Wie Internet-Nutzer die volle Datenkontrolle bekommen sollen

Accenture hat eine größere Investition in Inrupt, das Startup von WWW-Erfinder Tim Berners-Lee, getätigt. Inrupt verfolgt das Ziel, Internet-Nutzern die Hoheit über ihre Daten zurückzugeben. [...]

(c) pixabay.com

Die Investition von Accenture Ventures ist insofern interessant, als Inrupt einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Daten im Internet anstrebt. Das Unternehmen wurde von John Bruce (CEO) und Tim Berners-Lee (Chief Technology Officer und Director) gegründet. In der Rolle eines Chief of Security Architecture ist außerdem der weltweit bekannte IT-Sicherheitsexperte Bruce Schneier mit an Bord.

Das Trio verfolgt das Ziel, Internet-Nutzern die Kontrolle über ihre persönliche Online-Daten zurückzugeben und gleichzeitig die Art und Weise neu zu erfinden, wie Unternehmen und Behörden Daten verwalten. Im Mittelpunkt steht dabei die Plattform Enterprise Solid Server, die auf der von Berners-Lees entwickelten Open-Source-Webtechnologie Solid basiert. Sie ermöglicht es, Verbrauchern genauso wie Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung persönliche Datentresore anzubieten, die sogenannten Pods.

Jeder Einzelne kontrolliert die Freigabe seiner Daten

Darin lassen sich Daten aus verschiedenen, nicht miteinander verbundenen Quellen in einem Web-Standardformat zusammenführen und speichern. Jeder Einzelne soll nach diesem Modell kontrollieren und entscheiden, wem er Daten für Anwendungen und Dienste freigeben möchte.

Seine Investition begründet Accenture damit, dass viele Unternehmen aufgrund ihrer begrenzt flexiblen Technologiearchitekturen zunehmend Schwierigkeiten bekämen, geschäftliche Mehrwerte zu generieren. Momentan würden personenbezogene Daten in vielen inkompatiblen Backend-Systemen erfasst, gespeichert, geschützt und vereinheitlicht. Das sei ein „fragmentierter Prozess“, der dazu führe, dass die Menschen nicht mehr wüssten, wo sich ihre Daten befinden und wer die Kontrolle darüber hat, beobachtet Tom Lounibos, Managing Director von Accenture Ventures.

Kunden müssten ihre Technologiearchitekturen überdenken und neue Lösungen finden, dazu wolle Accenture beitragen. Inrupt ist nach der Investition in nicht bekannter Höhe Accentures Project Spotlight beigetreten, das aufstrebende Software-Startups mit den Global-2.000-Unternehmen zusammenbringen will. Den jungen Unternehmen soll Zugang zu Fachwissen von Accenture und seinen Unternehmenskunden gewährt werden, wobei sich die großen Konzerne Impulse für ihre diversen Digitalprojekte versprechen.

Was steckt hinter Project Solid?

Die Webtechnologie Solid wird von einem Projekt am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt, das von Berners-Lee geleitet wird. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Spezifikation, mit der Menschen ihre Daten sicher in dezentralen Datenspeichern, den Pods, ablegen können. Pods werden auch als „persönliche Webserver“ für User-bezogene Daten beschrieben. Dabei kann jede Art von Information in einem Solid-Pod gespeichert werden.

Ziel der Initiative ist es, dass User und Unternehmen die volle Kontrolle über ihre Daten bekommen, indem allein sie den Zugriff auf die Daten in Ihrem Pod überblicken. Sie entscheiden, welche Daten Sie über sichere Authentifizierungs- und Autorisierungssysteme freigeben möchten und für wen (Einzelpersonen, Organisationen und/oder Anwendungen). Außerdem können Sie den Zugriff jederzeit widerrufen. Anwendungen, die Daten in einem Pod vorhalten und darauf zugreifen, verwenden standardmäßige, offene und interoperable Datenformate und -protokolle.

Ein Beispiel: Anstatt einer Bank oder einem Mobilfunkkonzern die persönlichen Kontaktdaten zu geben, speichern Nutzer diese im eigenen Pod und gewähren unterschiedlichen Diensten und Anwendungen Zugriff darauf. Die Solid Pods werden dann – allein oder in Gruppen – auf einem Solid Server gehostet und vom Eigentümer kontrolliert. Dabei unterscheiden sich die Zugriffsdaten und -regeln für Pods voneinander. Nutzer können die Pods selbst hosten oder von einem oder mehreren Pod-Anbietern beziehen.

Die Anzahl der Pods sowie die der verwendeten Solid Server bleibt für die verwendeten Anwendungen und Dienste verborgen. Das liegt daran, dass im Solid-Ökosystem die Daten über die Nutzeridentität und nicht über die Besonderheiten eines Pods verknüpft sind. Dies gilt sowohl für die eigenen Daten als auch für die, die von anderen für einen Nutzer freigegeben wurden. In einem Solid-Pod können alle Arten von Daten abgelegt werden. Solid unterstützt auch das Speichern von „Linked Data“: Hier sind die Daten so strukturiert, das unterschiedliche Anwendungen damit arbeiten können.

*Heinrich Vaske ist Editorial Director von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO sowie Chefredakteur der europäischen B2B-Marken von IDG. Er kümmert sich um die inhaltliche Ausrichtung der Medienmarken – im Web und in den Print-Titeln. 


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