Zufrieden mit Ihrer Arbeit?

Die Pandemie hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Nicht nur das Wie, Wann und Wo stehen auf dem Prüfstand – Stichwort Homeoffice. Auch der Sinn des Jobs wird zunehmend hinterfragt. Aktuelle Studien liefern interessante Ergebnisse. [...]

Laut einer aktuellen Studie des Capgemini Research Institute sind nur 28 Prozent der Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung mit ihrer Arbeit zufrieden. (c) Unsplash
Laut einer aktuellen Studie des Capgemini Research Institute sind nur 28 Prozent der Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung mit ihrer Arbeit zufrieden. (c) Unsplash

Die Studie People at Work 2022: A Global Workforce View von ADP zeigt, dass Beschäftigten für ihre Arbeit und Mehrarbeit angemessen honoriert werden wollen und dass sich die Unternehmen den Lebensrealitäten anpassen sollten – und nicht umgekehrt. Im Durchschnitt arbeiten etwa die Deutschen fast zehn Stunden in der Woche unentgeltlich und sind damit Spitzenreiter in Europa. Diese Ergebnisse schlagen sich auch in der Angabe von 23 Prozent der Befragten nieder, dass sie zu wenig für ihre Leistung verdienen. 34 Prozent gaben darüber hinaus an, seit Beginn der Pandemie mehr Verantwortung zu tragen, ohne dafür vergütet zu werden. 39 Prozent klagten über mangelnde Weiterbildungsangebote.
Dabei bleibt die Bezahlung wichtigster Faktor bei der Arbeitsplatzwahl: 61 Prozent der Deutschen ist das Gehalt am wichtigsten. 53 Prozent wählten das nächstplatzierte Kriterium: Freude an der Arbeit. Gefolgt von Arbeitssicherheit (46 Prozent), flexible Arbeitszeit (35 Prozent) und Flexibilität bei der Ortswahl (13 Prozent). Das schlägt sich auch auf die Erwartungen nieder: Fast 51 Prozent hoffen auf eine Gehaltserhöhung in den nächsten zwölf Monaten, wobei es hier nicht allein um mehr Geld geht. 63 Prozent können sich vorstellen, gleichzeitig mehr zu arbeiten – mit dieser Bereitschaft nimmt Deutschland einen Spitzenplatz ein.

Beim nördlichen Nachbarn würden knapp 48 Prozent der Arbeitskräfte eine Kündigung in Erwägung ziehen, wenn ihr Arbeitgeber auf eine Rückkehr an den Arbeitsplatz in Vollzeit bestehen würde. Jüngere Arbeitnehmende zögern mehr als die ältere Kollegschaft, in Vollzeit an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren: Mehr als 54 Prozent der 18- bis 24-Jährigen und knapp 49 Prozent der 25- bis 34-Jährigen würden in Betracht ziehen, sich nach einem anderen Arbeitsplatz umzusehen, wenn ihr Arbeitgeber vorschreiben würde, dass sie jeden Tag zur Arbeit erscheinen müssen, verglichen mit 38 Prozent der 45- bis 54-Jährigen.

Auch bei der Arbeitszeit wünschen sich deutsche Mitarbeitende mehr Flexibilität in ihrem Arbeitsleben und sind bereit, dafür Kompromisse einzugehen. Die Umfrage zeigt, dass sich knapp 53 Prozent für mehr Flexibilität bei ihrer Arbeitszeitgestaltung aussprechen, wie zum Beispiel eine Verkürzung der Arbeitszeit auf weniger und dafür längere Tage. Gut die Hälfte der Befragten möchte flexiblere Arbeitszeiten, aber die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden während der Woche. Soweit die Studie People at Work 2022: A Global Workforce View von ADP.

Entscheidend ist, den Mitarbeitenden zuzuhören

Laut einer aktuellen Studie des Capgemini Research Institute (People Experience Advantage: How companies can make life better for their most important) sind nur 28 Prozent der Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung mit ihrer Arbeit zufrieden – im Gegenzug nehmen dies allerdings 80 Prozent der Führungskräfte von ihren Mitarbeitenden an. Zu einem deutlich anderen Ergebnis kommen einzelne Unternehmen. So zum Beispiel Nagarro. Laut Befragung sind bei Nagarro Österreich aktuell 81,4 Prozent aller Beschäftigten mit ihrer Arbeit sehr zufrieden beziehungsweise zufrieden.
Zu den größten Hindernissen für die Mitarbeiterzufriedenheit gehören der Capgemini-Studie zufolge Herausforderungen in den Bereichen Karriere- und Kompetenzentwicklung, das Verhalten von Vorgesetzten und das Verhältnis zu ihnen, Vergütung und Wertschätzung sowie Schwierigkeiten bei der Nutzung und Verfügbarkeit von Daten und Technologien.

Caroline Wanek, Head of Human Resources/Application Services bei Capgemini in Österreich, erklärt dazu: „Unsere Studie zeigt, dass Unternehmen nicht nur ihren traditionellen Talentlebenszyklus überdenken und ihre Mitarbeitenden als ›Konsumenten von Dienstleistungen‹ neu positionieren, sondern auch die gesamte Erfahrung einschließlich der täglichen Arbeit betrachten müssen. Diese alltäglichen Momente – wie das Vertrauen, Aufgaben auch im Homeoffice zuverlässig zu erledigen – sind für eine positive Wahrnehmung wichtiger als einzelne Stationen im Talentlebenszyklus. Den Mitarbeitenden zuzuhören ist dabei das Entscheidende. Eine Kultur zu schaffen, in der sie sich wohlfühlen, und kontinuierliches Lernen zu fördern ist unerlässlich, um die Wahrnehmungslücke zwischen Mitarbeitenden und ihren Führungskräften zu schließen. Technologie kommt eine tragende Rolle zu, wenn es darum geht, eine kollaborativen Arbeitskultur zu schaffen und Mitarbeitende mit den richtigen Werkzeugen auszustatten, die ihnen effektives Arbeiten ermöglichen.“

