Im Interview mit der COMPUTERWELT spricht die seit einem halben Jahr aktive UBIT-Tirol Obfrau Sybille Regensberger über den digitalen Reifegrad der Tiroler Unternehmen, sowie die Herausforderungen der DSGVO und die Maßnahmen ihres Fachverbands. [...]
Sie sind seit 15. Jänner Obfrau der UBIT Tirol. Auf welche Schwerpunkte wollen Sie sich fokussieren?
Die Fachgruppe UBIT umfasst ein breites Spektrum, das nach außen hin sehr unterschiedlich anmutet, jedoch in einem Punkt alle eint: die Dienstleistung. Diese Konvergenz der Berufe spiegelt sich auch darin, dass alle sich gegenseitig brauchen: der Buchhalter braucht eine funktionierende IT und der Informationstechnologe wie auch jeder andere Unternehmer braucht eine Buchhaltung. Aber natürlich sprechen diese unterschiedlichen Berufe auch verschiedene Sprachen. Schon jede Berufsgruppe ist in sich inhomogen, da gibt es im Bereich der IT viele verschiedene Berufsbilder vom Softwareentwickler über den Netzwerktechniker bis hin zum kreativen Websitegestalter, bei den Unternehmensberatern vom Mediator oder Personalberater bis zum Controller die unterschiedlichsten Bereiche. Unsere Mitglieder bieten also ein schönes und breites Spektrum an wissensbasierter Dienstleistung, und jeder für sich hat andere Bedürfnisse.
Wo sehen Sie bei Ihren Mitgliedern den größten Handlungsbedarf?
Die Servicierung der Mitglieder ist mir ein großes Anliegen. Jedes Mitglied soll merken, was es für seine jährliche Kammerumlage in der Höhe von etwa hundert Euro bekommt. Auch möchten wir näher zusammenrücken, mit den Berufsgruppen mehr gemeinsam machen. Als ersten Schritt werden wir in Kürze die Einladung zu einem Strategietag an unsere Mitglieder aussprechen. Frei nach dem Motto ‚Beim Reden kommen die Leute zusammen‘ sollen hier die Sorgen und Probleme der Unternehmer und Unternehmerinnen aufgegriffen und dann in weiterer Folge deren Interessen vorangetrieben werden.
Die mehr als 4.800 Mitglieder der UBIT erwirtschaften mehr als 380 Millionen Euro Bruttowertschöpfung. Die UBIT zählt damit zu den größten Fachgruppen der Wirtschaftskammer Tirol. Mein langfristiges Ziel und Anliegen ist es selbstverständlich, die berufsrelevante Rahmenbedingungen zu optimieren und dem Markt die Leistungen der Berufsgruppen zu kommunizieren. Was die Mitglieder angeht, müssen ihre Bedürfnisse gehört und wahrgenommen werden. Darauf abgestimmt, muss dann die entsprechende Hilfestellung geleistet werden.
Wie weit ist die digitale Transformation bei Ihren Mitglieder gediehen?
Die digitale Transformation betrifft alle Berufsgruppen der UBIT. Bei der IT ist diese erwartungsgemäß sehr hoch. Aber auch bei der Buchhaltung – Stichwort papierlose Buchhaltung – oder der Unternehmensberatung gibt es einiges an Aktivitäten im Bereich digitaler Geschäftsprozesse zu tun.
In den letzten zwei Jahren war die große Herausforderung, digitale Transformation und DSGVO bei den verschiedenen Prozessen zu implementieren. Jetzt gilt es die Digitalisierung betrieblicher Prozesse voranzutreiben und Bewusstsein für die Brisanz des Themas zu schaffen. Deshalb setzen die Wirtschaftskammer Tirol und der Fachgruppe UBIT verstärkt Maßnahmen, um Unternehmen dabei zu unterstützen. In Tirol ist im Rahmen der Digitalisierungsoffensive des Landes die Initiative digital.tirol entstanden. Wir unterstützen diese Initiative gemeinsam mit der Industriellenvereinigung Tirol, Lebensraum 4.0, Standortagentur Tirol und der Wirtschaftskammer Tirol. Zudem setzen wir seitens der Fachgruppe UBIT weiterhin auf Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für das Thema, damit die Chancen entsprechend wahrgenommen werden.
