Mit dem Erscheinen von Windows Server 2022 stellt sich die Frage nach einer reibungslosen Migration. Lesen Sie, was sie bei Lizenzen und Editionen beachten sollten. [...]
Die schlechte Nachricht vorweg: Microsoft plant zum Februar nächsten Jahres teilweise deutliche Preiserhöhungen beim Windows Server 2022. Insgesamt will der Softwareriese die Preise für Lizenzen um rund zehn Prozent aufstocken. Die Volumenlizenzen sind bereits teurer geworden. OEM-Lizenzen sind bis zum Februar 2022 deutlich günstiger als danach.
OEM-Lizenzen sind technisch nicht eingeschränkt im Vergleich zu Volumenlizenzen. Bei der Aktivierung lässt sich maximal die Anzahl der Lizenzen nutzen, die im Umfang enthalten sind. Key Management Server (KMS) sind bei OEM-Lizenzen nicht verfügbar. Da die Aktivierung nur während der Installation vorgenommen werden muss, spielt das aber keine Rolle.
Windows Server 2022 – die Editionen
Die neue Serverversion erscheint in den Editionen:
- Essentials (für maximal 25 User),
- Standard,
- Datacenter sowie
- in der Datacenter Azure Edition.
Letztere steht nur in Azure und Azure Stack HCI zur Verfügung. Im Gegensatz zu den anderen Editionen unterstützt die Datacenter Azure Edition zum Beispiel Hotpatching, also die Aktualisierung im laufenden Betrieb, ohne dass ein Neustart des Servers nötig wäre. Bei diesem Vorgang werden nur einige Elemente des Servers neu gestartet, was die Nutzer kaum mitbekommen.
Hier deutet sich an, worum es Microsoft mit dem neuen Windows Server auch geht: Im Mittelpunkt des Betriebs stehen Hybrid-Cloud-Netzwerke, in denen lokale Server parallel zu virtuellen Servern in Microsoft Azure zentral verwaltet werden können. Über Azure Stack HCI kann die Azure Edition auch im lokalen Rechenzentrum betrieben werden. Neu in der Azure Edition sind „SMB über Quick UDP Internet Connections (QUIC)“, mit dem ein sicherer Dateizugriff ohne dediziertes VPN möglich werden soll. Außerdem gibt es erweiterte Netzwerkfunktionen. Diese spielen vor allem im Zusammenhang mit hyperkonvergenten Netzwerken eine wichtige Rolle.
Microsoft hat auch bei der unterstützten Hardware einiges optimiert. Windows Server 2022 unterstützt bis zu 48 TB Arbeitsspeicher. Das gilt auch für Windows Server 2022 Essentials und für Datacenter. Insgesamt lassen sich bis zu 64 physische CPUs und 2.048 logische Prozessorkerne mit Windows Server 2022 nutzen – und zwar in allen Editionen. Storage Spaces Direct und unbegrenzte Storage Replica sind nur in der Datacenter-Edition verfügbar, nicht für Standard und Essentials. Alle anderen Funktionen sind identisch.
Neue Versionen, aber auch Bugfixes und Security Updates stellt Microsoft wie bisher über den Long Term Servicing Channel (LTSC) bereit, und zwar bis zum 14. Oktober 2031. Mit diesem Verfahren hatte Microsoft zuletzt gehadert, da die Innovationszyklen in den Betrieben immer kürzer werden und Entwickler sowie DevOps schneller neue Features erwarten. Microsoft erfand deshalb den „Semi-Annual-Channel“ (SAC). Dabei ging es nicht etwa darum, halbjährliche Updates für die Windows-Server-Versionen bereitzustellen, vielmehr wurde eine jeweils neue Windows-Server-Basis (Branches) eingeführt, auf der dann SAC-Updates genutzt werden konnten. Im Gegensatz zu LTSC tragen die SAC-Versionen nicht nur die Jahreszahl der Veröffentlichung im Namen, sondern auch den Monat, zum Beispiel Windows Server 20H2.
