AI: künstlich – oder intelligent?

Von Brain-Brain-Interfaces bis zum Hacking von Körperfunktionen: Visionäre Sicherheitsfragen beleuchtet Keyspeaker Roland Benedikter auf dem Information-Security-Symposium von CIS und Quality Austria am 5. Juni. [...]

Tradition trifft Technologie: »AI« im historischen Kursalon Wien am 05. Juni. (c) Anna Rauchenberger
Tradition trifft Technologie: »AI« im historischen Kursalon Wien am 05. Juni. (c) Anna Rauchenberger

Jeder weiß: Künstliche Intelligenz ist das epochale Thema schlechthin. Es wird aber meist mit wenig Bezug zu einer möglicherweise anstehenden Umgestaltung des Menschseins thematisiert«, betont der Antizipationsforscher und langjährige Silicon-Valley-Kenner Roland Benedikter. Den unendlichen Horizont an Chancen und Risken durch KI – als »techno-logische« Folge der Digitalisierung – beleuchtet der bekannte Buchautor auf dem »15. Information-Security-Symposium« am 5. Juni in Wien. Zu Schwerpunkten wie Cyborgisierung, also die Verschmelzung von Mensch und Technologie durch Nutzung von Chip-Implantaten, Elektroden oder Sensoren ebenso wie auch die Entwicklung von Gehirn-Gehirn-Schnittstellen oder humanoiden Robotern wirft er visionäre Sicherheitsfragen auf.

Systeme gegen KI-Hacking

Als Veranstalter fungieren die Zertifizierungsorganisationen CIS und Quality Austria in Kooperation mit der COMPUTERWELT, die mit dem Event auch zukunftsweisende Möglichkeiten in der Informationssicherheit in den Blickpunkt rücken. »Je stärker Mensch und Technik verschmelzen, desto wichtiger wird die Sicherheitsfrage. Denn im Falle von Hacking oder Systemfehlern kann künftig nicht nur eine Maschine betroffen sein, sondern direkt ein Mensch. Steuerbare Managementsysteme wie etwa nach ISO 27001 und ISO 20000 ermöglichen es, die volatilen Faktoren Mensch und Technik in einem Sicherheitssystem integriert abzubilden, um Risiken gezielt zu minimieren«, erklärt CIS-Geschäftsführer Erich Scheiber.

Gehirnimplantat als Medizin

Keyspeaker Roland Benedikter bietet in seiner Präsentation Einblick in nahe Zukunftsszenarien: So gelten etwa die seit 2016 durchgeführten Cyborg-Olympiaden, Emotiv-brain wearables und Firmengründungen wie Elon Musk´s »Neuralink« weltweit als Ansätze zu einer Maschine-Mensch-Gesellschaft. Eine transhumanistische Entwicklung bahnt sich in der Medizintechnik an, wo sich durch Gehirn-Implantate die neurologischen Impulse einer Person derart beeinflussen lassen, dass zum Beispiel Parkinson-Symptome gelindert werden können. Laut Benedikter müsse man sich aber auch fragen: »Wird es möglich sein, Gedanken oder Körperfunktionen zu hacken?« Als zweiten brisanten Schwerpunkt nennt er die Vermenschlichung der intelligenten Maschine, also KI-Roboter mit humanoidem Aussehen. So kommentiert Benedikter: »Im Oktober 2017 wurde dem ersten mit ,weicher‘ KI ausgestatteten Roboter namens Sophia die Staatsbürgerschaft des UNO-Mitglieds Saudi-Arabien verliehen, die seither mittels Reziprozitätsprinzip weltweit gilt. Mit unklaren Folgen für Personenrechte, Wählerrechte sowie das juridische Verhältnis zwischen Roboter und Mensch. Wer haftet, wenn E-Persönlichkeiten intelligenter werden und semi-autonom agieren?«

Brisant: KI in Diktaturen

Als dritten kritischen Bereich nennt Roland Benedikter die Entstehung von Gehirn-Gehirn-Verschaltungen: Brain-Brain-Interfaces (BBI). Sie ergänzen seit 2019 die bereits bestehenden Gehirn-Computer-Verschaltungen (BCI). »Autoritäre Staaten wie China spielen hier eine führende Rolle. Wer also schützt künftig die Aktivitäten des individuellen Gehirns? Wer kontrolliert die Verbindungen zwischen Gehirnen?« Diese Fragen würden spekulativ anmuten, stünden aber für die kommenden Jahre konkret im Raum, meint Benedikter. Die wachsende Führungsrolle nicht-demokratischer Staaten in diesen drei Entwicklungssträngen sei zu reflektieren: »KI-Fortschritt in diesen Nationen ist eine zweifelhafte Nachricht für die offenen Gesellschaften der westlichen Welt.«


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