5G Kommt mit Riesenschritten

Offiziell soll 5G erst 2020 an den Start gehen, doch weltweit wird fieberhaft an der Entwicklung des neuen Mobilfunkstandards und LTE-Nachfolgers gearbeitet, wie im Februar am Mobile World Congress (MWC) in Barcelona zu sehen war. [...]

Mit der Aussage „5G wird schneller kommen als erwartet“ unterstrich Nokia-CEO Rajeev Suri in seiner Keynote am Mobile World Congress (MWC) in Barcelona, worum es geht: Es ist tatsächlich ein weltweiter Wettlauf, um den LTE-Nachfolgestandard möglichst rasch, noch vor dem bislang geplanten Startdatum von 2020, zum kommerziellen Einsatz zu bringen. Die Idee der 5G Multi-Service-Architektur ist es, eine Vielzahl von Diensten mit unterschiedlichen Anforderungen anzubinden, vom Smartphone und Tablet bis hin zum vernetzten Fahrzeug, zu connected Dingen generell (IoT) und der automatisierten, in Echtzeit gesteuerten intelligenten Produktion, landläufig als Industrie 4.0 bekannt. Um diese Anforderungen über das gleiche Netz bewältigen zu können, wird das Konzept des „Network Slicings“ eingesetzt, mithilfe von Cloud-Technologie und Software Defined Networking (SDN) werden virtuelle Netze gebildet. Mit 5G sollen nicht nur die Geschwindigkeit bzw. Bandbreite der Datenübertragung rasant steigen – die Angaben reichen von 20 bis 70 GB/s pro User –, sondern auch die Latenzzeiten drastisch sinken.

NOKIA ZEIGT 5G-BASISSTATION

„Wir sehen 5G als Technologie, die jetzt schon in den Markt hineingetragen wird“, bestätigt Volker Held, Head of Innovation Marketing und bei Nokia für die 5G-Marktentwicklung verantwortlich, im Gespräch mit der COMPUTERWELT. In Barcelona hat Nokia eine neue 5G-fähige Basisstation unter dem Namen „AirScale“ gelauncht. Am Nokia-Stand wurde demonstriert, wie man etwa eine Virtual-Reality-Anwendung mit Hilfe dieser Basis-Station laufen lassen kann. Dabei wurden nicht nur hohe Datenraten erzielt (2,5 GB/s im Down- und Uplink), sondern auch die Latenzzeit lag dabei unter einer Millisekunde. Das System sei je nach Anwendung auch auf 20 GB/s und mehr hochrüstbar, heißt es dazu von Nokia. „Wir sind damit der erste Hersteller, der 5G auf einem kommerziellen Produkt bieten kann – die ersten realen Feldversuche wurden bereits gestartet“, berichtet Held. So wurde etwa mit dem US-Mobile-Device-Unternehmen Horizon Wireless untersucht, wie die Ausbreitung der Funkwellen bei verschiedenen Wandtypen abläuft. Für 2017 hat Nokia ein Pre-Standard-5G-Produkt angekündigt, „unsere spezielle Anwendung dafür nennt sich Last-hop-to-the-home“, erklärt Held. Die letzten hundert Meter von der Glasfaser bis zum Haushalt sollen mithilfe der 5G-Technologie drahtlos überbrückt werden. Bereits 2017 könnten dann Datenraten zwischen ein und fünf GB/s Realität sein.

Am MWC waren zahlreiche 5G-Demos zu sehen, Nokia zeigte etwa autonome Fahrzeuge, die durch 5G Technologie von konstanten und unterbrechungsfreien Datenströmen und sehr geringen Übertragungsverzögerungen (Latenz) profitieren. Ebenso zu sehen: Roboter, die mittels 5G vernetzt sind und durch die niedrige Latzenzzeit viel besser aufeinander abgestimmt arbeiten und auch präziser gesteuert werden können. Auch im Stadion kann 5G einiges an Veränderungen bringen: Künftig können live spannende Fußball-Szenen als Nahaufnahme auf eine große Zahl Smartphones übertragen werden – ohne spürbare Verzögerung, weil die Latenzzeit mit 5G minimiert ist.

DEUTSCHE TELEKOM ZEIGT 5G-HAUS

Die Deutsche Telekom präsentierte mit Partner Huawei mit dem 5G-Haus (das 5G Lab der Telekom in Bonn) zum ersten Mal ein voll funktionsfähiges End-to-End 5G-Netz. Entscheidend ist neben der Software-definierten Architektur das Prinzip des Network Slicings. „Es ermöglicht in 5G einerseits, schnell und effizient differenzierte Zugangsmöglichkeiten für unterschiedliche Anforderungen der Industrie zu schaffen und bereitzustellen. Gleichzeitig bietet es Privatkunden nahtlos schnelle, mobile Breitbandanbindung“, bekräftigt Bruno Jacobfeuerborn, CTO der Deutschen Telekom. Gezeigt wurden zwei konkrete Anwendungen: Ein Roboter und selbstfahrende Autos. In beiden Fällen ist wiederum die niedrige Latenzzeit (Ultra Low Latency, ULL) von unter einer Millisekunde ein entscheidender Faktor, wie auch Telekom 5G-Standbetreuerin Antje Williams erklärte.

Punkten konnte auch ZTE. Für die neue Pre5G Massiv MIMO Technologie (Massive Multiple Input, Multiple Output) erhielt ZTE den „Best Mobile Technology Breakthrough Award“. ZTE zeigte zudem mit dem Partner Korea Telecom die Pre5G MIMO-Basisstation, die die vorhandene Funkspektrum-Effizienz in 4G-Netzen um das Vier- bis Sechsfache erhöhen soll. Außerdem stellte ZTE neue Pre5G-Technologien wie Multi-User-Shared Access und Ultra Dense Network vor. Mit Hutchison Drei Austria will ZTE intensiv zusammenarbeiten: Am MWC wurde eine Absichtserklärung verabschiedet, wonach gemeinsam der erste Pre5G-Versuchsstandort in Europa errichtet werden soll. A1 will im März seinen 5G-Fahrplan bekannt geben, während sich T-Mobile an der Deutschen Telekom orientiert.

2018 werden die olympischen Winterspiele in Korea stattfinden, die Asiaten drängen daher darauf, schon zu diesem Zeitpunkt zumindest einen Pre-Standard zu 5G verfügbar zu haben. Spätestens 2020 beginnt dann der kommerzielle Rollout von 5G, womit sich die Industrie komplett verändern wird. Visionen dazu finden sich auch im neuen Whitepaper der EU „5G empowering vertical industries“, das am MWC präsentiert wurde. Anhand von Usecases wird darin beleuchtet, welche Veränderungen 5G für die Fabriken der Zukunft, die Energie-, die Gesundheits-, die Automotive- sowie die Medien- und Entertainment-Branche bedeutet. EU-Kommissar Günther Oettinger, am MWC allgegenwärtig, bezeichnete 5G als „Chance, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie neu zu stärken“.


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