Mit dem Windows Server 2022 baut Microsoft nun seinen Support um und stellt die SAC-Releases komplett wieder ein. Kunden können den Azure Stack HCI nutzen, der vergleichbaren Zwecken dient und ebenfalls als Release 20H2 vorliegt. Zudem erhalten existierende SAC-Systeme weiter Support, der jüngste Windows Server 20H2 zum Beispiel bis Oktober 2022. Microsoft möchte erreichen, dass mehr Unternehmen auf die Cloud-Dienste des Unternehmens setzen, also Microsoft Azure, Microsoft 365 und Windows 365. Damit auch lokale Rechenzentren in Zukunft regelmäßig noch von den neuen Funktionen profitieren, steht Azure Stack HCI zur Verfügung. In diese HCI-Lösung fließen Neuerungen ein, die für den Aufbau einer HCI-Infrastruktur wichtig sind, zum Beispiel Verbesserungen im Netzwerkstack und im Storage-Bereich.
Windows Server 2012 und 2016 – Support-Ende mit Folgen
Bei der Migration zu Windows Server 2022 gibt es verschiedene Möglichkeiten. Kunden können vorhandene Server direkt zu Windows Server 2022 migrieren oder neue Server auf neuer Hardware aufsetzen und ihre Daten und Dienste übernehmen. Generell ist die Migration auf vorhandener Hardware am einfachsten.
In-place-Upgrades ermöglichen die direkte Aktualisierung auf einer Hardware, alle installierten Daten und Serveranwendungen werden mitgenommen. Hier ermöglicht Microsoft noch die Migration von Windows Server 2012 zu Windows Server 2022. Ob allerdings die Hardware dann noch die richtige ist, steht auf einem anderen Blatt. Natürlich können die nachfolgenden Windows-Server-Versionen ebenfalls aktualisiert werden. Angesichts des auslaufenden Supports von Windows Server 2012 und der Preiserhöhung ab Februar 2022 sollten Unternehmen hier bald in die Gänge kommen. Dabei ist auch zu beachten, dass der erweiterte Support von Windows Server 2012 und Windows Server 2012 R2 zum 10. Oktober 2023 zu Ende geht. Der Standardsupport für diese Versionen steht bereits seit dem 9. Oktober 2018 nicht mehr zur Verfügung.
Der Mainstream-Support für Windows Server 2016 wird zum 11. Januar 2022 eingestellt. Hier ist es für Unternehmen sinnvoll, die Migration bald zu planen und sich mit den Lizenzbedingungen zu beschäftigen. Bis zum 12. Januar 2027 können Kunden einen erweiterten Support für Windows Server 2016 beziehen. Solange gibt es noch Sicherheitspatches, allerdings werden Migration und Kompatibilität von Windows-Servern nach Ablauf des Mainstream-Supports schwieriger.
Direkte Aktualisierungen sind vor allem für den Betrieb von Virtual Machines (VMs) ideal, da hier die Hardware keine Rolle spielt. Soll physische Hardware erneuert werden, ist es wichtig genau zu prüfen, ob die Hardware mit Windows Server 2022 gut zusammenarbeitet. Bei VMs ist die direkte Aktualisierung ein sinnvoller und gangbarer Weg, der darüber hinaus auch schnell abgeschlossen ist.
Betreiben Anwender Cluster auf Basis von Windows Server 2012/2012 R2 oder 2016, sollten Sie von einer direkten Aktualisierung, genannt Cluster Rolling Upgrade, eher absehen. In den meisten Fällen ist die Hardware dafür nicht geeignet ist. Besser ist es, neue Serverknoten mit Windows Server 2022 in den Cluster zu integrieren und die alten Knoten nach und nach abzulösen. Ist aber der Cluster virtuell, ergibt eine direkte Aktualisierung des Betriebssystems durchaus Sinn.
