Arbeitsmarktöffnung: Fachkräfte bleiben aus

Dem heimischen Fachkräftemangel kann mit qualifizierter Zuwanderung nur schwer zu Leibe gerückt werden. Einen Versuch ist es trotzdem wert, weshalb Sozialminister Hundstorfer nun die "Mangelberufsliste" in Begutachtung geschickt hat. [...]

Die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes vor einem Jahr hat keinen großen Zuzug von Arbeitskräften aus dem benachbarten Ausland gebracht – zumindest nicht, wenn man die Österreicher danach fragt. Nur eine Minderheit der heimischen Bevölkerung sorgt sich aufgrund der Einwanderung von europäischen Ausländern um den eigenen Arbeitsplatz, so die Ergebnisse einer österreichweiten Telefonumfrage, die im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) durchgeführt wurde.
Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) sind mit Ende Februar 2012 gegenüber dem Vorjahr genau 24.187 Arbeitnehmer aus jenen acht EU-Ländern nach Österreich gekommen, für die sich der heimische Arbeitsmarkt mit 1. Mai 2011 geöffnet hat. Der stärkste Zuwachs ist auf Menschen aus Ungarn zurückzuführen, gefolgt von Polen und der Slowakei. Niederösterreich und Wien sind die Bundesländer mit dem stärksten Zuzug.
Wenn man den Zuzug nach Branchen betrachtet, kann man gut erkennen, dass die Ostöffnung keine Besserung für den heimischen Fachkräftemangel in der IT bringt und auch nicht bringen wird. Im Gegensatz zu Tourismus und Bau sind die vom BMASK ausgewiesenen Branchen »Wissenschaftliche und technische Dienstleistungen« sowie »Information und Kommunikation« kaum welche, die für Zuzug aus dem EU-Ausland sorgen. Trotzdem hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer erst kürzlich die so genannte Fachkräfteverordnung für 2012 in Begutachtung geschickt, die insgesamt 25 Berufe umfasst und den Fachkräftemangel durch gezielte Zuwanderung aus Drittländern dämpfen soll. »Mit dieser Mangelberufsliste können wir einem länger bestehenden Fachkräftemangel entgegenwirken. Wir rechnen für 2012 mit etwa 500 Fachkräften, die über diese Schiene zu uns kommen«, sagt Hundstorfer. Mit der Mangelberufsliste wird der letzte Teil der im Juli in Kraft getretenen Rot-Weiß-Rot-Karte umgesetzt. Bisher konnten nur hochqualifizierte Fachkräfte und Schlüsselkräfte zugelassen werden.

LOCKERUNG DER KRITERIEN

»Mit der Fachkräfteverordnung für Mangelberufe sind die Voraussetzungen für ein funktionierendes kriteriengeleitetes Zuwanderungssystem erfüllt«, so Hundstorfer. Fachkräfte, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Mangelberuf nachweisen, die mindestens mit einem Lehrabschluss vergleichbar ist, können zugelassen werden. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt eine schulische Ausbildung, die dem Abschluss einer BHS in Österreich entspricht oder ein einschlägiges Universitätsstudium. Neben der Qualifikation sind ausbildungsadäquate Berufserfahrung, Sprachkenntnisse und Alter wichtige Kriterien. Neben Fachkräften in Bereichen wie Schweissen oder Tischlern sind vor allem technische Experten in der Liste aufgeführt.
In Deutschland versucht man das Fachkräfteproblem in den Griff zu bekommen, indem man die Zuwanderung von Spezialisten aus Nicht-EU-Ländern neu regelt und die Mindestverdienstgrenze für IT-Experten deutlich von bisher 66.000 Euro auf nun 33.000 Euro senkt. (mi)

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