Im Zuge der Erweiterung um mehrere Millionen Smart Meters musste Thames Water seine Netzinfrastruktur so flexibel, zuverlässig und sicher wie möglich gestalten, ohne die Kosten in die Höhe zu treiben. [...]
Bereits vor dem Ausbau unterhielt Thames Water, immerhin für die Wasserversorgung von mehr als 15 Millionen Kunden im Großraum London und im Thames Valley zuständig, bereits mehr als zwei Millionen installierte Sensoren. Angesichts eines Erweiterungsplans für Smart Metering, das weitere Millionen Devices hinzufügen würde, musste das Unternehmen sein gesamtes Vernetzungskonzept neu überdenken, von den Protokollen bis zur Aufbewahrung und Analyse von gesammelten Daten.
Um neue Wege der Bearbeitung und Bereitstellung von Technologiedienstleistungen und -projekten zu schaffen, ging Thames Water mit den Beratungsfirmen Accenture und Deloitte, dem Bilfinger Ingenieurbüro und IBM eine Technologie- und Transformationsallianz ein. Ein wesentlicher Bestandteil des Plans ist die Modernisierung des bestehenden Monitoring-Netzwerks von Thames Water, um Advanced Analysen zu nutzen.
„Ich erbte eine ganze Reihe von Infrastrukturen, die über viele Jahre hinweg implementiert wurden“, berichtet Simon Coombs, Managing Director bei Accenture, der das Intelligence Hub Network Advanced Analytics Programm von Thames Water leitet. „Da gibt es eine Mischung von Kunden in Ballungszentren in der Mitte der Hauptstadt und natürlich eine geringere Kundendichte auf dem Land, also eine breite Palette von verschiedenen Problemen mit denen man als Unternehmen zu kämpfen hat.“
Ein Weg, mit dem Thames Water ein kostengünstigeres Sensornetzwerk zu bekommen hofft, ohne Performance, Zuverlässigkeit oder Sicherheit zu beeinträchtigen, ist es, schrittweise ältere Standards durch neuere IoT-Protokollen zu ersetzen. „Das Internet of Things bietet die Möglichkeit, viel günstige Geräte einzusetzen“, erklärt Coombs.
Doch für Unternehmen wie Thames Water, die seit vielen Jahren riesige Sensornetzwerke betrieben haben, ist der Weg zu einer höheren Wirtschaftlichkeit mit der Herausforderung verbunden, eine Reihe unterschiedlicher Protokolle zu unterstützen. „Natürlich wollen die Versorgungsunternehmen die Kosten senken, aber sie haben auch ein Portfolio von überwiegend altemr Equipment, das sie noch verwalten, pflegen und handhaben müssen“, so der Accenture-Manager.
Die meisten der bestehenden Sensoren von Thames Water, die Variablen wie Durchlauf oder Druck messen, sind kabelgebundene Devices, die mit vor Ort befindlichen remoten Telemetrieeinheiten verbunden sind. „Die Einheiten unterstützen eine Reihe von Protokollen“, sagt Coombs. „Die Mehrheit davon verwendet aber GSM oder ADSL, weil sie relativ alt sind. Es ist halt normales altmodisches Breitband.“
Die Daten aus dem Telemetriesystem werden von OSIsofts PI-System erfasst und organisiert. Von dort aus können sie von Mitarbeitern abgerufen oder zur weiteren Analyse in die Cloud gesendet werden. Durch die Analyse dieser Echtzeit-Daten-Feeds ist Thames Water in der Lage, die Wasserqualität zu steigern und gleichzeitig die Energiekosten zu senken sowie die Zahl der Verschmutzungsfälle zu reduzieren.
Mehr Flexibilität durch Cloud-Anbindung
Thames nutzt außerdem Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure für erweiterte Analysen in der Cloud. Die Dienste bieten dem Unternehmen einen schnellen Zugriff auf Daten mit neuen und alten Protokollen, um während der voraussichtlich langen Übergangszeit effektiv zu kommunizieren. „Die neuen Cloud-Techniken ermöglichen es uns, eine direkte Verbindung zu bestimmten Devices auf niedriger Protokollebene herzustellen“, erklärt Coombs. Die Cloud biete dem Unternehmen mehr Flexibilität, was wiederum die Kosten senke.