Windows Server 2022 kaufen – Lizenzierung
Client Access Licenses (CALs) für Windows Server 2022 sind auch für ältere Server mit Windows Server 2012/2012 R2/2016 und 2019 gültig, doch können Anwender umgekehrt nicht CALs der älteren Versionen für das neue Windows Server 2022 verwenden. Auch wenn Kunden nicht direkt auf Windows Server 2022 aktualisieren wollen, gibt es keinen Sinn mehr, alte CALs zu kaufen. Besser ist es, auf neue CALs für Windows Server 2022 zu setzen und die Server anschließend zu Windows Server 2022 zu aktualisieren. Dann haben Kunden gleich die korrekten CALs, ohne weitere Investitionen tätigen zu müssen. Welche Arten von CALs die Unternehmen kaufen, spielt keine Rolle. CALs sind nicht an Vertriebskanäle und Verträge gebunden, sondern an die Version, für die Sie gültig sind.
Die Lizenzierung erfolgt in Windows Server 2022 auf Basis der CPU-Kerne. In Hyper-V werden die logischen Prozessoren lizenziert, da diese das Pendant zu den physischen Prozessorkernen darstellen. Die Editionen Standard und Datacenter decken zwei Prozessorkerne des Hosts beziehungsweise zwei logische CPUs ab. Die erforderliche Mindestanzahl von Betriebssystem-Lizenzen für jeden Server wird durch die Anzahl der physischen Prozessorkerne des Hosts sowie die Anzahl an virtuellen Servern bestimmt, die auf dem Hyper-V-Host installiert sind. Kommen Server mit mehreren Prozessoren zum Einsatz, ist pro Kern-Paar eine Lizenz notwendig, egal welche Edition im Einsatz ist. Hyperthreading wird hier nicht berücksichtigt. Es müssen nur die CPU-Kerne lizenziert werden.
Anwender müssen für jeden Server mindestens 16 Kerne lizenzieren. Setzen Sie einen Dual-Prozessor mit je acht Kernen ein, müssen Sie also acht Lizenzen für diese 16 Kerne erwerben, das gilt auch, wenn der Server nur einen Prozessor mit acht Kernen hat. Für jeden Kern mehr müssen Sie ein Core-Pack kaufen, damit alle Kerne lizenziert sind. Ausnahme ist auch hier ein Server mit einer CPU und zehn Kernen. Hier reicht es aus, Essentials zu lizenzieren, weitere Lizenzen sind nicht nötig.
Diese Lizenzierung spielt auch beim Einsatz von anderen Produkten, vor allem VMware vSphere, eine Rolle. Auch hier müssen Kunden beim Einsatz von Windows Server 2022 die CPU-Kerne lizenzieren, die auf dem Host in Einsatz sind. Es gibt dabei keine Unterschiede zum Betrieb von Hyper-V mit Windows Server 2022. Bei der Virtualisierung von Windows Server 2022 mit VMware vSphere oder anderen Virtualisierungsprodukten spielen die virtuellen Prozessoren keine Rolle, nur die physischen Kerne des Virtualisierungs-Hosts. Die Lizenzierung entspricht hier noch der Vorgehensweise bei Windows Server 2016/2019. In Windows Server 2022 Standard dürfen Kunden pro Lizenz zwei VMs installieren, Windows Server 2022 Datacenter setzt hier kein Limit. Anwender müssen lediglich alle Prozessorkerne des Servers lizenzieren.
Windows Server 2022 Essentials – Besonderheiten
Die drei Editionen Standard, Datacenter und Essentials entscheiden sich zunächst vorrangig bei der Lizenzierung. Es gibt keine technischen Einschränkungen der Editionen. Das heißt, einfach ausgedrückt, mit Windows Server 2022 Essentials ist es auch möglich, ein Cluster zu erstellen. Alle Funktionen aus Windows Server 2022 Datacenter stehen in der Essentials-Edition ebenfalls zur Verfügung. Wenn Kunden einen Server kaufen, der 48 TB RAM unterstützt, und darauf einen Cluster installieren wollen, ist das problemlos möglich. Lizenztechnisch darf der Server aber nur über eine CPU mit maximal zehn Kernen verfügen und es dürfen sich nur 25 Benutzer mit maximal 50 Geräten verbinden. Das macht Migrationen zu Windows Server 2022 extrem flexibel.
