Alpbach zeigt: Bildung hat viele Seiten

Das Europäische Forum Alpbach stand heuer unter dem Motto "At the Crossroads". Dabei wurde das Thema Bildung nicht nur bei den Hochschulgesprächen diskutiert. Auch bei den Wirtschafts- und Technologiegesprächen gab es Diskussionen dazu. [...]

Das Europäische Forum Alpbach wurde 1945 unter dem Namen „Internationale Hochschulwochen“ gegründet, und hat sich nun zu einer umfassenden Diskussionsplattform entwickelt. Die Veranstaltung ist dabei nach eigenen Angaben nicht nur internationaler Treffpunkt für Experten, sie ist vor allem eine europäische Plattform für Studierende, die an der Idee eines gemeinsamen Europas basteln.

Auch Schüler beteiligen sich mit dem Programm „Junior Alpbach“ am Forum. Das heurige Motto stand unter dem Titel „Die Weisheit der Vielen nützt uns allen“. Passend hierzu beschäftigten sich 17 Jugendliche mit der Thematik der Langzeitarchivierung von Daten. Die Jugendlichen setzten sich aus vom Bundesministerium für Bildung und Frauen nominierten Schülern und Jugendlichen, deren Eltern an den Technologiegesprächen teilnahmen, sowie Alpbacher Jugendlichen zusammen. Experten vom AIT (Austrian Institute of Technology) haben sich dabei gemeinsam mit ihnen in der Praxis angesehen, wie leicht digitales Wissen für die Nachwelt auffindbar und abrufbar bleiben kann.

Michela Vignoli, Expertin der AIT-Forschungsgruppe „Next Generation Content Management Systems“, erläuterte dabei, zu welchen neuen Herausforderungen unser digitales Zeitalter für die Bewahrung von Wissen geführt hat. So beträgt die durchschnittliche Lebensdauer eines digitalen Dokuments ohne besondere Vorkehrung nur etwa acht bis zehn Jahre.

Zudem werden heute weltweit schneller neue Daten produziert, als zusätzlicher Speicher auf den Markt kommt. „Eine große Herausforderung für unsere heutige Informationsgesellschaft liegt in der sogenannten ‚Digital Preservation‘, der Schaffung von Methoden zur Langzeiterhaltung von digitalen Daten“, so Vignoli. Diese sollen sicherstellen, dass auch in 100 Jahren und darüber hinaus noch Zugriff auf unsere digitalen Daten von heute möglich ist. Um dies zu ermöglichen, wird am AIT an Lösungen für einen offenen, ein­fachen und intuitiven Zugang zu ­Medienressourcen gearbeitet. Die Forscher arbeiten unter anderem an Multi­media-Annotationstools, die es Usern online ermöglichen, gemeinsam digitale Objekte mit weiterführenden Zusatzinformationen und Verknüpfungen anzureichern. Diese Tools wurden mit den Schülern ausprobiert.

UNTERNEHMERISCH DENKEN
Auch unternehmerische Bildung war das Thema einiger Diskussionen. Die Wirtschaftsausbildung an Schulen ­besprachen beispielsweise Martha Schultz, Vizepräsidentin der WKÖ, Andrea-Rosalinde Hofer von der OECD, JUNIOR-Europachefin Caroline Jenner, Frank Hennessey vom St. Mary‘s College in Belfast und Herbert Rohrmair-Lewis, Vorsitzender der Jungen Wirtschaft. Zwei Aspekte wurden besonders intensiv diskutiert: Der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit und die konkreten Fertigkeiten und Wissensfelder, die junge Menschen brauchen, um an der Gesellschaft teilhaben zu können. Martha Schultz nahm dabei auf die einzelnen Initiativen Bezug: „Was Schüler in ihren JUNIOR-Companies leisten, ist beeindruckend. Und ich freue mich über die internationalen Erfolge des Unternehmerführerscheins und hoffe auf eine gute Weiterentwicklung und noch stärkere Verbreitung. Unternehmergeist sollte auch in der Lehrerausbildung stärker berücksichtigt werden.“

JUNIOR-Europachefin Caroline Jenner präsentierte ihren Zugang, der das unternehmerische Denken von der Grundschule bis an die Universität begleitet: „Es geht um Lernen durch konkretes Anwenden am praktischen Beispiel. Gerade so in der Schule technische Fähigkeiten weiterentwickeln zu können, hat einen großen Wert.“ Auch Herbert Rohrmair-Lewis unterstrich: „Eigenverantwortung und Selbstvertrauen gilt es bereits in der Schule zu lernen. Das ist die Basis für den späteren Erfolg als Unternehmer.“ Bildungsexperte Hennessey wiederum verwies auf das Engagement junger Startups, die die Gesellschaft weiterbringen: „Wir brauchen diese Ideen für die großen Herausforderungen der Zukunft. Während der Schulzeit muss man dafür besonders die Eltern überzeugen, dass diese Fähigkeiten für alle Berufsfelder und Positionen nützlich sind. Die Methoden für mehr Unternehmergeist in der Ausbildung sind vorhanden und funktionieren gut, es braucht noch politische Unterstützung.“

OECD-Repräsentantin Andrea-Rosalinde Hofer erläuterte besonders den Zusatznutzen: „Ich sehe dadurch bei den Schülern einen tiefen Lerneffekt – die Motivation und die Förderung der grundsätzlichen Haltung, gestellte Aufgaben mitzugestalten und zu hinterfragen. Wir müssen Kreativität, Neugier und die Fähigkeit, nach Misserfolgen rasch wieder durchzustarten, bereits im Schulsystem fördern.“

Nicht zuletzt hatte auch die Politik beim Europäischen Forum Alpbach etwas zur Bildung in Österreich zu sagen. So hat sich Wissenschaftsminister – und neuer ÖVP-Chef – Reinhold Mitterlehner bei der Eröffnung der Hochschulgespräche für eine Stärkung des Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsstandorts Österreich ausgesprochen: „Im internationalen Wettbewerb werden wir nur erfolgreich sein, wenn wir Wissen und Innovation generieren.“ Michael Landertshammer, Leiter der Abteilung für Bildungspolitik in der WKO, sagt dazu: „Österreich soll mit den besten Köpfen punkten. Dafür brauchen wir das bestmögliche Ausbildungssystem – also die optimale Kombination aus praxis-beruflich und akademisch qualifizierten Fachkräften. Dreh- und Angelpunkt ist der Zugang zu passenden Weiterbildungsangeboten, wie sie in der Wirtschaft nachgefragt werden.“ Für die Zukunft sieht Mitter­lehner vier Herausforderungen für die weitere Entwicklung des Hoch­schul­standortes: stärkere Internationalität der tertiären Bildung, ­steigender Wettbewerb zwischen den Institutionen, höhere Qualität in Aus- und Weiterbildung sowie die notwendige Profilbildung an den einzelnen Standorten. Er stellt dabei in Aussicht, dass im Herbst der Prototyp eines Universitätsentwicklungsplans vorgelegt werden wird, der objektive Kriterien für die Weiterentwicklung des tertiären Sektors liefern soll. (pi/mi)


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