Schon in einigen Jahren könnten autonome Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein. Den dafür notwendigen rechtlichen Rahmen erarbeitet derzeit das Bundesverkehrsministerium. Es müssen aber auch Möglichkeiten geschaffen werden, wie alle Teilnehmer des Fahrzeug-Ökosystems die riesigen Datenmengen auswerten können, um neue Geschäftsmodell zu erschaffen. [...]
Geht es um autonome Fahrzeuge, wird in der Öffentlichkeit primär die Frage nach der Sicherheit diskutiert. Vor allem Unfälle sorgen immer wieder für neue Schlagzeilen und Unsicherheit. Diese Befürchtungen zeigen sich in einer Umfrage des ITK-Branchenverbandes Bitkom von September 2020: Hier stimmten 57 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass autonome Fahrzeuge zu schweren Unfällen mit vielen Toten führen werden. Es liegt deshalb auch im Verantwortungsbereich von Behörden, gesetzliche Rahmenbedingungen für den Betrieb dieser Fahrzeuge zu schaffen. Gleichzeitig ist es die Aufgabe der Hersteller, ihre Systeme möglichst genau zu prüfen und das Risiko für Unfälle zu minimieren.
Bereits bei der Entwicklung sind Daten einer der wichtigsten Faktoren für mehr Sicherheit. Die Algorithmen zur Fahrzeugsteuerung werden mit großen Mengen an Bild- und Videoaufnahmen trainiert, um Objekte und Situationen präzise erkennen zu können. Auf Basis dieses gelernten Wissens treffen die Systeme dann ihre Entscheidungen im Straßenverkehr. Erhält der Algorithmus ausreichend Lernmaterial, kann er die entsprechenden Objekte oder Menschen ab einem bestimmten Punkt selbstständig erkennen. Dabei ist es wichtig, dass die zum Anlernen verwendeten Datensätze eine hohe Datenqualität aufweisen. Sind beispielsweise auf einem Bild zwei Passanten und ein parkendes Auto zu sehen, müssen all diese Informationen richtig antrainiert werden können. Ist dies nicht der Fall und die KI lernt beispielsweise, dass auf dem Bild nur ein Fußgänger und das Auto zu sehen sind, kann dies später im Straßenverkehr zu Fehlinterpretationen führen und fatale Folgen haben.
Datenverarbeitung aus unterschiedlichen Quellen
Aber nicht nur bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge sind Daten entscheidend, sondern auch für ihren Betrieb. Diese Autos werden in Zukunft in Echtzeit große Datenmengen in unterschiedlichen Formaten verarbeiten müssen und auch selbst generieren. So schätzt das Marktforschungsunternehmen Gartner, dass ein einziges vernetztes Fahrzeug jährlich rund 280 Petabyte an Daten produzieren wird.
Die Informationen stammen aus den Fahrzeugen selbst, beispielsweise von den integrierten Kameras und Sensoren, die die Umgebung erfassen. Aber auch Informationen über den eigenen Status müssen die Fahrzeuge stetig verarbeiten und darauf reagieren. Ist das Benzin so gut wie aufgebraucht oder die Batterie fast leer, müssen die Fahrzeuge zum Beispiel in der Lage sein dies zu erkennen und die Entscheidung treffen, die nächste Tankstelle oder Ladestation anzufahren.
Aus der direkten Umgebung werden autonome Fahrzeuge ebenfalls Daten aufnehmen und verarbeiten: Die Car2x-Kommunikation umfasst den Informationsaustausch mit anderen Verkehrsteilnehmern ebenso wie die Kommunikation mit intelligenten Ampeln oder Verkehrszeichen.
Darüber hinaus werden die Fahrzeuge auch Informationen über ihre jeweiligen Benutzer verarbeiten, um darauf basierend Entscheidungen zu treffen. Das kann anfangen bei gespeicherten Einstellungen zu Musikvorlieben, den Sitzen und der Klimaanlage, die das Fahrzeug nach Erkennen des Nutzers automatisch einstellt. Auch Schnittstellen zu Adressbüchern und dem Kalendern sind denkbar, damit das Fahrzeug selbstständig erkennen kann, wo zum Beispiel der Arzttermin stattfindet. Oder das Fahrzeug merkt sich Präferenzen bei gefahrenen Routen, zum Beispiel, wenn ein Nutzer immer in einem bestimmten Supermarkt einkaufen geht.