Anwender dürfen mit einer Lizenz von Windows Server 2022 Essentials auf dem Server jederzeit einen weiteren virtuellen Server betreiben, wenn Windows Server 2022 als Hyper-V-Host eingesetzt wird. Auch das gibt Flexibilität, da auf diesem Weg kleine Unternehmen problemlos einen Server günstig virtualisieren können. Bisher gab es für die günstige Virtualisierung mit Hyper-V den kostenlosen Hyper-V-Server. Den bietet Microsoft mit Windows Server 2022 aber nicht mehr an.
Nach der Installation von Windows Server 2022 Essentials meldet sich das Betriebssystem als Standard-Edition im Netzwerk. Dabei stehen aber auch alle Funktionen der Standard-Edition zur Verfügung. Das ist neu an Windows Server 2022: Wenn die Lizenzbedingungen, die Microsoft bei Essentials stellt, nicht mehr erfüllt werden können, können Kunden im laufenden Betrieb zur Standard- oder Datacenter-Edition zu wechseln. Windows Server 2022 Essentials ist damit für Unternehmen aller Größenordnungen ein wichtiges Instrument bei der Migration zur neuen Version. Technisch gibt es keine Einschränkungen, lediglich lizenzrechtlich.
Alles was Kunden also brauchen, sind eine Lizenz, ein Produktschlüssel und die entsprechenden CALs. Ohne technische Maßnahmen lässt sich ein Server mit Windows Server 2022 ohne Neuinstallation zur Standard-Edition heraufstufen. Von dort kann wiederum zur DataCenter-Edition gewechselt werden, ebenfalls ohne erneute Installation. Alles, was Kunden dazu brauchen ist neben einer neuen Lizenz mit Produktschlüssel das Tool „dism.exe“, das zu den Bordmitteln von Windows gehört.
Überschreiten Kunden von Windows Server 2022 Essentials die Lizenzgrenze, müssen sie nur die nötigen CALs neu erwerben, um auf die Standard-Edition zu wechseln. Die 25 Lizenzen von Essentials können Sie nicht zur Standard-Lizenz übernehmen, sondern müssen diese neu erwerben.
Windows Server 2022 Essentials gibt es nur als OEM-Version. Allerdings können deutsche Kunden problemlos OEM-Lizenzen auch ohne Hardware erwerben. Die Lizenz ist besonders günstig. CALs sind bei dieser Edition nicht notwendig, es dürfen sich, wie gesagt, maximal 25 Benutzer mit zusammen nicht mehr als 50 Geräten am Server anmelden.
Dabei zählt der Server die aktiven Zugriffe. Ist die Grenze überschritten, sperrt der Server den Zugriff nicht, aber die Kunden müssen in diesem Fall mindestens auf die Standard-Edition wechseln und Calls erwerben. Betriebe dürfen Windows Server 2022 in der Essentials-Edition nur auf Servern mit einer CPU und maximal zehn Kernen installieren. Das reicht für kleine Netzwerke in vielen Fällen aus. Das System kann auch als Host für Remote-Desktop-Sitzungen eingesetzt werden. In diesem Fall müssen Unternehmen aber für die Benutzer RDS-CALs kaufen, andere Lizenzen sind nicht notwendig.
Windows Server 2022-Domänen-Controller (DC) verhalten sich genau identisch wie DC mit Windows Server 2016/2019. Es gibt keine neuen Funktionen und auch keinen neuen Betriebsmodus für Domäne und Gesamtstruktur. Hier bietet sich also durchaus ein In-place-Update an, da die anderen Server von der Migration nicht beeinträchtigt werden.
Windows Server 2022 Essentials führt keine Prüfungen mehr durch. Es dürfen in einem Netzwerk auch mehr Server auf Basis von Windows Server 2022 in Active Directory (AD) zum Einsatz kommen. Wichtig ist, dass es im AD dann nur 25 Benutzer mit maximal 50 PCs gibt, die mit den Essentials-Servern arbeiten. Essentials-Server fahren nicht mehr einfach herunter, wenn es mehre Varianten im Netzwerk gibt.
*Thomas Joos ist freiberuflicher IT-Consultant und seit 20 Jahren in der IT tätig. Er schreibt praxisnahe Fachbücher und veröffentlicht in zahlreichen IT-Publikationen wie TecChannel.de und PC Welt.
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