WKÖ kritisch gegenüber EU-Vorschlägen zu Vertragsrecht im online-Handel

Die Wirtschaftskammer Österreich ist mit den Vorschlägen der Europäischen Kommission nicht gänzlich einverstanden. [...]

Die Europäische Kommission hat heute jeweils einen Richtlinienvorschlag mit vertragsrechtlichen Vorschriften für den Online-Erwerb digitaler Inhalte und einen weiteren Vorschlag für den Verkauf von Sachgütern vorgelegt. „Aus Sicht der Wirtschaft ist ein Rechtsetzungsvorschlag jedenfalls für den Online-Verkauf von Waren nicht erforderlich, hier gibt es bereits harmonisierte Regelungen unter anderem zur Gewährleistung“, betont Rosemarie Schön, Leiterin der Rechtspolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

„Wir sehen Handlungsbedarf in dem Sinne, dass zunächst insbesondere die Wirkung der in wichtigen Bereichen vollharmonisierten Verbraucherrechte-Richtlinie insgesamt und gerade auch für den E-Commerce evaluiert werden soll. Das ist auch die klare Position der europäischen Spitzendachverbände EUROCHMBRES und UEAPME. Dass diese gewichtigen Verbände nicht gehört wurden, kann nur als befremdlich bezeichnet werden“, hebt Schön hervor.

Unternehmen, die Online-Verkäufe tätigen, sehen sich laut der WKÖ derzeit bereits einem dichten, auf EU-Regelungen basierendem Regelungswerk gegenüber – beispielsweise die E-Commerce-Richtlinie, die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln, die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, oder auch die Dienstleistungs-Richtlinie. So sind etwa Informationspflichten der Unternehmen gegenüber Verbrauchern in zahlreichen dieser Richtlinien verstreut geregelt. Für Online-Verträge über Sachgüter gelten europaweit aber insbesondere die mindestharmonisierten Regelungen der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf. Im Unterschied zu Verträgen über digitale Inhalte, für die die Verbrauchsgüterkaufs-Richtlinie nicht gilt, bestehen somit für Sachgüter bereits EU-Regelungen über Abhilfen im Falle von Mängeln.

„Erst vor etwas mehr als einem Jahr hatten sich die Unternehmen auch an die neuen und äußerst komplexen Vorgaben der Verbraucherrechte-Richtlinie anzupassen, die angesichts ihres hohen Verbraucherschutzniveaus für die Unternehmen eine große Herausforderung darstellen“, erläutert Schön. Demnächst werden die Umsetzungsbestimmungen der neuen EU-Regelungen über die außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen (ADR/ODR) praktisch zur Anwendung kommen. „Erklärtes Ziel beider EU-Rechtsakte ist es, den grenzüberschreitenden E-Commerce anzukurbeln, und es wäre wohl sinnvoll, zunächst zu prüfen, wie diese Rechtsakte wirken“, so Schön.

Schön erinnert sich in diesem Zusammenhang an die Diskussionen auf EU-Ebene zur Verbraucherrechte-Richtlinie und dem dort – insbesondere angesichts des vehementen Widerstandes der Wirtschaft letztlich – gestrichenen Kapitel über Gewährleistung. Unter dem Blickwinkel der angestrebten Vollharmonisierung waren vor allem die Mitgliedstaaten bestrebt, ihr jeweils höchstes Verbraucherschutzniveau zu „retten“, was zur Steigerung der Verbraucherrechte in schwindelerregende Höhen geführt hätte. Eine „vernünftige“ Vollharmonisierung des Gewährleistungsrechts konnte laut WKÖ nicht erreicht werden. Eine ähnliche Situation habe auch zum Scheitern des optionalen Europäischen Kaufrechts (CESL) geführt. „Wir werden uns jedenfalls mit allen Kräften gegen weitere Verschärfungen zu Lasten der Unternehmen einsetzen“, so Schön abschließend. (pi)


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