Immer mehr Selbstständige der Bundeshauptstadt würden gegen ihren Willen von der Wiener Gebietskrankenkasse in ein Dienstverhältnis gedrängt, beklagt die Fachgruppe UBIT. [...]
Diese Umwandlung des Dienstverhältnisses ist auch bis zu fünf Jahre rückwirkend möglich. Geschieht das, können dem Auftraggeber die Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge der vergangenen fünf Jahre vorgeschrieben werden. Nicht ausschließlich, aber besonders oft betroffen sind der WKÖ-Fachgruppe Unternehmensberater, IT-Dienstleister und Buchhalter (UBIT) zufolge wissensbasierte Dienstleister, wie zum Beispiel in der IT-Branche, wo häufig auf Werkvertragsbasis gearbeitet wird. Laut Gallup-Umfrage schätzen aber gerade die zahlreichen EPUs der IT-Branche die Freiheit, die ihnen die Selbstständigkeit bietet. Diese freien Selbstständigen von Seiten der WGKK in ein Angestelltenverhältnis zu drängen, hemme die IT-Wirtschaft an sich sowie die EPUs im speziellen, warnt die UBIT in einer Aussendung.
Derzeit kommt es laut der Fachgruppe durch die Wiener Gebietskrankenkasse vermehrt zu Prüfungen von freien Dienstnehmern, mit dem Ergebnis, dass viele Werkverträge angeblich Dienstverträge seien. Die von der WGKK rückwirkend eingeforderten Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge belaufen sich schnell auf 100.000 Euro – zusätzlich zu den ohnehin zu leistenden Sozialabgaben an die SVA, die bereits von dem Auftragnehmer abgeführt wurden. Das gefährdet der UBIT zufolge einerseits das Unternehmen des Auftraggebers, das zusätzliche Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zu bezahlen hat, und verhindert andererseits weitere Aufträge für den freien Dienstleister, was letztlich dem gesamten Wirtschaftsstandort schadet.
ÜBERHOLTE AUSLEGUNG
„Natürlich gibt es in einigen Branchen tatsächlich Fälle, wo einzelne Personen eigentlich in einem Dienstverhältnis stehen müssten. Gänzlich anders verhält es sich aber in der modernen Arbeitswelt der wissensbasierten Dienstleister. Die Auslegung von Werkverträgen ist in diesem Zusammenhang überholt und muss überarbeitet werden“, erklärt Robert Bodenstein, Obmann der Fachgruppe UBIT Wien. „Wir fordern daher klare gesetzliche Rahmenbedingungen, die auch auf die Bedürfnisse der modernen Arbeitswelt Rücksicht nehmen. Wer im Bereich der wissensbasierten Dienstleister tätig ist und einen Gewerbeschein hat, soll auch selbst entscheiden können, in welchem Vertragsverhältnis er arbeitet. Das Lösen eines Gewerbescheines setzt eine bewusste Handlung voraus, die den Unternehmer dazu berechtigt, uneingeschränkt unternehmerisch tätig zu sein und auch selbst Dienstnehmer anzustellen. Der Grund, warum der gleiche Unternehmer aber nicht über sich selbst bestimmen darf, ist nicht nachvollziehbar“, so Bodenstein.
Wie eine Gallup-Umfrage unter UBIT-Mitgliedern ergeben hat, wollen 94 Prozent aller Selbstständigen in den Bereichen IT, Unternehmensberatung und Buchhaltung nichts von ihrer Unabhängigkeit einbüßen. Ihnen ist es wichtig, auch weiterhin von den Vorteilen des freien Unternehmertums, wie etwa flexibleren Arbeitszeiten, zu profitieren. „Fakt ist, die freien Dienstnehmer stehen zur ihrer frei gewählten Selbständigkeit und wünschen sich keine Bevormundung von staatlicher Seite. Dazu gehört auch die freie Wahl des Vertragsverhältnisses“, sagt Bodenstein.
Auch die Auftraggeber der freien Selbstständigen sind mit der Situation unzufrieden. „Ich wünsche mir Chancengleichheit. Die derzeitige Lösung wird gerade bei uns als IT-Dienstleister zu einem echten Wettbewerbsnachteil“, sagt Hans Schmit, CEO vom Softwarehaus ANECON. Davon betroffen seien nicht nur einzelne Unternehmen, sondern die gesamte österreichische IT-Landschaft. Gleichzeitig wachse der Konkurrenzdruck aus Ländern wie beispielsweise Polen, Weißrussland oder Indien. „Gerade in der hochspezialisierten IT-Branche sind freie Dienstnehmer in der Regel teurer als Angestellte. Daher ist hier weder von Auftraggeber- noch von Auftragnehmerseite von einem Missbrauch der Selbständigkeit auszugehen“, so Schmit weiter. (pi)
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