Wem aber gehören die Daten?
All diese Daten werden benötigt, um den Betrieb autonomer Fahrzeuge sicherzustellen und gleichzeitig den Benutzern den größtmöglichen Komfort zu bieten. Jedoch verraten diese Daten auch sehr viel über die Fahrzeugbesitzer. Daher stellt sich die Frage, wem die Daten aus den Nutzerprofilen gehören sollten.
Interesse an diesen Informationen gibt es von verschiedenen Seiten. So werden Hersteller die Daten einerseits benötigen, um ihre Fahrzeuge stetig weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dafür können Daten in anonymisierter Form ausreichen, um die KI weiter zu trainieren. Allerdings werden Hersteller auch Interesse daran haben, ihre weiteren Services in den Fahrzeugen an die Nutzer anzupassen oder diese Daten an andere Service-Anbieter weiterzuverkaufen. Bei den Nutzern selbst werden wohl einige damit einverstanden sein, ihre Daten gegen ein personalisiertes Erlebnis einzutauschen, während andere die Hoheit über ihre Daten behalten wollen.
Darüber hinaus sind die Telemetriedaten für Polizei und Versicherungen wichtig, um ein Unfallgeschehen zu rekonstruieren. Verkehrsbehörden werden diese Daten nutzen wollen, um etwa den Verkehrsfluss in Städten zu optimieren. Um die vielen Fragen der Datenhoheit zu regeln, haben Prüfgesellschaften wie der TÜV oder die Allianz Versicherung schon im Jahr 2019 die Einsetzung eines unabhängigen Datentreuhänders gefordert. Dieser würde die Daten datenschutzkonform speichern und Zugriff nur für gesetzlich geregelte Zwecke ermöglichen.
Fazit
Der Automobilindustrie stehen weitreichende Veränderungen bevor und nur Hersteller, die sich an diese Veränderungen anpassen können, werden langfristig Erfolg haben. Deshalb arbeiten die Fahrzeugproduzenten verstärkt mit Technologieanbietern zusammen. So kooperiert BMW mit der Intel-Tochter Mobileye im Bereich Kameratechnik, während Volvo und das Google-Unternehmen Waymo die Möglichkeiten autonomer Fahrzeuge im Bereich Ride-Hailing erforschen, also eine per App organisierte Personenbeförderung mit einem Pkw. Auch wurden Anfang 2021 Gerüchte bekannt, dass der südkoreanische Fahrzeughersteller Hyundai und Apple eine Kooperation prüfen, um selbstfahrende Autos zu produzieren.
Autonome Fahrzeuge könnten sich also zu einem festen Bestandteil des Straßenverkehrs entwickeln. Bis sie allerdings tatsächlich vollkommen autonom unterwegs sind, müssen noch verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden. Nicht nur technologische und rechtliche Fragen benötigen noch Antworten, sondern auch die, die den Umgang mit den Daten der Fahrzeuge betreffen. Wie können die riesigen Datenmengen überhaupt sicher verarbeitet werden? Werden die Hersteller die Daten datenschutzkonform und sicher speichern oder braucht es eine andere Instanz hierfür? Wie kann sichergestellt werden, dass die Qualität der Daten für die internen Fahrzeugsysteme hoch genug ist, damit ein sicherer Betrieb im Straßenverkehr möglich ist? Es liegt an den Herstellern und den Behörden, Antworten auf diese Fragen zu finden.
Gleichzeitig arbeiten Unternehmen mit ihren Produkten für das Datamanagement daran, dass sich diese riesigen Datenmengen schnell, zuverlässig und kosteneffizient verarbeiten lassen. Die Nutzung der Cloud spielt eine zentrale Rolle, denn nur so können diese Daten über Standorte hinweg mit Abteilungen für Analysen genutzt werden.
*Jan Wetzke ist Vice President Sales Zentral- und Ost-Europa bei Talend.
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