Ein weiteres interessantes Ergebnis der Capgemini-Studie ist, dass fast drei Viertel der Mitarbeitenden angeben, dass der Purpose der Arbeit (also zu wissen, warum man das tut, was man tut) für sie der wichtigste Aspekt sei. „Sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden die Anforderungen ihrer Arbeit genau kennen und eine klare Vorstellung davon haben, wie sie sich beruflich weiterentwickeln und wachsen können, sind entscheidende Faktoren für die Verbesserung der Mitarbeitererfahrung und -bindung“.

„Purpose over Profit“

Die Formulierung „Purpose over Profit“ sei in den letzten Jahren zum Leitmotiv vieler Unternehmen geworden, so die Studie Purpose & Clarity in der Unternehmenskultur. Wie sinnstiftende Tätigkeiten und klare Unternehmensziele Organisationen zu erfolgreichen Talente-Magneten machen von Great Place to Work. Unterm Strich: Nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher würden mehr Nachhaltigkeit von den Marken erwarten, die sie kaufen. Auch die Arbeitnehmenden und Arbeitssuchenden verlangen nach mehr Sinn im Job.

Um herauszufinden, ob „Purpose over Profit“ dem Realitäts-Check standhält, hat die Harvard Business School (HBS) die umfangreiche Datenbank von Great Place to Work zum Mitarbeiterengagement genutzt und anhand von 450.000 Antworten ein Maß für den Unternehmens-Purpose erstellt. Es ging hier nicht um die Ziele, die das Unternehmen verfolgt, sondern darum, ob diese bei den Mitarbeitenden Anklang finden. „Die Ergebnisse sind überraschend: Denn die Sinnhaftigkeit der Arbeit allein korreliert nicht mit der finanziellen Leistung des Unternehmens. Der Schlüssel zur Entfaltung des Unternehmenspotenzials liegt vielmehr in der Klarheit der Zielsetzung“, so die Studienautoren.

HBS hat zwei Arten von Unternehmen identifiziert, die in diesem Bereich führend sind. „High purpose-camaraderie organizations“ verzeichnen hohe Werte bei Aussagen wie „Wir ziehen hier alle an einem Strang“. „High purpose-clarity organizations“ können hohe Punktzahlen bei Statements wie „Die Führungskräfte machen ihre Erwartungen klar und deutlich“ verbuchen.

„Tatsächlich ergab die Studie, dass Unternehmen, in denen die Mitarbeitenden sinnerfülltes Arbeiten erlebten und zusätzlich der Meinung waren, dass ihre Führungskräfte eine klare Richtung und klare Erwartungen vorgaben, eine um 6,9 Prozent höhere Rendite erzielten als der Aktienmarkt.“
Die Untersuchung ergab auch, dass nicht die Top-Führungskräfte die größte Rolle spielen, sondern mittlere Führungskräfte und Fachkräfte. Wenn diese beiden Gruppen Sinn und Klarheit erfahren, würde die finanzielle Leistung der Unternehmen stärker ansteigen.

„Diese Erkenntnis unterstreicht, wie wichtig es ist, eine effektive mittlere Führungsebene in den Unternehmen zu fördern: Nur Managerinnen und Manager, die die Vision des Unternehmens leben und dementsprechend täglich die richtigen Entscheidungen treffen, können es in die erfolgsversprechende Richtung lenken“, so die Great Place to Work-Studie.

Nachhaltige Unternehmenspolitik

Wie sehr wird oben genanntes Credo in österreichischen Unternehmen gelebt? „84 Prozent der befragten Mitarbeitenden bestätigen, dass ihre Führungskräfte ihre Erwartungen klar und deutlich kommunizieren. ›Österreichs Beste Arbeitgeber‹ sind hier ihrem Wettbewerb in allen Bereichen um Längen voraus.“ Und: „In Österreichs Durchschnittsunternehmen liegen die Zustimmungswerte im Mittel 30 Prozent unter den Werten der ›Besten Arbeitgeber‹. Somit wird in einem durchschnittlichen österreichischen Betrieb hinsichtlich der Dimensionen Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist nicht einmal die Hälfte der Belegschaft erreicht.“ Das Resümee der Studie: „Nicht zuletzt die krisenreichen letzten Jahre haben uns darauf aufmerksam gemacht, Glück und Sinn in unserem Leben zu priorisieren. Vor allem Betriebe, die junge Talente für ihr Unternehmen gewinnen wollen, müssen einiges beachten: Eine positive Arbeitsplatzkultur wird als Grundvoraussetzung angesehen. Der Arbeitgeber muss aktiv Angebote in Richtung Work-Life-Balance setzen. Flexibilität, zeitlich und örtlich, wird immer mehr zum State of the Art. Schulungs- und Entwicklungsmöglichkeiten müssen vermehrt angeboten werden, da es ansonsten schwierig wird, die besten Mitarbeitenden auch langfristig zu halten. Neben einem großzügig bemessenen Gehalt werden attraktive Zusatzleistungen erwartet.“ Doris Palz, Managing Director Great Place to Work Österreich: „Nachhaltige Unternehmenspolitik ist gefragt – von Menschen und seitens der Gesetzgebung. Nur wenn den weitschweifigen Ankündigungen jetzt konkrete Taten folgen, kann die Lebensqualität auf diesem Planenten auch für künftige Generationen bewahrt werden.“


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