Wie sieht die Situation ein Jahr nach dem Inkrafttreten der DSGVO in Tirol aus? Welche Unterstützung bieten Sie Ihren Mitgliedern?
Die Fachgruppe hat wie auch die Wirtschaftskammer Tirol auf das Thema DSGVO in den letzten zwei Jahren größtes Augenmerk gelegt. Wir waren in Form von Beratungen, Schulungen und Informationsveranstaltungen sehr aktiv. Unsere Mitglieder haben diese Unterstützung sehr gerne angenommen und ich glaube, dass wir unseren Teil zur erfolgreichen Implementierung der DSGVO in den einzelnen Tiroler Unternehmen durch unsere Unterstützung beigetragen haben. Den Rückmeldungen der letzten zwölf Monate zu entnehmen, wurde die DSGVO überall entsprechend qualitativ umgesetzt.
Wie groß ist der Fachkräftemangel in Tirol?
Der Fachkräftemange im IT-Bereich ist auch in Tirol besonders hoch. Gemeinsam mit der Politik haben wir einige Maßnahmen und Projekte ins Leben gerufen, die dem IT-Fachkräftemangel entgegnet.
„Tirol stehen 100 Millionen Euro zur Verfügung, um das Land fit für die Digitalisierung zu machen“
Sybille Regensburger, UBIT Tirol
Das Land Tirol hat 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Tirol fit für die Digitalisierung zu machen. Nun geht es darum, auch das Bildungssystem den neuen Realitäten anzupassen. Mit einem Laptop oder Tablet für alle ist es leider nicht getan.
Vor allem in die Software muss entsprechend investiert werden. Ein grundlegendes Verständnis von Informatik ist in Zeiten wie diesen unabdingbar. Dazu gehört auch die Herausbildung einer Digital Awareness. Neben Grundkenntnissen in Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen müssen auch die Computerkenntnisse entsprechend gefördert werden.
Die Aktion ‚Coding for Kids‘ in Tirol, die IT Sommerakademie sowie der IT-Lehrstuhl sind nur einige Aktivitäten, die die Fachgruppe – teilweise alleine und teilweise mit Partnern – forciert. Das Feedback auf all diese Aktivitäten ist sehr positiv und zeigt, dass wir mit diesen Aktivitäten richtig liegen. Wir evaluieren all unsere Aktivitäten laufend und bessern anhand der Rückmeldungen unser Angebot entsprechend nach.
Wie entwickeln sich die Veranstaltungen und Initiativen der UBIT in Tirol?
Ein für die Branche wichtiger Treffpunkt ist der IT-Day, den die Fachgruppe vor mehr als 10 Jahren ins Leben gerufen hat. Dieses Jahr wurde der IT-Day neu ausgerichtet und mit Erfolgsgeschichten Tiroler IT-Unternehmen ergänzt. Ziel des IT-Day ist in erster Linie die bessere Vernetzung der Tiroler IT-Branche sowie relevante IT-Themen nach Tirol zu holen. Digitalisierung und Blockchain war das beherrschende Thema beim diesjährigen IT-Day. Mit Prof. Rudolf Bayer von der TU München erhielten wir Informationen aus erster Hand, wie Weiterentwicklung der revolutionären Blockchain unsere Welt binnen kürzester Zeit verändern wird.
