
Lessons Learned: Veränderungen voranzutreiben, ist kein Selbstläufer, räumt Charlton ein: „Glauben Sie niemandem, der Ihnen sagt, dass es einfach ist.“ Aber ein erfolgreicher Change Agent zu sein, sei eine der dankbarsten Rollen, die man als CIO ausüben könne. „Als IT-Leiter sehen Sie alles im gesamten Unternehmen – sie sind der Klebstoff, der alles zusammenbringt.“ Charlton rät IT-Leitern, ihre Macht nicht zu unterschätzen und sich für Veränderungen einzusetzen, von denen sie wüssten, dass sie möglich sind. „Der Einfluss, den Sie als CIO haben können, ist wirklich bedeutend. Hängen Sie sich rein und verschaffen Sie Ihrer Stimme Gehör. Dann lassen Sie die Ergebnisse für sich sprechen.“
S&P Global: Erfahrung als Maßstab für die Transformation
Als S&P Global vor mehr als fünf Jahren seine neue Marke vorstellte, signalisierte dies ein klareres Ziel für das Informations- und Analyseunternehmen – bei dem die IT-Organisation eine primäre Rolle spielen sollte. „Als wir unseren Auftrag und unser Ziel definierten“, sagt Swamy Kocherlakota, Executive Vice President und CIO von S&P Global, „haben wir parallel dazu unsere Technologie und unsere Kultur verändert.“
Mit dem Ziel, sich als digitaler Marktführer zu etablieren, setzte die Technologieorganisation auf agile Entwicklung und einen DevOps-Ansatz. Eine groß angelegte Migration in die Cloud, die Integration von Machine Learning, künstlicher Intelligenz und Robotic Process Automation (RPA) in bestehende Arbeitsabläufe setzte neue Effizienzen frei und leitete die neue Architekturstrategie ein: „Cloud-first, Automation-first.“ Dies alles bildete die Grundlage für den Einsatz neuer Technologien am digitalen Arbeitsplatz, um den Mitarbeitern ein erstklassiges Erlebnis zu bieten.
Mitarbeiter transformieren
Neue Technologien und Prozesse waren zwar erforderlich, reichten aber kaum aus, um die IT-Organisation und das gesamte Unternehmen zu verändern. „Entscheidend ist, dass wir alle Mitarbeiter auf diese Reise mitgenommen haben“, sagt Kocherlakota. „Wir wussten, dass unsere Mitarbeiter Technologie-affin sein mussten, um gemeinsam die größte Wirkung zu erzielen.“ Das EssentialTECH-Programm des Unternehmens, das interne und externe Kurse nutzt, bietet allen Mitarbeitern – nicht nur in technischen Funktionen – die Möglichkeit, ihre technologischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern.
Stakeholder-Experience verbessern und messen
Heute finden etwa 84 Prozent der IT-Workloads von S&P Global in der Cloud statt, was eine schnellere und flexiblere Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen ermöglicht und die Latenzzeiten für Kunden verringert. Darüber hinaus hat das Unternehmen durch seine flexible Vertriebsstrategie und die technologische Evolution das Kundenerlebnis verbessert.
Die Tools für den digitalen Arbeitsplatz wurden zur Grundlage für die Fähigkeit der Mitarbeiter, als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie nahtlos in einem hybriden Modell aus Office und Remote zu arbeiten, so Kocherlakota. „Unter dem Strich haben wir die Erfahrung für alle Stakeholder-Gruppen verbessert – das ultimative Ziel der Transformation“, sagt er. „Für jeden Stakeholder, der mit unserer Technologie und unseren Angeboten interagiert, messen wir den Erfolg daran, wie nahtlos und effizient seine Erfahrungen sind.“
Schnell an Veränderungen anpassen
Mit Blick auf die Zukunft versetzt die IT-Transformation das Unternehmen in die Lage, sich schnell anzupassen, um entweder gleich erfolgreicher zu sein oder rasch zu scheitern und zu reagieren. „Die Märkte, die Kundenbedürfnisse und auch die Erwartungen der Stakeholder ändern sich rasant“, berichtet Kocherlakota aus der Praxis. „Wir müssen wendig bleiben und gleichzeitig unser Produktivitätsniveau in Zeiten des internen Wandels und der Veränderung aufrechterhalten. Mit unserer Transformationsreise sind wir auf dem besten Weg, genau das zu schaffen.“
Lessons Learned: Management-Guru Peter Drucker hat einmal gesagt, dass die Kultur die Strategie zum Frühstück verspeise. Geht es nach S&P-Global-Manager Kocherlakota, ist es jedoch die Umsetzung, die die Strategie zum Frühstück verspeist. „Der Schlüssel liegt in der klaren Analyse der Diskrepanz zwischen Versprechen und Umsetzung“, sagt Kocherlakota. „Für jede Initiative haben wir Aktivitäten, Frühindikatoren und Spätindikatoren“.
