„An KI-Themen kommt niemand vorbei“

Als eines der größten unabhängigen Forschungszentren in Österreich im Bereich Software nimmt das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) eine Vorreiterrolle für softwarebezogene technologische Forschungs- und Entwicklungstrends ein. [...]

Das SCCH richtet sein ganzes Engagement darauf aus, als aktiver Knoten im oberösterreichischen, österreichischen und internationalen Forschungs- und Technologienetzwerk zu agieren. Die COMPUTERWELT hat mit CEO Klaus Pirklbauer gesprochen, der seit der Gründung im Jahr 1999 die Geschicke des SCCH lenkt. 
Was sind aktuell die wichtigsten Themen für das SCCH?
Ein wichtiges Thema für uns ist, dass das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) in all seinen Forschungsgebieten wahrgenommen wird. Wir haben seit Beginn immer schon Datenanalyse und Software-themen im Fokus. In den letzten Jahren hat sich im Rahmen von Big Data, Digitalisierung und Industrie 4.0 der Datenanalysebereich sogar zum größten Bereich am SCCH entwickelt. Daneben darf man aber auch nicht übersehen – auch wenn da die mediale Präsenz nicht so stark ist – dass durch die Omnipräsenz von Software in allen Branchen und Lebensbereich auch der Software mehr Augenmerk geschenkt werden muss. Auch im Bereich Wiedergewinnung von Wissen aus Software hat das SCCH Schwerpunkte, zum Beispiel für das Reengineering von Bestandssoftware, für Compliance-Darstellungen und in der Qualitätssicherung von Software.
Spielt Künstliche Intelligenz hier auch eine Rolle?
Lernende Systeme spielen bei uns seit Jahren eine große Rolle. Verschiedenste Methoden des maschinellen Lernens kommen dabei zum Einsatz. Natürlich ist dabei auch Deep Learning verstärkt im Einsatz. An diesen Themen der Künstlichen Intelligenz (KI) kommt in Zukunft wahrscheinlich niemand vorbei. Wobei wahrscheinlich die Präsenz der KI wieder abnimmt. Die Systeme werden einfach KI nutzen, ohne dass der Benutzer das stark wahrnimmt. Am SCCH arbeiten wir zu einem großen Teil für produzierende Unternehmen, Maschinenbauer und Automatisierer. In diesen Bereichen ist KI schon seit einiger Zeit ein Bestandteil vieler Lösungen. Durch Industrie 4.0 und Digitalisierung ist die Nachfrage natürlich gestiegen. Das SCCH bietet da basierend auf wissenschaftlicher Weiterentwicklung von Methoden Lösungen, die es am Markt so nicht gibt.
Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung des COMET-Programms?
Ich finde die letzten Entwicklungen im COMET-Programm recht positiv. Die längerfristige Abschaffung des Unterschieds zwischen großen Kompetenzzentren (K2) und den Kompetenzzentren wie wir eines sind (K1) spiegelt einerseits wider, dass nicht die Größe allein das ausschlaggebende Kriterium für wissenschaftlichen Erfolg ist und andererseits bestehen Kompetenzzentren wie das SCCH ohnehin nicht nur aus COMET. Im SCCH sind wir auch in zahlreichen anderen nationalen und internationalen Förderprogrammen tätig und haben einen ständig steigenden Anteil an Direktaufträgen aus der Wirtschaft. Die kommenden Module im COMET-Programm sind für mich die Möglichkeit einer kontinuierlichen Erneuerung. Dort wird für einen begrenzten Zeitraum der Aufbau neuer Gebiete unterstützt, die dann ins Zentrum integriert werden sollen.
Welche Ziele gibt es für die zweite Phase von 2019 bis 2022?
Das SCCH plant in der zweiten Phase 2019 bis 2022 die Forschung in der eingeschlagenen Richtung fortzusetzen. Das bedeutet, dass wir die Unternehmen bei der digitalen Transformation durch Methoden und Software unterstützen und ihnen eine smarte Transformation in Richtung KI-basierten Cyber Physical Systems ermöglichen. Dabei spielt zum Beispiel eine Rolle wie man mit Aufgabenstellungen umgeht, bei denen nicht die großen Mengen aus Daten vorhanden sind. Die Thematik entsteht unter anderem durch immer kleiner werdende Stückzahlen in der Produktion. Aber auch Datensicherheit wird verstärkte Aufmerksamkeit in der Forschung am SCCH erhalten und die KI-basierten Methoden werden auch in der Softwareanalyse an Bedeutung gewinnen.