Mit dem Maßnahmenpaket Digitale. Agenda. Tirol. legt die Tiroler Wirtschaft die für eine nachhaltige wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Tirols. Digitalisierung bringt Menschen nach Tirol, wie der E-Tourismus zeigt. Digitalisierung ist nicht zuletzt auch die Wiederentdeckung gewerblicher Tugenden. Mittels digitaler Geschäftsmodelle können Tirols Betriebe Märkte erschließen, die bisher nur den großen Konzernen zugänglich waren. Digitalisierung braucht eine qualifizierte Digitalwirtschaft, die ihre Verantwortung wahrnimmt. Tirols mehr als 2.000 IT-Firmen helfen dabei, eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung einzunehmen, um in enger Zusammenarbeit aller konstruktiven Kräfte das Gelingen der großen digitalen Transformation zu ermöglichen und die Digitale. Agenda. Tirol. zum Erfolgsrezept werden zu lassen.
Profitiert Tirol auch von Maßnahmen des Bundes?
Auch seitens des Bundes wurden mit der Schaffung von neuen Ausbildungsberufen wie Anwendungsprogrammierer/Coder schon gute Impulse gesetzt. Die Umsetzung des vom Fachverband UBIT ausgearbeiteten digiNATION-Masterplans sollte rasch folgen. Damit können wir gemeinsam dem Fachkräftemangel im IT-Bereich entgegentreten und Österreich als innovativen Standort nach vorne bringen. Der Masterplan setzt unter anderem darauf, das Thema IT fester im Bildungsweg von Kindern bis zur Matura zu verankern.
„Die heranwachsende und die kommenden Generationen müssen die Bildung im IT-Bereich quasi mit der Muttermilch aufsaugen.“
Sybille Regenberger, UBIT Tirol
Wie kann das realisiert werden?
Schon ab dem Kindergarten und der Volksschule sollen sich Kinder in einer verpflichtenden Stunde beziehungsweise in einem ordentlichen Unterrichtsfach mit der digitalen Welt befassen. Die heranwachsende und die kommenden Generationen müssen die Bildung im IT-Bereich quasi mit der Muttermilch aufsaugen. Ein transparentes Studierendenleitsystem für Universitäten und Fachhochschulen ist ebenso von größter Bedeutung. IKT-Studienplätze sollen zudem deutlich ausgeweitet und Zugangsbeschränkungen durch mehr Budgets vermieden werden. Studierende sollen besser verteilt werden, sodass vorhandene Kapazitäten bestmöglich genützt werden. Dazu wäre es hilfreich, wenn das Studierendenleitsystem unterjährig den Wechsel von einer Uni auf eine andere zuließe.
Ungeachtet der Maßnahmen seitens der Politik kann auch das jeweilige Unternehmen viel zur Lösung des Fachkräftemangels beisteuern, indem entsprechende Fachkräfte im Betrieb ausgebildet werden.
Tirols Unternehmen schneiden auch beim Constantinus Award traditionell gut ab. Wie würden Sie die Wirkung dieses Awards für die Unternehmen beschreiben?
Beim diesjährigen Constantinus-Award hat die Tiroler Frickconsult GmbH den dritten Platz in der Kategorie Management Consulting errungen. Die Bedeutung des Preises für Markttransparenz und Marktchancen sind exorbitant. Der Constantinus-Award ist sozusagen der `Beratungs-Oscar´ der Branche und bringt die ausgezeichnete Qualität der Beraterinnen und Berater in Tirol zum Glänzen. Die exzellente Öffentlichkeitsarbeit dazu stellt Unternehmer und Kunde geradezu ins Scheinwerferlicht. Das stärkt ihre Position im Wettbewerb und motiviert mehr Unternehmen dazu, ihre Leistungen zu nutzen.
Wie beurteilen Sie das diesbezügliche Potenzial der Tiroler Unternehmen?
Wie sich zeigt, nehmen immer mehr Unternehmen Beratungs-Knowhow in Anspruch, um ihre Performance in wirtschaftlich schlechten Zeiten zu sichern. Erfolgsentscheidend ist dabei angesichts des steigenden Wettbewerbs die Qualität der Beratungs- und IT-Leistungen.
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