3M mit Standorten in Wien und Villach setzt aktuell ein neues Arbeitsmodell »Work your Way« in der Dachregion um. Die Mitarbeiter sollen dadurch mehr Freiheiten in der Gestaltung ihres Berufslebens erhalten und zwischen mehreren Modellen wählen können. Was es damit auf sich hat, erklärt Carmen Greider, Geschäftsführerin von 3M in Österreich, im IT WELT.at-Interview. [...]
3M hat heuer das Arbeitsmodell „Work Your Way“ auch in europäischen Niederlassungen eingeführt. Können Sie das Modell näher erklären?
Wir haben das Konzept „Work Your Way“ im Mai 2022 eingeführt, um damit die Vorteile aus zwei Welten zu vereinen: Remotearbeit und Präsenz vor Ort. Wir bieten unseren Mitarbeitenden außerhalb der Produktion langfristig zeitliche sowie örtliche Flexibilität, denn sie können zwischen drei Varianten wählen: Mainly On-Site (über 80 Prozent am Standort), Hybrid (zwischen 80 und 20 Prozent Präsenz) & Remote (weitgehend ohne Präsenz). Unsere Büroflächen werden damit vor allem zu Begegnungsstätten für Workshops, Vernetzung, Austausch und Kreativität.
Warum wurde dieses Modell entwickelt? Wurde es von den Mitarbeitern gefordert?
Wir haben Work Your Way konsequent auf Basis der Wünsche unserer Mitarbeitenden entwickelt. Dabei kamen uns auch unsere Erfahrungen während der Pandemie zugute. Durch das Auslaufen der pandemiebedingten Home-Office-Regelungen hatten wir die Chance, unsere Arbeitsrealität neu zu gestalten. Und natürlich ermöglicht die fortschreitende Digitalisierung neue Formen der Zusammenarbeit. Umfragen haben ergeben, dass unsere Mitarbeitenden von einem modernen Arbeitgeber Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten und -orte erwarten. Innovation steht bei 3M an oberster Stelle – mit Blick auf die Produkte, aber auch auf die Art, wie wir arbeiten. Gleichzeitig setzen wir auf Eigenverantwortung und -initiative unserer Teams. Work Your Way ermöglicht uns, diese Werte noch stärker zu leben und in unserer Kultur zu verankern.
Wie wurde bzw. wird es von den Mitarbeitern angenommen?
Die Resonanz, die wir erhalten, ist sehr positiv. In Österreich arbeiten 20 Prozent unserer Mitarbeitenden überwiegend vor Ort, 44 Prozent Hybrid und 36 Prozent Remote. Die Büros sind damit etwa zu 20 Prozent belegt.
Welche Vorteile bringt es den Mitarbeitern und welche dem Unternehmen?
Work Your Way unterstreicht die Werte unserer Firmenkultur und kommt gleichzeitig den Wünschen der Mitarbeitenden entgegen. Sie sparen Pendelzeit ein, können Beruf und Familie besser vereinbaren oder Hobbies und ehrenamtliches Engagement einfacher in ihren Alltag integrieren. Dadurch steigt die Zufriedenheit, was sich natürlich wiederum positiv auf 3M als Arbeitgebermarke auszahlt – es ist also eine Win-Win-Situation.
Speziell für uns in Österreich hat sich auch die internationale Teilhabe verbessert. Unsere Standorte sind kleiner als der europäische Durchschnitt, Teams oft länderübergreifend zusammengestellt. Durch unseren konsequenten Remote-First-Ansatz sind unsere österreichischen Mitarbeitenden nun noch besser in standortübergreifende, internationale Teams integriert, denn meist wählen sich alle Meetingteilnehmer virtuell ein – dies ist keine Ausnahme mehr.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, seitdem das Modell eingeführt wurde?
Klassische Labor- und Büroarbeitszeiten gibt es kaum noch. Natürlich gibt es Servicezeiten, zum Beispiel für den Kundenservice, oder manche Tätigkeiten können nur im Labor ausgeführt werden. Die Anwesenheit am Firmenstandort wird aber primär durch die Mitarbeitenden selbst gesteuert. Unsere Teams sind unisono sehr von der Flexibilität angetan, die sie von 3M erhalten.
Hat das neue Modell Auswirkung auf die Produktivität der Mitarbeiter bzw des Unternehmens? Kann man das auch messen?