Eine weitere wichtige Erkenntnis sei, dass man sich die Energie seiner Mitarbeiter zunutze machen könne. „Unsere Investitionen in Purpose und Kultur sowie unser Fokus auf agile Prozesse und die Weiterbildung unserer Mitarbeiter haben uns geholfen, unsere Belegschaft dazu zu bringen, Technologie als eine grundlegende Fähigkeit für unser Geschäft anzuerkennen“, sagt Kocherlakota. „Das Ergebnis ist ein agiles Unternehmen, das sich auf Leistung und Umsetzung konzentriert – das ist an sich schon eine gewaltige Transformation.“
Tapestry: Technologie ist mehr als nur ein Enabler
In den vergangenen zwei Jahren hat sich Tapestry – die Muttergesellschaft von Luxusmarken wie Coach, Kate Spade und Stuart Weitzman – auf die Fahnen geschrieben, kundenorientierter, datengesteuerter und reaktionsschneller zu werden. Die IT-Organisation ist in allen drei Bereichen der Schlüssel zum Erfolg.
„Um die Ziele zu erreichen, nutzen wir sowohl unseren grundlegenden digitalen Kern als auch neue Fähigkeiten, um bessere Erkenntnisse zu gewinnen, unsere Maßnahmen zu kommunizieren und eine Plattform aufzubauen, die für unser Markenhaus die beste ihrer Art ist“, sagt Ashish Parmar, der in den ersten Wochen der COVID-19-Pandemie das Amt des CIO übernommen hatte. „Technologie ist das Herzstück dieser Reise – nicht nur als Enabler, sondern als eine wichtige Grundkomponente, um die Kernfähigkeiten freizusetzen, die wir brauchen, um für unsere Mitarbeiter, unsere Marken und unsere Stakeholder zu arbeiten.“
Prinzipien für eine moderne IT
Um Tapestry bei der Erreichung seiner Ziele zu unterstützen, entwickelte die IT-Abteilung vier Betriebsprinzipien:
- Alles durch die Linse des kommerziellen Kontextes zu betrachten und sich stark auf die Ausführung zu konzentrieren,
- Mit einer hohen Geschwindigkeit zu arbeiten (die Zeit bis zur Wertschöpfung für wichtige Ergebnisse zu verkürzen),
- Sich auf die Bereiche zu konzentrieren, die den größten Wert für das Unternehmen und seine Kunden generieren, und in diesen Bereichen herausragende Leistungen zu erbringen, sowie
- Eine Kultur der , Zusammenarbeit und gemeinsamen Ergebnisse mit dem Unternehmen zu schaffen.
„Eine unserer größten Herausforderungen in den vergangenen zwei Jahren war es, unseren Teams dabei zu helfen, mit Unsicherheiten und Nachfrageschwankungen umzugehen“, berichtet Parmar. „Wir konzentrieren uns permanent darauf, Vertrauen zu unseren Teams aufzubauen und neue Beziehungen zu unseren internen Partnern zu knüpfen, während sich die Business-Prioritäten weiterentwickeln.“
Cloud und Data Analytics
Die IT-Gruppe von Tapestry ist zu einem Cloud-first-Ansatz und einer Multi-Cloud-Strategie übergegangen, um die Vorteile der Elastizität und Skalierbarkeit zu nutzen, Anwendungen zu rationalisieren, On-Premise-Rechenzentren zu schließen, schnellere Ideen und Innovation zu ermöglichen sowie ein besseres Kundenerlebnis zu schaffen. Das Unternehmen führte auch eine neue Daten- und Analyseplattform ein, die die Grundlage für die Gewinnung von vier Millionen neuen Kunden im Geschäftsjahr 2021 und ein dreistelliges digitales Wachstum bildete.
