Ein öffentlich auffindbares Excel-Dokument von Xandr, Microsofts Werbeplattform, zeigt: Die Konsumenten werden von Unternehmen in mindestens 650’000 Segmente klassiert. [...]
Die Stiftung Konsumentenschutz hat das Ausmaß von Microsofts Handel mit Kundendaten aufgegriffen. Dass Apps und Webseiten Nutzerinnen und Nutzer auf Schritt und Tritt verfolgen, ist nicht neu. Ein öffentlich zugängliches Excel-Dokument von Xandr, einer Tochterfirma von Microsoft, zeigt jetzt aber den Detailgrad, mit dem digitale Werbetreibende Konsumentinnen und Konsumenten online verfolgen.
Und zwar werden wir von diversen Unternehmen in mindestens 650’000 Segmente klassiert. Die Industrie sortiert Menschen in diese Kategorie, um sie mit gezielter Werbung zu erreichen. Xandr wurde vom Online-Medium netzplitik.org und dem US-Medium «The Markup» kürzlich thematisiert.
Was ist Xandr?
Xandr ist eine Microsoft-Werbeplattform, auf der diverse Firmen Datenhandel betreiben. Xandr verbindet und bedient beide Seiten des Werbe-Ökosystems. Laut Microsofts Webseite verzeichnet Xandr 6,7 Milliarden Impressionen pro Tag und die Werbeplattform wird von über 193’000 Brands weltweit verwendet.
Falls Sie jetzt denken, zu den Werbekunden von Xandr gehören nur internationale Firmen – wie z.B. Netflix -, liegen Sie falsch. Laut Adzine arbeiten in Deutschland zum Beispiel die Medienunternehmen Axel Springer und Burda mit Xandr. Der Schweizer Konsumentenschutz listet zudem auch eine hiesige Bank (findet sich in der Excel-Liste), einen Spitalbetreiber, eine Versicherung und ein großes Telekommunikationsunternehmen auf.
Von Schwangerschaft bis medizinische Diagnose
Wie The Markup und netzplitik.org herausgefunden haben, ist der Umfang und vor allem die Detailtiefe der Datensammlung erschreckend. So schreibt beispielsweise netzpolitik.org: «Hunderte Segmentbezeichnungen deuten auf hochsensible Daten wie Gesundheitsinformationen.
Die Werbetreibenden können aus Kategorien wie Brustkrebs, Blasenkrebs oder Depression wählen. Einige Segmentnamen verweisen sogar auf Besucher:innen einzelner Kliniken.»
Als wäre das nicht schon übel genug, gesellen sich diverse Kategorien, die auf die Religion hinweisen dazu, beispielsweise «muslim» oder «jewish».
Des Weiteren gibt’s solche zur sexuellen Orientierung. Auch politische Segmente können Werbeinteressierte wählen: Wer ist für Donald Trump und wer gegen ihn? Wer ist für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, wer dagegen? Alles sehr sensible und tendenziell problematische Informationen.
Verschaffen Sie sich selbst einen Eindruck
Wenn Sie sich selbst einen Eindruck verschaffen möchten: Auf der Artikelseite von «The Markup» (engl.) können Sie unten bei Pick a Topic die Excel-Resultate filtern, beispielsweise nach Abortion (Schwangerschaftsabbruch), Addict (Süchtige/r), Depression uvm.
Das erwähnte Dokument stammt aus dem Jahr 2021 und kann über diesen Link heruntergeladen werden.
PCtipp rät
Seien Sie spätestens jetzt online so datensparsam wie möglich unterwegs. Verwenden Sie zudem einen Werbeblocker wie uBlock Origin. Für Browser gibt es aber auch nützliche Erweiterungen wie Privacy Badger oder Ghostery (gibts zum Beispiel hier für den Edge-Browser). Eine datenschutzfreundliche Chrome-Alternative ist zum Beispiel der Tor-Browser.
Schauen Sie sich außerdem unsere Bildergalerie zum Europäischen Datenschutztag an, welche 10 simple Tricks für Ihre Daten zusammenfasst.
*Claudia Maag Dosenöffner von Redaktionshund Cody, Städterin, die sich aufs Land wagte, könnte (guten) Kaffee manchmal intravenös brauchen. Ressorts: Wearables, Gadgets, Konsumententipps und Nachhaltigkeit. Schreibe aber auch gerne über Navigations-Features/-Geräte, Smart Home und probiere regelmäßig Apps aus.
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