Gibt es Forschungsprojekte rund um das Thema Digitalisierung? Wie weit sind Österreichs Unternehmen hier?
Unsere Erfahrung ist, dass die Unternehmen, oder zumindest die, mit denen wir zusammenarbeiten, das Thema schon lange erkannt haben und in Projekten zum Thema Digitalisierung tätig sind. Natürlich ist der Weg dorthin nicht immer derselbe. Aber wir sehen bei zahlreichen Firmen, bei denen Digitalisierung und Datennutzung bisher auf einzelne Bereiche beschränkt waren, dass jetzt die gesamten Unternehmensbereiche einbezogen werden und auch Grenzen zu Lieferanten und Kunden überwunden werden. Zum Beispiel in den Bereichen der Diagnose und Analyse von Produktionsprozessen, in der Fehlervorhersage oder in der Wartungsoptimierung laufen am SCCH ständig Projekte.
Welche Firmenprojekte konnten in jüngerer Vergangenheit umgesetzt werden?
Mit SIEMENS im Bereich der Transformatorenproduktion kommen zum Beispiel mehrere der Forschungsthemen zusammen. Die Optimierung der Materialauswahl zur Erzielung bestimmter Qualitäten durch den Einsatz von Datenanalyse aber auch die automatisierte Dokumentation der verwendeten Softwaremethoden in einer für Fachexperten verständlichen Form.
Was können Unternehmen mit alter Software tun?
Oft wird geglaubt, dass durch die rasche Entwicklung in der IT ohnehin keine alten Programme existieren oder es sehr einfach ist, diese auf neue Standards umzustellen. Das ist keineswegs der Fall. Am SCCH haben wir oft mit Software in der Produktion sowie bei Banken und Versicherungen zu tun. Dort existieren sehr große Softwaresysteme, die über viele Jahre im Einsatz sind und ständig weiterentwickelt werden. Wenn nach vielen Jahren die Software auf eine neue Basis gestellt werden soll, ist es meist schon eine Herausforderung zu wissen, wie die Software eigentlich funktioniert. Wenn dann noch die ursprünglichen Entwickler nicht mehr greifbar sind, wird es besonders schwierig. Das SCCH kann da durch Forschungsergebnisse im Bereich Softwareanalyse helfen. Wir sind in der Lage Software in verschiedensten Programmiersprachen zu analysieren und automatisiert zu dokumentieren. Damit kann eine Basis für eine Neuimplementierung geschaffen werden, aber auch eine Dokumentation, dass Compliance-Vorgaben eingehalten werden, ist dadurch möglich.
Wie wird sich Softwareentwicklung in Zukunft verändern?
Das ist eine spannende Frage. Ich persönlich glaube, dass es in Zukunft stärker in eine Richtung geht, bei der Software mehr spezifiziert wird und nicht sosehr implementiert. Dabei kann auch die KI eine größere Rolle in der Softwareentwicklung spielen. Oft wird von Programmen gesprochen, die automatisch erstellt werden. Ganz so weit sind wir aber noch nicht. Unumgänglich wird dabei auch sein, dass die Eckpunkte klar spezifiziert werden, zum Beispiel welche Sicherheitsanforderungen zu erfüllen sind oder welche Werte zu optimieren sind. Eine solche Entwicklung wird sicher auch nicht schlagartig erfolgen. Da ist noch viel Forschung notwendig und manche Aspekte wie eine optimal auf die Bedürfnisse der Benutzer abgestimmte Interaktion werden sich nicht durch stärkere Automatisierung in der Softwareentwicklung erreichen lassen. Das SCCH ist auf jeden Fall immer bei neuen Themen dabei und wird diese in den Bereichen Data Science und Software Science mitgestalten.

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