Menschen als Change-Multiplikator
Während die Technologie von grundlegender Bedeutung ist, sind die Menschen der wahre Multiplikator, sagt Parmar, der seine Karriere vor mehr als zwanzig Jahren als Analyst bei der Marke Coach begann. „Wie viele andere Unternehmen mussten auch unsere Teams agil sein und die Art und Weise unserer Zusammenarbeit verändern. Dank der Stärke unserer Kerninfrastruktur und enger Partnerschaften mit den Business-Teams waren wir in der Lage, schnell umzuschwenken und die Fähigkeiten anzuwenden, die in diesem herausfordernden Umfeld erforderlich für den Erfolg sind.“
Lessons Learned: IT-Führungskräfte müssen ihren Teams erlauben, Risiken einzugehen und aus Fehlern zu lernen. „Seien Sie mit der inhärenten Dualität vertraut, die beim Treffen von Entscheidungen besteht – Innovation gibt es nicht ohne Risiko“, sagt Parmar. „Erlauben Sie den Teams, Risiken einzugehen, und nehmen Sie es in Kauf, wenn diese Versuche scheitern; nutzen Sie diese jedoch, um daraus zu lernen. Es liegt in unserer Verantwortung, Teams bei Fehlschlägen zu coachen und ihnen dabei zu helfen, daraus zu lernen.“
Ameren: Dorthin gehen, wo die Arbeit ist
Ameren mit Sitz in St. Louis hat 2,4 Millionen Stromkunden, mehr als 900.000 Erdgaskunden und Millionen von vernetzten Geräten. Als Chief Digital Information Officer leitet Bhavani Amirthalingam seit 2018 die digitale Transformation des Unternehmens mit dem Ziel, den Service für die Kunden und die Zuverlässigkeit des Netzes zu verbessern. „Wir gehen jetzt in das fünfte Jahr unserer Transformation, die als eine Reise begann, um unsere Kunden- und Mitarbeitererfahrung zu transformieren und zu digitalisieren und gleichzeitig das Netz der Zukunft zu ermöglichen“, erklärt Amirthalingam.
Kunden stehen im Mittelpunkt der Geschäftsstrategie von Ameren, und so wie sich ihre Erwartungen entwickeln, muss sich das digitale Geschäftsmodell des Unternehmens anpassen. Die Bereitstellung eines nahtlosen, sicheren und personalisierten digitalen Kundenerlebnisses ist folglich ein wesentlicher Bestandteil der IT-Strategie, einschließlich der Implementierung intelligenter Zähler, der Überwachung des Energieverbrauchs, reibungsloser Interaktionen im Internet und auf mobilen Geräten, verbesserter interaktiver Sprachsteuerung und der Einbindung der Kunden in den Kanal ihrer Wahl. Im Jahr 2021 waren 79 Prozent der Kundeninteraktionen bei Ameren digital.
Stromnetz als Zentrum der Wertschöpfung
Das Unternehmen und CDIO Amirthalingam sehen das Stromnetz als das Zentrum der Wertschöpfung für die Kunden. „Der Aufbau der Kommunikationsinfrastruktur, der Analytik und der Automatisierung zur Unterstützung eines intelligenten, zuverlässigen und sicheren Netzes hat höchste Priorität“, berichtet Amirthalingam. „Das Wachstum der erneuerbaren Energiequellen und die Notwendigkeit, den Energiefluss in beide Richtungen zu erleichtern, erfordern den Einsatz von Technologien für das Management verteilter Energieressourcen.“
IT muss die Arbeit unterstützen
Auch die Erfahrung der Mitarbeiter ist ein wichtiger Schwerpunkt. „Wir versetzen unsere Mitarbeiter in die Lage, die bestmögliche Arbeit zu leisten, indem wir ihnen die richtige Technologie zur Verfügung stellen, mit der sie jederzeit, überall und auf jedem Gerät in Büros, im Außendienst und in den Energiezentren arbeiten können“, so Amirthalingam. Dies erforderte ein Überdenken vieler Back-Office-Funktionen, Prozesse und Systeme in allen Geschäftsbereichen.
Die Digitalisierung zur Verbesserung des Netzes sowie der Kunden- und Mitarbeitererfahrungen zieht sich wie ein roter Faden durch das Unternehmen. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, dorthin zu gehen, wo die Arbeit gemacht wird, und den Kunden in den Mittelpunkt jeder Transformation zu stellen“, sagt Amirthalingam. „Dieser Ansatz hat dazu beigetragen, die tatsächlichen geschäftlichen Anforderungen zu verstehen und gleichzeitig die Herausforderungen mit einzubeziehen.“
Lessons Learned: Funktionsübergreifende Teams, die Business-Units und Kundengruppen umfassen, treiben die digitale Transformation voran. Amirthalingam schätzt leistungsstarke und selbstgesteuerte Teams mit einer Vorliebe für aktives Handeln. „Es ist entscheidend, eine Mentalität der kontinuierlichen Innovation und Verbesserung in die Transformation einzubringen“, sagt sie. Aber auch Offenheit sei eine Tugend. „Das ‚Wow‘ von gestern ist heute die Norm“, so Amirthalingam. „Mitarbeiter müssten an neue Situationen mit Neugierde, Mut und Offenheit herangehen, um bessere Problemlösungen zu entwickeln.“
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com
*Stephanie Overby schreibt unter anderem für die US-Schwesterpublikation CIO.com.
Be the first to comment