Wie fit ist unsere Demokratie für die digitale Zeit?

Beim von der ISPA, dem Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft, veranstalteten Internet Summit Austria 2025 ging es um die Frage, wie Technik und Demokratie zusammenspielen können. [...]

ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger eröffnet den Internet Summit Austria 2025. (c) ISPA/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Unsere Gesellschaft ist bereits digital – aber wie fit ist die Demokratie dafür? Wie beeinflussen digitale Technologien unsere politischen Entscheidungsprozesse? Wie schützen wir unsere Demokratie in einer digitalen Zeit und wie weit sind wir bereit dafür zu gehen? Wie digital souverän ist Europa? Und nicht zuletzt: Welche Pläne hat die österreichische Bundesregierung? Diese Fragen diskutierten vergangene Woche Fachexpert:innen aus Politik, Zivilgesellschaft, Journalismus, Wirtschaft und Wissenschaft beim Internet Summit Austria 2025 unter dem Titel „Digitale Demokratie. Codes, Kontrolle und Gestaltung“ mit rund 140 Gästen.

Technische Entwicklung forcieren und Grundrechte schützen

Organisiert wurde der Summit von der ISPA, dem Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft. „Wie wir als Gesellschaft zusammenleben hat sich immer verändert. Mit dem technologischen Fortschritt leben wir heute zunehmend in einer digitalen Demokratie“, sagte Generalsekretär Stefan Ebenberger. „Dabei ist es entscheidend, die Chancen zu nutzen, dass diese Veränderung positiv verläuft: Wir dürfen nicht den Anschluss an die technische Entwicklung verlieren und uns damit in Abhängigkeiten begeben, sondern sollten in Europa enger zusammenzuarbeiten und die digitalen Kompetenzen stärken. Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb. Gleichzeitig müssen wir unsere Grundwerte tatsächlich leben: Wenn wir Freiheit und Grundrechte wollen, müssen wir diese auch im digitalen Raum schützen. Und bei Abwägungen zwischen Grundrechten und Sicherheit sollte immer auch die technische Realität beachtet werden.“ Er betonte: „Die ISPA hat sich schon seit vielen Jahren für digitalen Humanismus ausgesprochen. Langsam entsteht dafür ein Bewusstsein, aber die Umsetzung ist oft noch halbherzig.“

„Digitale Transformation muss ethisch gerahmt und politisch gestaltet werden“

Das unterstrich auch Keynote-Speaker Julian Nida-Rümelin, der Rektor der Humanistischen Hochschule Berlin und ehemaliger deutscher Staatsminister: „Der Humanismus gilt vielen als überholt. Tatsächlich ist er so aktuell wie noch nie und wohl aktuell die einzige Hoffnung, um den Verlust von Menschlichkeit und Demokratie aufzuhalten. Die digitale Transformation muss ethisch gerahmt und politisch gestaltet werden, um zum Wohle der Menschheit beizutragen. Das, was ich als digitalen Humanismus bezeichne, bietet dazu die Orientierung.“

Julian Nida-Rümelin hielt die Keynote „Demokratie im 21. Jahrhundert: Wie der Humanismus als Leitplanke in der digitalen Welt dienen kann“. (c) ISPA/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Debatte um Sicherheitslücken, Überwachung und Freiheit im Internet

In der Debatte über Sicherheit und Freiheit im Internet ging es zentral um die zuletzt beschlossene Messenger-Überwachung. DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner stellte dabei fest, dass keine neuen Lücken geschaffen, sondern nur bestehende genutzt werden und es im Zweifel um Leben und Gesundheit der Bevölkerung gehe. Thomas Korntheuer (Staatsanwältevereinigung) ergänzte, dass man im Ermittlungsverfahren immer wieder sehe, dass Täter bewusst auf verschlüsselte Software wechseln. Dem gegenüber betonten Thomas Lohninger (epicenter.works) und René Mayrhofer (JKU), dass eben diese genutzten Lücken einen massiven Unsicherheitsfaktor für die allgemeine Bevölkerung bedeuten, wenn sie bestehen bleiben, und damit auch von Kriminellen genutzt werden können, worauf auch die ISPA in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen hat. Sicherheit sei nicht ausschließlich die Abwehr von Terrorismus, sondern habe mehrere Dimensionen, wie etwa die Stabilität der IT-Infrastruktur zu schützen, die die Basis unserer modernen Gesellschaft ist.

von links nach rechts: Stefan Ebenberger (ISPA-Generalsekretär), Thomas Lohninger (epicenter.works), René Mayrhofer (JKU), Omar Haijawi-Pirchner (DSN) und Thomas Korntheuer (Staatsanwältevereinigung). (c) ISPA/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Demokratie leben, Technik nutzen

Außerdem fanden beim Internet Summit Austria mehrere Diskussionen mit Fachexpert:innen in Kleingruppen zu selbstbestimmter IT-Infrastruktur, Europas technischer Abhängigkeit und der Bedeutung des digitalen Diskurses sowie eine Podiumsdiskussion der Parlamentsparteien statt. ISPA-Präsident Harald Kapper sagt: „Demokratie ist nicht nur der Gang zur Wahlurne alle paar Jahre, wie wir heute in immer mehr Ländern beobachten können. Sie muss bewusst gelebt und gepflegt werden. Technik kann dazu einen Beitrag leisten, uns aber auch vor neue Schwierigkeiten stellen. Wenn Propaganda-Bots den digitalen Diskurs vergiften, brauchen wir dafür neue Lösungen – und dürfen doch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und in die vermeintlich heile Welt zurückflüchten, in der der öffentliche Diskurs einigen wenigen Gatekeeper:innen vorbehalten war. Dafür sind Transparenz und Vertrauen notwendig, und auch aus diesen Gründen lehnen wir Maßnahmen grundsätzlich ab, die Bürger:innen im digitalen Raum in ihren Rechten beschneiden. Technik ist ein Werkzeug – nutzen wir sie für eine offenere, demokratische, menschlichere Zukunft!“


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