Mit dem Weg in die Cloud sparte sich Thames Water auch den finanziellen Aufwand, sein Netz über ein klassisches Rechenzentrum zu verwalten. „Früher, als man noch eine eigene Infrastruktur aufbauen musste, konnten bis zur Umsetzung neuer Lösungen Monate oder gar Jahre vergehen, so Coombs. Jetzt können wir sehr schnell innerhalb weniger Tage oder Wochen neue Ansätze in der Cloud und neue Analysemethoden testen und sie sehr schnell umsetzen.“
Lessons Learned – 8 Tipps aus der Praxis
Hier einige Tipps für die Bereitstellung eines IoT-Sensorennetzwerks von Coombs und anderen Experten, die bereits Erfahrungen mit diesem Thema gesammelt haben:
1. Vorsicht vor unnötigen Features: Auch wenn keine zwei Sensornetze identisch sind und Unternehmen unterschiedliche Bedürfnisse und Zielsetzungen haben, kann man auf einige grundlegende Regeln zurückgreifen, um die Kosten niedrig zu halten. Eine goldene Regel zur Kosteneffizienz lautet, dass man Technologie wählt, die die aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Projekts erfüllt, ohne Geld für unnötige Features oder Wartung zu verschwenden.
„Wenn Sie sich zum Beispiel für einen PoE-Sensor (Power over Ethernet) anstelle eines batteriebetriebenen Funksensors entscheiden, fallen die Notwendigkeit, Batterien auszuwechseln, und das Problem von WLAN-Störungen weg“, erklärt Morne Erasmus vom Netzinfrastruktur-Spezialisten CommScope. Auf der anderen Seite könne man aber bei einem kurzen Deployment von solchen magnetisch anbringbaren batteriebetriebenen WLAN-Sensoren profitieren, fügt er hinzu.
2. Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten der Sensoren klar definieren: Ein weiterer Fehler, den viele Unternehmen machen, ist es, zu viele verschiedene Arten von Sensor-Nodes in einem Netzwerk zu platzieren, ohne ihre Rollen und Bedürfnisse klar festzulegen. „Einfach nur viel Bandbreite für diese Devices bereitzustellen, ohne irgendwelche Tests vorzunehmen oder ihre Einsatzmöglichkeiten zu kennen, ist eine Verschwendung von Geld und Ressourcen“, erklärt Destiny Bertucci vom Network-Monitoring-Spezialisten SolarWinds. Netzwerk-Admins sollten genau wissen, was sie von einem Sensor brauchen, um das Meiste aus ihm herauszuholen.
3. Test- und Monitoring-Tools nutzen: Ist ein Netz erst einmal im Betrieb, verschwenden viele Unternehmen unnötig Geld, weil sie nicht genau nachmessen, wie viel Bandbreite tatsächlich zu bestimmten Zeiten gebraucht werden. „Hat man eine Idee oder zumindest eine Messbasis des Verbrauchs, kann man besser verstehen, in welchem Ausmaß sich die Erhöhung der Bandbreite auf die Gesamtkosten für den Netzbetrieb auswirkt, so Bertucci.
4. Keine Angst vor Kombinationen: Unternehmen, die wie Thames Water ein großes Sensornetzwerk planen, sollten prüfen, ob sie bereits existierende Komponenten und Services in ihre neue Netzinfrastruktur integrieren können, empfiehlt Matt Leipnik, CEO von der britischen Network-Consulting-Firma Chalk Circle. „Die größten Kosten eines Sensornetzwerks sind die anfängliche physische Bereitstellung von Sensoren, die fortlaufende Wartung und das dazugehörige Management.“
Coombs betont, dass Unternehmen keine Angst davor haben sollte, alte und neue Sensoren sowie proprietäre und offene Protokolle nebeneinander einzusetzen. „Früher war das schaurig, aber heute ist es eigentlich okay“, sagt er. „Binden Sie sie an und siedeln Sie die Standardisierung eine Ebene höher an“, rät Coombs. Die Idee ist, eine optimale Umgebung zu schaffen, um diese Daten zu nutzen, und nicht zu viel über die Standardisierung der individuellen Devices zu grübeln.
