Alte Sprachen brauchen junge Programmierer

COBOL-Programmierung steht nur noch selten auf Lehrplänen, deshalb wird es zukünftig schwierig, hier Fachkräfte zu finden. [...]

Der Kampf um Talente und Experten zeigt immer mehr Ausformungen: So hat Micro Focus in einer Untersuchung festgestellt, dass die Suche nach IT-Fachkräften mit COBOL-, CICS- oder JCL-Kenntnissen für Unternehmen immer schwieriger wird – obwohl gerade in diesen Bereichen Programmierer dringend gesucht werden. Ein Grund hierfür ist das fehlende Ausbildungsangebot. Nur bei 27 Prozent der weltweit befragten Universitäten steht COBOL überhaupt noch auf dem Lehrplan.

„Im Mainframebereich ist es schon längere Zeit schwierig, Nachwuchspersonal zu finden. Früher gab es die HTL für EDV und Organisation, die Schüler auf dem Mainframe mit COBOL ausbildete. Dann kam die HTL Donaustadt, die keinen Mainframe mehr hatte, und die Schüler nur mehr in objektorientierten Sprachen ausbildete. Die HTL Donaustadt hatte sehr großen Zulauf und die HTL Spengergasse momentan einen Schülerschwund. Erst als diese Schule auch auf OO-Sprachen umstellte, holte sie wieder auf. Es ist also nicht nur das Problem der Ausbildung, sondern auch der Wunsch der jungen Leute, in modernen Umgebungen tätig zu werden“, erklärt Leopold Kuschny, Geschäftsführer der Personal- und Managementberatung Strateg-it, im Gespräch mit der COMPUTERWELT.

In der Micro-Focus-Umfrage wurden weltweit Lehrkräfte von 119 Universitäten zum Thema „COBOL“ befragt. 71 Prozent davon sind der Meinung, dass Unternehmen mindestens in den nächsten zehn Jahren weiter Applikationen nutzen werden, die auf COBOL basieren. 54 Prozent schätzen zudem, dass die Nachfrage nach Fachkräften mit COBOL-Programmierkenntnissen in den nächsten zehn Jahren steigen oder zumindest gleich bleiben wird. Folglich vertritt auch deutlich über die Hälfte der Interviewten die Ansicht, dass COBOL-Programmierung zum Lehrplan gehören sollte.

Diese Zahlen stehen in einem krassen Missverhältnis zum tatsächlichen Studienangebot. 73 Prozent der befragten akademischen Institutionen bieten überhaupt keine Kurse im Bereich COBOL-Programmierung an. Lediglich bei 27 Prozent steht COBOL also auf dem Lehrplan, allerdings auch nur bei 18 Prozent als fester Bestandteil und bei neun Prozent als reine Wahlfachoption. Im Ranking der erlernten Programmiersprachen ist COBOL dementsprechend klar abgeschlagen. Die Untersuchung hat ergeben, dass unter Hochschulabsolventen vor allem Java-Programmierer waren, gefolgt von Entwicklern mit Kenntnissen in C# und C++.

Auf Anfrage der COMPUTERWELT erklärt auch Stepstone-Österreich-Geschäftsführerin Dorette Dülsner, wie es bei der Suche nach COBOL-Programmierern aussieht: „COBOL, CICS und JCL sind natürlich schon sehr alte Programmier- und Steuersprachen aus dem Großrech­nerumfeld, für die es nicht ganz einfach ist, Experten zu finden. Diese sind nämlich zumeist schon im fortgeschrittenen Alter und Mainframes sind ja auch oft genug totgesagt worden.“ Nur die Anwender sind davon unbeeindruckt – der Einsatz von Mainframes ist nach wie vor populär. Kunden, die speziell Bewerber mit Kenntnissen etwa für COBOL, CICS oder JCL suchen, sind große Anwender, vor allem Banken. „Unsere Kunden sagen uns auch, dass diese Sprachen wieder in die Ausbildung zurückkehren, einige FH haben sich des Themas angenommen, etwa die FH Joanneum“, sagt Dülsner.

Für Leopold Kuschny ist das Thema gerade für das AMS ein Ausbildungzweig für die Zukunft. Die Studienteilnehmer tendieren mehrheitlich dazu, dass Unternehmen und akademische Institutionen enger zusammenarbeiten sollten, um die Ausbildungssituation hier zu verbessern. 63 Prozent halten Fördermaßnahmen und Sponsoring-Aktivitäten sowie Kooperationen für sehr wichtig. (mi)


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