Agentic AI, also KI-Systeme, die autonom handeln und Entscheidungen treffen können, gewinnen zusehends an Bedeutung. Wie etliche Branchen wie etwa die Industrie davon profitieren können, erklärt Stefan Novoszel, Automotive & Manufacturing Principal bei Tietoevry Austria, in einem Gastbeitrag. [...]
Spätestens nach der Aussage des Microsoft-CEOs Satya Nadella „SaaS as we know is dead“ und der im gleichen Atemzug genannten Übernahme der Business-Logik durch KI-befähigte Agenten-Applikationen, ist deren Priorität gestiegen. Aber was steckt eigentlich dahinter?
Herausforderungen traditioneller Systeme
Aktuell dienen die meisten Business-Lösungen als Verwaltungsapplikationen. Sprich, es können Daten gespeichert, gelesen, aktualisiert und wieder gelöscht werden. Darüber befinden sich Unternehmensprozesse, die dafür sorgen, dass die richtige Applikation zum richtigen Zeitpunkt aktiviert wird. In der Regel geschieht dies durch den manuellen Eingriff einer fachkundigen Person oder durch in der Applikation selbst hinterlegte Grenzwerte, die wiederum eine Folgehandlung auslösen können.
Agentic AI setzt hingegen beim Unternehmensprozess an und nutzt die Erkenntnisse aus Machine-Learning-Modellen, um einerseits manuelle Schritte zu automatisieren, aber diese auch situationsbezogen zu adaptieren.
Framework für Agentic AI
Welche Voraussetzungen werden nun benötigt, um eine derartige Lösung auf den Weg bringen zu können? Um dies zu beantworten, haben wir bei Tietoevry ein Framework entwickelt, welches die jeweilige Aufgabe in drei Fragestellungen unterteilt:
- Daten: Welche Informationsquellen werden benötigt, um Entscheidungen treffen zu können?
- Organisation: Welche Schritte müssen ausgeführt, welche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden?
- Integration: Welche Applikationen müssen integriert bzw. angesteuert werden?
Jeder dieser Punkte wirft wiederum für sich eigene Fragestellungen auf, wie: In welcher Qualität und Frequenz werden Daten benötigt und verfüge ich überhaupt über die dafür notwendige Infrastruktur?
Entscheidungsprozesse zu automatisieren, bedeutet gleichzeitig auch das Anpassen von etablierten Governance-Strukturen. Inwieweit ist das im jeweiligen Kontext möglich?
Verfüge ich über eine IT-Landschaft, die mir ein sicheres und kontrollierbares Integrieren verschiedenster Applikationen ermöglicht?
Implementierung
Von der Beantwortung dieser Fragen hängt die Planung der Roadmap für Agentic AI ab. Ziel ist die Automatisierung und Kontextualisierung von Prozessen, um diese effizienter zu machen. Diese Effizienz hat natürlich einen Preis, der in das Verhältnis zum Nutzen gesetzt werden muss. Eine mögliche Vorgangsweise ist, die Kategorien Daten, Organisation und Integration als Orientierungspunkte zu verwenden. Die geschätzten Größenordnungen für die Umsetzung in diesen Bereichen wird ins Verhältnis mit den derzeitigen Aufwänden im gewünschten Betrachtungszeitraum gesetzt. Daraus ergibt sich eine am Nutzen orientierte Prioritätenliste. Wichtig bei diesem Ansatz ist, Umsetzungsmaßnahmen, die auf mehrere Prozesse positiv einzahlen, entsprechend aufzuteilen um eine objektive Bewertung zu ermöglichen.
Praxisbeispiele und Ergebnisse
- Textilfertigung: Durch Bedarfsprognose und Prozessautomatisierung wurde die Effizienz der Webstuhlproduktion von 75 auf 89 Prozent erhöht.
- Produktion: Durch das Automatisieren der Verarbeitung von Bestellungen wurde der damit verbundene manuelle Aufwand um mehr als 70 Prozent reduziert.
- Bauunternehmen: Durch das KI-basierte Klassifizieren von Störungsmeldungen konnte deren Bewertung und Verteilung zu 96 Prozent automatisiert werden.
Diese Beispiele sollen aufzeigen, welche Möglichkeiten in Agentic AI stecken. Der Projektumfang kann stark variieren, wobei es stets ratsam ist, schrittweise zu starten. Dadurch ist es möglich, Quick Wins auf dem Weg zu einer umfassenden Automatisierung zu realisieren, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.
*Der Autor Stefan Novoszel ist Automotive & Manufacturing Principal bei Tietoevry Austria.
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