Die Erfolgsmessung erfolgt anhand individueller Ziele und regelmäßigem Austausch mit der Führungskraft, nicht durch die Einhaltung starrer Regeln. Wenn Teams über mehrere Standorte und Zeitzonen hinweg zusammenarbeiten, kann das remote und flexibel sogar deutlich produktiver sein als mit starren Arbeitszeiten. Mitarbeitende können ihre Arbeitsumgebung mit Work Your Way auch besser auf ihre Tätigkeiten abstimmen: Kreativer Austausch gemeinsam im Büro, konzentriertes Arbeiten zu Hause. Auch das kann die Produktivität fördern. Wir werden die Entwicklung dazu im Blick behalten, für Langzeitbewertungen ist es aktuell noch zu früh.
Welche Herausforderungen brachte die Einführung des neuen Arbeitsmodells mit sich? Gab es auch Hürden etwa rechtlicher oder sicherheitstechnischer Natur? Und wie wurden diese überwunden?
Wir nehmen unsere Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden sehr ernst. Dabei ist es uns ein großes Anliegen, den möglichen negativen Begleiterscheinungen von mobilem Arbeiten entgegenzuwirken. So schaffen wir gezielt Anlässe für persönliche Begegnungen und die virtuelle Vernetzung der Mitarbeitenden. Alle Angebote stehen im Einklang mit Arbeitsschutz, regionaler Gesetzgebung und Vorgaben, zum Beispiel der Homeoffice-Pauschale in Österreich. Bei Bedarf haben wir Work Your Way an die lokalen Regularien angepasst. Wichtig ist auch eine angemessene technische Ausstattung, etwa für die reibungslose Durchführungen von Videokonferenzen. Das berücksichtigen wir gezielt in unserer Digitalstrategie.
Wie hat sich Unternehmenskultur in den letzten Jahren und besonders seit der Pandemie verändert? Was wollen die Mitarbeiter, was fordern die Unternehmen?
Nach den Erfahrungen der Pandemie fordern Mitarbeitende vor allem größtmögliche Flexibilität im Arbeiten und die Anpassung ihrer Arbeitsrealität an individuelle Bedürfnisse. Diese Freiheiten gehen Hand in Hand mit unserem Anspruch an Eigenverantwortung. Gleichzeitig haben wir den Wert persönlicher Begegnungen umso mehr zu schätzen gelernt. Wir legen großen Wert darauf, unsere Arbeitsumgebung an den Wünschen der Teams auszurichten, denn wir sind überzeugt, dass zufriedene Mitarbeitende motivierter, produktiver und kreativer sind.
Was muss eine moderne Unternehmenskultur Ihrer Meinung nach beinhalten?
Für uns ist die Art der Zusammenarbeit ist ein zentraler Baustein für ein ansprechendes Arbeitsumfeld. Mitarbeitende möchten ihre Rahmenbedingungen selbst gestalten, dabei Karriere und private Anliegen in Einklang bringen. Arbeitszeitmodelle oder auch technische Systeme sind dafür zentrale Stellschrauben. Gleichzeitig werden Themen wie Diversität und Inklusion oder auch eine nachhaltige Unternehmensführung immer wichtiger – eine Entwicklung, die ich persönlich sehr begrüße. Wir setzen im engen Austausch mit unseren Mitarbeitenden auf eine attraktive Unternehmenskultur, um Mitarbeitende zu halten und neue Talente zu gewinnen.
Wegen des Fachkräftemangels müssen Unternehmen „etwas“ bieten, damit sie neue und gut ausgebildete Mitarbeiter finden und auch halten können. Welche Strategie fährt hier 3M?
Größtmögliches Eingehen auf die Wünsche von aktuellen und zukünftigen Mitarbeitenden stärkt die Arbeitgebermarke im War for Talents. Deshalb ermitteln wir in Umfragen sowie in persönlichen Gesprächen, was unseren Teams wichtig ist, und gestalten basierend darauf unsere Arbeitsumgebung.
Zur allgemeinen Wirtschaftslage: Wie wirkt sich die derzeitige Krise auf Ihr Unternehmen aus? Sind sie davon wirtschaftlich betroffen und was erwarten Sie für das Jahr 2023?
Natürlich wird auch 3M von den aktuellen Entwicklungen beeinflusst. Durch engmaschigen Austausch zwischen den 3M-Standorten versuchen wir die Auswirkungen auf unser Unternehmen gering zu halten. Allgemein ist 3M aber nicht stärker als andere Unternehmen betroffen. Die jetzigen Herausforderungen werden auch 2023 stark prägen – wir behalten die Entwicklungen kontinuierlich im Auge, um Handlungsbedarf früh zu erkennen und für unsere Kunden und Mitarbeitenden auch in diesen Zeiten als verlässlicher Partner zu agieren.
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