5. Sensordaten außerhalb der Stoßzeiten übertragen: Nutzt man Sensoren, die sowohl Befehle empfangen als auch Daten an eine zentrale Verwaltungsstelle übertragen können, kann man Kosten senken, indem man die Datenübertragung flexibler und effizienter macht – beispielsweise, indem man Informationen nur dann sendet, wenn es tatsächlich erforderlich ist. „Die Möglichkeit, Sensornetzwerke in der gleichen Weise zu managen, wie Mobilfunkbetreiber ihr Netzwerk je nach Nachfrage steuern, ist unglaublich wichtig, denn sonst haben Sie Ineffizienzen“, erklärt Ryan Martin, Senior Analyst bei ABI Research.
6. Nur Daten senden, wenn sich etwas ändert: Indem man nur selektiv Daten von einer riesigen Anzahl von Sensoren erfasst, kann man verhindern, dass aus „Big Data“ „gigantische Daten“ werden, „Sammeln Sie die Informationen in Sechs-Sekunden-Intervallen an jeden Tag des Jahres und das nicht nur für eine Anlage, sondern für eine ganze Reihe und weltweit, kann es ziemlich chaotisch werden“, erklärt Martin.
„Die Realität ist, dass nicht alle erfassten Daten braucht, um eine Analyse vorzunehmen“, stimmt Bertucci zu. „Letztendlich stellen Daten an sich nur eine Verschwendung von Zeit, Speicherplatz und IT-Ressourcen dar“, so die SolarWinds-Expertin. Zuviele Monitoring-Ergebnisse führten zu einem Rauschen und die tatsächlich wichtigen Werte gingen verloren.
Um unnötigen Datenverkehr zu reduzieren, sollten Unternehmen den Aufbau von Netzen in Betracht ziehen, die Daten bereits direkt am Sensor voranalysieren, empfiehlt Simon Jordan von Cambridge Consultants. Nur Daten, die sich geändert haben oder sonstwie interessant sind, müssen an das Rechenzentrum oder die Cloud gesendet werden. „Der Fachbegriff ist Edge Intelligence – Intelligenz am Netzwerkrand“, so Jordan. „Dabei werden Sensor, Netzwerk und Analytics als Einheit behandelt.“
Jordan zufolge sollten große Sensornetzwerke als Schichten von Agenten betrachtet werden sollten, die Daten auf Basis von Relevanz filtern und weiterleiten, anstatt nur zwischen Protokollen zu puffern oder zu übersetzen. „Denken Sie an den Unterschied zwischen der Befehlskette einer Armee und einer Poststelle“, sagt er. „Soldaten können vor Ort kleine Entscheidungen treffen und wichtige Informationen an die Kette weiterleiten, während die Post einfach jeden Brief weitergibt“, erklärt er. „Dies verhindert nicht nur die klassische Informationsüberlastung, sondern verringert auch die Belastung auf die Netze.“
7. Kosten und Leistung in Einklang bringen: Beim Aufbau effektiver Sensornetze müssten Unternehmen über Kompromisse bei Kosten und Leistung nachdenken, sowie über die geografische Streuung und die erforderliche Zuverlässigkeit, erklärt Brandon Davito, Vice President Smart Cities & Streetlights bei Silver Spring Networks. „Übliche Vorgehensweise ist, dass man die Netzwerkanforderungen gegen diese verschiedenen Achsen ausrichtet, dann Netzwerkplattformen aussucht, die auf offenen Standards basieren und die Sicherheit und Flexibilität besitzen, um einen Upgrade-Pfad für heute und in Zukunft bieten, da diese Anwendungen mehr und mehr erfolgsentscheiden werden.“
8. Klein anfangen: Unter dem Strich erreichen Unternehmen, die beim Aufbau eines Sensornetzwerks einen „Crawl-Walk-Run“-Ansatz fahren, die größten Kosteneffizienzen, erklärt Mark Benson, CTO vom IoT-Softwareanbieter Exosite. „Der Schlüssel zu einem wirtschaftlichen Sensornetz, das effizient skaliert, sind Organisationen, die klein anfangen, schnell lernen und im Laufe der Zeit wachsen. Dabei konzentrieren sie sich beim Messen auf die Parameter, die eng mit der Suche nach Anomalien verbunden sind und Trends, die sich auf das Geschäft auswirken.“
* John Edwards ist freier Autor und Manfred Bremmer ist Redakteur der Computerwoche.
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