5G als Gamechanger

eww ITandTEL ist gerade dabei, gemeinsam mit Unternehmen und Ausbildungsstätten Use Cases und Proofs of Concept beim Thema 5G-Campus zu entwickeln. Die COMPUTERWELT sprach mit Bernhard Peham, Bereichsleiter ITandTEL der eww AG. [...]

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Bernhard Peham ist Bereichsleiter ITandTEL der eww AG. (c) eww AG

Welche Rolle spielt das Thema 5G bei eww ITandTEL?
Wir sind wie die LINZ AG Gesellschafter von LIWEST, das die 5G-Lizenz für Oberösterreich erhalten hat. Diese Frequenz verwenden wir, um zum einen bei der LIWEST das Privatkundengeschäft zu erweitern. Zum anderen werden wir eww-Geschäftskunden im typischen 5G-Campus-Umfeld bedienen.

Was können Kunden von einem 5G-Campus erwarten?
Wir von eww ITandTEL nutzen 5G nicht als klassisches Mobilfunknetz, sondern als Standalone-Version. Das heißt ohne die Kompatibilität mit den älteren Mobilfunknetzen, dafür aber mit den Funktionen, die 5G bietet. Die wichtigsten sind Ultra Reliable Low Latency, URLL, also hohe Verlässlichkeit und geringe Latenz. Das ist bei Standalone-5G möglich, weil die Art und Weise, wie Funksignale eingesetzt werden, auf eine komplett neue Basis gestellt wird.

Low Latency ist insofern interessant, weil damit völlig neue Anwendungsfelder möglich sind, die man mit dem klassischen Mobilfunk nicht hat. Der Grund: Die einzelnen Pakete brauchen zu lange und wandern von einer zentralen Stelle zum Endgerät. Mit 5G erreicht man hingegen nahezu die gleiche Geschwindigkeit, wie wenn man die Pakete über ein Glasfasernetz schickt.

Welche Anwendungsfelder sind das?
Die Produktion der Zukunft, als Beispiel, wird immer flexibler und vor allem im Campusbereich wird es immer mehr mobile Anwendungen geben – zum Beispiel Roboter, die durch die Werkshallen fahren, oder generell mobilere Lösungen. Dafür braucht man ein verlässliches Mobilnetz in den jeweiligen Campussen.

Ein weiteres Thema ist IoT – Stichwort Massive Machine Type Communication (mMTC), wo man eine Million Endgeräte pro Quadratkilometer adressieren kann. Zum Vergleich: Mit LTE lassen sich nur wenige Geräte in einem Areal ansprechen, zudem beträgt die zeitliche Verzögerung zwischen einer halben und einer ganzen Sekunde.

Welche Branchen kommen aus Ihrer Sicht für 5G-Campusse in erster Linie in Frage?
Produktion, Logistik, aber auch der Healthcare-Bereich. Grundsätzlich wird 5G im B2B-Umfeld dort zum Einsatz kommen, wo in einem Areal auf sichere verfügbare Weise Informationen fließen sollen.

Wo steht das 5G-Thema im B2B-Bereich bei eww ITandTEL heute?
Wir stehen ganz am Anfang. Dazu muss man wissen, dass das 5G-Release 15 gerade aktuell ist. Vieles, das für den Campus wichtig ist, kommt erst mit dem Release 16, das gerade erst finalisiert worden ist. Das heißt, dass wir in der Entwicklung sehr weit vorne mit dabei sind. Wir diskutieren gerade mit Kunden Use Cases und planen einige Proofs of Concept. Wir müssen zum Beispiel herausarbeiten, worin der Unterschied zu WiFi liegt. Die Kombination aus beidem ist sehr interessant. Wir arbeiten etwa mit einem Unternehmen zusammen, das Maschinen für die Automobilindustrie produziert. Für diesen Kunden ist das 5G-Campusnetz natürlich sehr interessant. Noch spannender ist es herauszufinden, wie die Geräte in fremden Campusnetzen funktionieren.

Wie passt das 5G-Thema in die Gesamtstrategie von eww ITandTEL?
Wir sehen uns ganz klar als Infrastrukturbetreiber, der sich um jene Teile der IT kümmert, mit denen sich kein direkter Wert generieren lässt. Damit können sich unsere Kunden ganz auf die wertschöpfenden Bereiche ihrer IT-Strategie konzentrieren.

Wann rechnen Sie mit den ersten 5G-Campus-Kunden?
Wir werden 2021 vielleicht die ersten Kunden haben, 2022 mit Sicherheit.

Sie haben den sensiblen Healthcare-Bereich genannt. Wie kontern Sie gesundheitliche Vorbehalte, die immer wieder im Zusammenhang mit 5G auftauchen?
Es ist bekannt, dass 5G weniger belastend ist als alle anderen Mobilfunkstandards, weil man bei 5G Daten mit wesentlich weniger Leistung transportieren kann. Es ist vergleichbar mit einem Scheinwerfer, der eine ganze Stadt ausleuchten soll. Er wird schmerzhaft hell sein. Bei vielen kleinen Lampen ist die einzelne Belastung naturgegeben wesentlich geringer. Wir wissen von Studien: Falls es Schädigungen gäbe, dann wären diese bei 5G wesentlich geringer. Aber wir wissen auch, dass Menschen nicht immer rational sind.

Welches Potenzial trauen Sie 5G zu?
Es werden generell sehr hohe Umsätze erwartet und ich gehe davon aus, dass 5G ein Gamechanger sein wird. Neben den neuen Anwendungsfeldern, die ich zuvor erwähnt habe, wird 5G auch positive Auswirkungen auf lokaler Ebene haben. 5G-Campusse brauchen etwa den Mobile Edge Core, MEC, das heißt lokale Rechenzentren, die ich als Gegenbewegung zu den großen internationalen Data Center sehe. Die neue Form der Produktion, die in Verbindung mit 5G entstehen wird, benötigt viel lokales Knowhow, Informatiker oder Digitalisierungsexperten. Das wird die IT-Industrie stärker dazu bringen, die Wertschöpfung in die Region zu bringen.

Was planen Sie, um die Awareness zu steigern?
Wir adressieren einerseits Bestandskunden. Wir arbeiten aber auch mit Fachhochschulen und Universitäten wie etwa FH St. Pölten, Hagenberg oder Uni Linz zusammen, damit die neue Technik mit Inhalt gefüllt werden kann. Der Nutzen entsteht bekanntlich erst durch die Anwendung.


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