Mit einem neuen Release von Windows Azure bietet Microsoft nach Platform- jetzt auch Infrastructure-as-a-Service (IaaS) an. [...]
Damit positioniert sich der Redmonder Konzern auch stärker als direkter Mitbewerber von Amazon Web Services (AWS). Die Windows Azure Infrastructure Services gab es bislang nur als „Preview“; gestern hat Microsoft die allgemeine Verfügbarkeit angekündigt und zugesichert, dass es mit seinen IaaS-Preisen konkurrenzfähig zu Amazons EC2 sein werde.
„Wir gehen direkt ins Herz von Amazons Mainline-Business“, erklärte Bill Hilf, General Manager von Microsofts Cloud-Geschäft. Das neue Windows Azure wollte Hilf allerdings nicht als „Amazon-Killer“ titulieren, stattdessen nannte er AWS „einen Wettbewerber, Partner und Nachbarn“.
Die Preise für Azure IaaS sind übrigens über alle Regionen und Rechenzentren (Microsoft hat davon acht – vier in den USA und je zwei in Europa und Asien) hinweg gleich. Das ist ein Seitenhieb gegen Amazon, das bei AWS noch immer stark auf sein U.S.-East-Rechenzentrum baut, wo viele AWS-Dienste zuerst starten und auch günstiger sind als von anderen Data Centern aus. „Viele Kunden bauen ihre Anwendungen auf sehr seltsame Weise, um diesen Preisvorteil zu nutzen“, wundert sich Hilf. U.S. East war übrigens auch Ausgangspunkt der meisten AWS-Ausfälle im vergangenen guten Jahr.
Ein Problem von Windows Azure war bisher, dass Microsoft seine Cloud zum Start vor drei Jahren als reine Platform-as-a-Service (PaaS) anbot. In der Theorie eine tolle Idee, den Entwicklern nicht zuletzt in Startups gefiel aber AWS besser, wo sie ihre Infrastruktur einfach aufsetzen und abrechnen konnten. Die Wahrnehmung breitete sich dann auch bei größeren Unternehmen oder Abteilungen daraus aus, wohingegen Azure bald nur noch als Entwicklungs- und Deployment-Plattform für altbackene Windows und .NET-Applikationen gesehen wurde.
Ironischerweise könnten es aber gerade die großen Windows-Shops sein, die jetzt Windows Azure richtig zum Fliegen bringen. Firmen können mit der Microsoft-Plattform Windows-Applikationen ziemlich nach Belieben on premises, in der Public Cloud oder irgendwo dazwischen hybrid betreiben. Seit kurzem unterstützt Windows Azure zum Beispiel auch den Verzeichnisdienst Active Directory (AD).
Microsoft kommt aus der „alten“ IT-Welt und will genauso wie zum Beispiel Hewlett-Packard (HP) mit seiner „Converged Cloud“ natürlich auch alte Pfründe so lange wie möglich sichern. „Wir sehen die Welt so, dass einige Dinge in der Public Cloud sein werden, andere aber privat bleiben. Das wird kein Schwarz und Weiß, sondern es gibt dazwischen eine Menge Graustufen“, sagt Saar Gillai, der bei HP das Converged-Cloud-Geschäft leitet. „Unternehmen wollen Azure einfach als einen weiteren Teil ihrer Daten-Infrastruktur ansehen“, ergänzt Microsoft-Manager Hilf.
Amazon übrigens weiß auch um die Enterprise-Realität und versucht seit geraumer Zeit, auch für große Firmenkunden die nötige und erwartete Vertriebs- und Support-Infrastruktur sicherzustellen. Nach Angaben des bei AWS für das Business Development zuständigen Managers Terry Wise wurden dazu unter anderem Experten bei HP, IBM oder Oracle abgeworben und vor rund zwei Jahren ein Channel-Programm für externe Vertriebs- und Support-Partner für AWS aufgesetzt.
Microsoft und Amazon versuchten also beide gleichermaßen, Cloud Computing in Old-School-Firmen voranzutreiben, schreibt dazu „WIRED“ – nur halt aus unterschiedlichen Richtungen.
*Thomas Cloer ist Redakteur unserer Schwesternzeitschrift Computerwoche.
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