Zwei Millionen Phishing-Angriffe über HTML-Dateien

Immer mehr Phishing-Mails werden mit Anhängen im HTML-Format verschickt. Das beobachten Cybersecurity-Experten von Kaspersky. [...]

Quelle: pixabay.com

Experten des IT-Security-Spezialisten Kaspersky warnen vor der wachsenden Bedrohung durch Phishing-E-Mails mit HTML-Dateien. Von Januar bis April 2022 blockierte Kaspersky fast zwei Millionen Phishing-E-Mails mit solchen Anhängen. Die Verwendung von HTML-Dateien in Phishing-Nachrichten ist bei Betrügern einer der neuesten und beliebtesten Tricks. Normalerweise werden solche Links von Anti-Spam-Engines oder Antiviren-Software leicht erkannt, aber die Verwendung von HTML-Anhängen hat es den Cyberkriminellen ermöglicht, deren Entdeckung zu vermeiden.

Viele Nutzer sind sich nämlich nach wie vor nicht bewusst, dass Dateien in Phishing-E-Mails unsicher sein können. Dadurch öffnen sie häufig ahnungslos schädliche HTML-Anhänge. Das ist auch kein Wunder, denn die Cyberkriminellen gestalten diese HTML-Anhänge so, dass sie wie die Seiten einer offiziellen Unternehmens-Website aussehen.

Sie zielen auf die Nutzer dieser offiziellen Seiten ab und kopieren deren Stil, Bilder, Skripte und andere Multimedia-Komponenten, um ihre Opfer zur Eingabe sensibler Daten in das Phishing-Formular zu verleiten.

Herangehensweisen des HTML-Phishings

Wie Kaspersky aufklärt, gibt es zwei Haupttypen von HTML-Anhängen, die von Cyberkriminellen verwendet werden: HTML-Dateien mit einem Phishing-Link oder ganze schädliche Webseiten. Im ersten Fall verschicken die Angreifer eine HTML-Datei mit Text, der angeblich wichtige Daten enthält, etwa die Benachrichtigung einer Bank über einen großen Überweisungsversuch.

Der Nutzer wird dazu aufgefordert, auf einen Link zur Website der Bank zu klicken, um die Transaktion zu stoppen, wird aber stattdessen zu einer Phishing-Seite geleitet. In einigen Fällen muss das Opfer nicht einmal auf den Link klicken. Wenn der Nutzer versucht, den HTML-Anhang zu öffnen, wird er automatisch auf eine schädliche Website umgeleitet. Auf dieser Seite werden die Opfer aufgefordert, ein Dateneingabeformular auszufüllen, um geschäftsbezogene Dateien zu überprüfen, ihr Bankkonto zu schützen oder sogar eine staatliche Zahlung zu erhalten. Erst später erfährt das Opfer, dass ihm seine persönlichen Daten und Bankverbindungen gestohlen wurden.

Die zweite Art von HTML-Anhängen sind ganze Phishing-Seiten. Diese Dateien ermöglichen es Cyberkriminellen, Hosting-Gebühren zu sparen und Websites zu vermeiden, da Phishing-Formular und Skript zur Datenerfassung vollständig im Anhang enthalten sind. Als Phishing-Site kann die HTML-Datei auch personalisiert werden, je nach Ziel und Angriffsvektor, mit dem das Vertrauen des Opfers gewonnen werden soll. So könnte ein Betrüger beispielsweise eine Phishing-E-Mail an die Mitarbeiter eines Unternehmens versenden, die den Anschein erweckt, dass es sich um eine Aufforderung zur Überprüfung eines Vertrags handelt, in Wirklichkeit aber eine schädliche HTML-Datei ist.

Solche Anhänge weisen alle visuellen Attribute des Unternehmens auf: Logo, CI und sogar den Namen des Chefs als Absender. In der Datei wird das Opfer aufgefordert, seine Login-Daten für sein Firmenkonto einzugeben, um auf das Dokument zuzugreifen. Diese Daten fallen dann direkt in die Hände der Cyberkriminellen, die diese Informationen nutzen können, um in das Unternehmensnetzwerk einzudringen.

