Wie Unternehmen ihren Bewerber-Pool erweitern können

Nicht genügend Interessenten und von denen, die sich bewerben, passt kaum jemand wirklich: Dieses Problem haben heute sehr viele Unternehmen, die neues Personal brauchen. [...]

Foto: MohamedHassan/Pixabay

Wie es sich lösen lässt? „Indem nicht nur die aktiv nach einer Stelle Suchenden in den Blick genommen werden“, sagt Christopher Zauner, Experte für moderne Mitarbeitergewinnung bei der Recruiting Heute GmbH aus Wels. „Es gibt einen riesigen Pool an Kandidatinnen und Kandidaten, die allerdings mit den üblichen Methoden nicht erreicht werden.“

Um die Dimensionen klarzumachen, vergleicht Zauner die Situation mit einem Eisberg: Bei dem sind nur etwa 10 Prozent der Gesamtmasse sichtbar, der Rest befindet sich unter Wasser. Analog dazu würden lediglich 10 Prozent der Personen auf dem Arbeitnehmermarkt aktiv nach einer Stelle suchen.

Nur die lassen sich mit konventionellen Methoden wie Stellenanzeigen online und in den Printmedien erreichen. Um diese Bewerber aber buhlen sehr viele, denn sie sind sichtbar auf Jobportalen, in Online-Stellenbörsen, auf Karriereplattformen und Personalvermittler haben sie in der Kartei.  

70 Prozent aller Personen auf dem Arbeitnehmermarkt bezeichnet Zauner als „passive Bewerberinnen und Bewerber“: 40 Prozent tragen die mit ihrem aktuellen Job Unzufriedenen bei, die aber nicht oder noch nicht aktiv auf der Suche sind. 30 Prozent sind zwar zufrieden am derzeitigen Arbeitsplatz, doch offen für neue Angebote.

Und lediglich 20 Prozent sind tatsächlich gar nicht interessiert an einer neuen Stelle. „An die 40 und die 30 Prozent müssen Unternehmen ran, die bei den aktiven Bewerbern nicht zum Zuge kommen“, sagt Zauner. Manche würden versuchen, die Wettbewerber mit Benefits und Versprechungen auszustehen, „doch das funktioniert selten und ist nicht nachhaltig, wenn es dabei um falsche Versprechen geht“. 

Potenzielle Bewerber dort abholen, wo sie sich aufhalten

Als Alternative empfiehlt Zauner sich auf eben jene zu fokussieren, die nicht die Jobbörsen durchforsten und dennoch eine neue berufliche Herausforderung wollen. Fragt sich nur, wie diese Fokussierung in der Praxis aussehen soll.

Eines ist für Zauner klar: „Auf die übliche Art und Weise wird es nicht gehen. Stattdessen ist digitales Recruiting gefragt.“ Für offene Posten sollte dort geworben werden, wo dies den meisten Menschen auffällt – also zum Beispiel in den Sozialen Medien oder Interessenportalen. Hier gelte es, die Algorithmen solcher Seiten zu nutzen, die es erlauben, nach bestimmten Zielgruppen zu selektieren. So wird die Anzeige bevorzugt bei denen eingeblendet, die sich tatsächlich dafür interessieren könnten.

Auch Plattformen für Kleinanzeigen sind laut Zauner eine gute Option, wenn man Streuverlust vermeiden will. Hier bietet es sich an, gegen Bezahlung in einer Rubrik zu inserieren, die häufig von der Zielgruppe besucht wird. Wer einen Automechaniker sucht, sollte etwa bei „Autoersatzteile“ inserieren.

Zudem kann die Region des Unternehmens ausgewählt werden. Das erlaubt es, für wenig Geld potenzielle Bewerber zu einer Bewerbung zu animieren. Attraktiv sei das vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, meint Zauner.

„Die haben nämlich bei den aktiv Stellensuchenden gegenüber großen Betrieben und Konzernen oft das Nachsehen.“ Wenn sie in der Region auf sich aufmerksam machen, erreichen sie diejenigen, die dort bleiben wollen und dafür auf ein vielleicht woanders höheres Gehalt verzichten. 

Apropos Regionalität: Auch bei den Printanzeigen sind solche, die in lokalen Medien geschaltet werden, besonders gut für die Ansprache passiv Suchender geeignet. Den Umkreis des Unternehmens deckt man zudem mit Inseraten auf den Internetseiten der jeweiligen Stadt ab.

Gerade Menschen, die eine Stelle haben, möchten nicht unbedingt umziehen, sich woanders einen neuen Freundeskreis suchen müssen oder den Partner mit diesen Dingen konfrontieren. „Wer arbeitslos ist, nimmt meist all das in Kauf, aber wer das nicht ist, der wechselt viel eher in der Region“, so Zauners Erfahrung.

Kandidaten nicht überfordern

Weil passive Bewerberinnen und Bewerber nicht bereit sind, allzu viel Zeit zu investieren, sollte die Kontaktaufnahme sehr übersichtlich gestaltet werden. Zauner empfiehlt, im ersten Schritt nur die E-Mail-Adresse, den Namen und Vornamen abzufragen.

Qualifikationen und Persönlichkeitsmerkmale könnten später ermittelt werden – etwa über ein automatisiertes Interview per Chatbot. „Das reduziert den Aufwand für beide Seiten und vermittelt dem Unternehmen dennoch einen ersten Eindruck“, sagt Zauner.

Zudem ermögliche es die Standardisierung, die verschiedenen Bewerber besser zu vergleichen. Besonders gut geeignet seien Fragen, die mit Ja oder Nein oder mit Zahlen – etwa von 1 bis 10 – zu beantworten sind.

Fünf Tipps für das Erreichen passiv Stellensuchender

  1. Machen Sie sich klar, dass sehr viele Beschäftigte mit ihrer aktuellen Stelle unzufrieden sind oder neue Herausforderungen suchen!
  2. Holen Sie die passiv Stellensuchenden dort ab, wo sie sich in ihrer Freizeit gern aufhalten!
  3. Setzen Sie auf Regionalität, also etwa Webpräsenzen Ihrer Stadt oder die regionale Eingrenzung bei Anzeigen auf Sozialen Medien!
  4. Nutzen Sie auch Kleinanzeigen in Ihrer Region und achten Sie dabei auf eine zu Ihrer Zielgruppe passende Rubrik!
  5. Sorgen Sie dafür, dass potenzielle Bewerber wenig Zeitaufwand haben – etwa mit einem automatisierten Interview per Chatbot!


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