Cyberkriminelle nutzen neue Taktiken zum Phishing-Erfolg

Da moderne Sicherheitslösungen bereits E-Mails blockieren können, die HTML-Anhänge mit schädlichen Skripten oder Phishing-Links im Klartext enthalten, wenden Cyberkriminelle jetzt andere Taktiken an, um eine Blockierung zu vermeiden. So verzerren die Betrüger oft den Phishing-Link oder die gesamte HTML-Datei mit verworrenem oder unbrauchbarem Code. Obwohl dieser Code-Müll und unzusammenhängende Texte nicht auf dem Bildschirm des Benutzers erscheinen, erschwert er es den Anti-Spam-Maschinen, die E-Mail zu erkennen und daraufhin zu sperren.

«Cyberkriminelle nutzen geschickt getarnte Anfragen nach Anmeldedaten, um ahnungslose Opfer zur Eingabe ihrer Nutzernamen und Kennwörter zu verleiten», erklärt Roman Dedenok, Sicherheitsforscher bei Kaspersky. «Jedes Jahr blockieren wir Millionen von Phishing-Seiten und wir erwarten, dass diese Zahl noch steigen wird.

Cyberkriminelle haben eine komplexe und fortschrittliche Infrastruktur geschaffen, die es selbst unerfahrenen Betrügern ermöglicht, Tausende von Phishing-Seiten mit vorgefertigten Vorlagen zu erstellen und damit ein breites Spektrum von Nutzern zu erreichen. Da nun jeder Amateur in der Lage ist, seine eigene Phishing-Seite zu erstellen, ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Links aus einer E-Mail oder einem Messaging-Dienst zu öffnen.»

Tipps zum Schutz vor Phishing-Angriffen

Die Experten von Kaspersky warnen nicht nur vor mehr Phishing-Aktivität mit HTML-Dateien. Sie geben auch Tipps, um sich vor Attacken zu schützen. Diese sind:

  • Bevor auf Links geklickt wird, sollte jeder davon genau überprüft werden. Bewegt man den Mauszeiger über den Link, erhält man eine Vorschau der URL und die Möglichkeit, auf Rechtschreibfehler oder andere Unregelmäßigkeiten zu achten.
  • Nutzername und Passwort sollten nur über eine sichere Verbindung eingegeben werden. Zusätzlich ist auf das HTTPS-Präfix vor der URL der Website zu achten. Dieses zeigt an, ob die Verbindung zur Website sicher ist.
  • Selbst wenn eine Nachricht oder ein Brief von einem der besten Freunde zu stammen scheint, könnte dessen Konto gehackt worden sein. Deshalb sollten Anwender in allen Situationen Vorsicht walten lassen und alle Links und Anhänge, auch wenn sie von einer vertrauenswürdigen Quelle zu stammen scheinen, überprüfen.
  • Es sollte besonders auf Nachrichten, die von offiziellen Organisationen wie etwa Banken, Steuerbehörden, Online-Shops, Reisebüros, Fluggesellschaften zu stammen scheinen, geachtet werden. Sogar interne Nachrichten aus dem eigenen Unternehmen sind mit Vorsicht zu behandeln. Es ist für Kriminelle nicht schwer, eine gefälschte E-Mail zu fabrizieren, die legitim aussieht.
  • Es sollte vermieden werden, unerwartete Dateien zu öffnen, die von Online-Gaming-Freunden oder anderen Online-Freunden geschickt werden. Sie können Ransomware oder sogar Spyware enthalten, ebenso wie Anhänge von offiziell aussehenden E-Mails.
  • Mitarbeitern sollte ein grundlegendes Cybersicherheitstraining angeboten werden. Übungen mit simulierten Phishing-Angriffen stellen sicher, dass die Belegschaft weiß, wie sie Phishing-E-Mails von echten E-Mails unterscheiden kann. Falls der Cloud-Dienst Microsoft 365 genutzt wird, muss auch dieser geschützt werden.

* Jens Stark ist Autor bei COM!professional und PCtipp.ch


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