Das Systemhaus PROGRAMMIERFABRIK mit Sitz im Softwarepark Hagenberg ist ein Unternehmen der GRZ IT Gruppe. Eines der Highlights ist das Projekt K5, das bereits bei mehr als 260 Gemeinden im Einsatz ist. [...]
Was zeichnet aus Ihrer Sicht den IKT-Standort Oberösterreich gegenüber anderen heimischen Regionen aus?
Wilhelm Weidinger: Im wirtschaftlich sehr erfolgreichen Oberösterreich finden IT-Unternehmen viele potente Kunden vor, die ihre Wettbewerbsfähigkeit durch leistungsfähige IT-Lösungen weiter steigern wollen. Nur in Wien gibt es mehr IT-Unternehmen als in Oberösterreich. Und wir haben weit mehr echte Mittelstandsunternehmen als in anderen Bundesländern. Diese verkaufen sehr erfolgreich Lösungen für viele verschiedene Bereiche: ERP, PPS, E-Government, E-Health, FIBU, etc. Dass sich die IT-Unternehmen hier besonders gut entwickeln, verdanken wir vor allem den zahlreichen und vielfältigen Ausbildungseinrichtungen für IT-Fachkräfte, die mehr Studienplätze als in anderen Bundesländern bieten. Aber auch die IKT-Infrastruktur ist leistungsfähiger als anderswo, weil man in Oberösterreich beispielsweise frühzeitig erkannt hat, wie wichtig der Glasfaserausbau ist.
Wie zufrieden sind Sie mit den Rahmenbedingungen in Oberösterreich? Wo sind Ihrer Meinung nach die größten Hemmschuhe?
Wilfried Seyruck Mit den von Oberösterreich bestimmten Rahmenbedingungen können wir gut leben. Nicht mehr zeitgemäße Bundesgesetze erschweren uns aber die Arbeit. Ein Beispiel dafür ist das Arbeitszeitgesetz. Da Dienstleistungen nicht auf Vorrat erbracht werden können, ist es für die IT-Branche dringend erforderlich, dass die Arbeitszeit flexibler gestaltet werden kann. Viele Mitarbeiter fühlen sich durch dieses starre Gesetz mehr eingeengt als geschützt. Gerade hochqualifizierte und entsprechend bezahlte IT-Spezialisten wollen selbstbestimmt arbeiten. Dadurch entscheiden sich immer mehr IT-Spezialisten als Ein-Personen-Unternehmer tätig zu werden. EPU mit Spezial-Knowhow bei Projekten einzubinden, wird durch die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag aber erschwert. Eine Zusammenarbeit über Firmengrenzen hinweg, die wegen hoher Spezialisierung oft dringend notwendig ist, um anspruchsvolle Projekte durchzuführen, wird dadurch ebenfalls erschwert oder verhindert.
Wie zufrieden sind Sie mit der Geschäftsentwicklung in den letzten 12 Monaten im Vergleich zu den vorangegangen Jahren?
Weidinger Im letzten Geschäftsjahr konnte die PROGRAMMIERFABRIK ihren Umsatz auf 13,6 Mio. Euro steigern. Das ist ein Plus von 15,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ermöglicht wurde dieses überdurchschnittliche Wachstum durch Großprojekte wichtiger Kunden, die uns seit vielen Jahren schon ihr Vertrauen schenken.
Bitte beschreiben Sie ein oder mehrere Highlights aus den letzten 24 Monaten – z.B. Produktentwicklung, Projekte und Kundengewinnung.
Seyruck Das Highlight der von uns abgewickelten Projekte der letzten 24 Monate stellt das Projekt K5 – Kommunalmanagement der neuen Generation – dar. Dabei wurde in unserem Haus erstmals ein Projekt dieser Größe mit dem agilen Vorgehensmodell SCRUM entwickelt. Obwohl oder gerade weil wir uns komplexen Anforderungen von fünf Auftraggebern gegenüber sahen, haben wir mit dieser Methode der Projektentwicklung beste Erfahrungen gemacht. Alle Projektbeteiligten – Aufraggeber und Auftragnehmer – sind von der angewandten Methode voll überzeugt und machen die agile Softwareentwicklung ganz wesentlich für die hohe Akzeptanz des entstandenen Produktes beim Kunden verantwortlich. Die große Anzahl an Installationen beim Kunden – mittlerweile ist K5 bereits bei mehr als 260 Gemeinden im Produktivbetrieb – ist der beste Beweis für ein richtungsweisendes und äußerst erfolgreiches Projekt. In den nächsten Jahren werden daher weitere 1.400 Gemeinden auf diese Lösung umsteigen.
Wie zufrieden sind Sie mit der Ausbildungsqualität oberösterreichischer Einrichtungen wie FH und TU?
Weidinger Als Systemhaus mit vielen verschiedenen Anforderungen beschäftigt die PROGRAMMIERFABRIK Absolventen und Absolventinnen fast aller IT-Ausbildungseinrichtungen. Vorwiegend nehmen wir aber Absolventen der einschlägigen HTL, der Fachhochschul-Studiengänge in Hagenberg sowie der Uni Linz auf. Mit der Qualität der Ausbildung sind wir durchwegs zufrieden. Da wir unterschiedliche Qualifikations-Levels benötigen, ist das große Angebot an unterschiedlichen Ausbildungseinrichtungen – IT-HTL, FH, Uni – für uns sehr wichtig. Mittlerweile gibt es ein sehr breites Angebot an IT-Ausbildungsmöglichkeiten, das nur mehr schwer überschaubar ist. Durch die vielen angebotenen Spezialisierungen wird den Schülern die Wahl der am besten geeigneten Studienrichtung nicht gerade erleichtert. Da zu Beginn einer Ausbildung die individuellen Neigungen und Begabungen oft noch nicht transparent sind, wäre es aus unserer Sicht vorteilhaft, wenn man sich erst nach einer IT-Grundausbildung für ein Spezialgebiet entscheiden müsste.
Wie stark leiden Sie unter dem Phänomen Fachkräftemangel und welche Gegenmaßnahmen ergreifen Sie?
Seyruck Der Mangel an gut ausgebildeten IT-Fachkräften ist trotz schwacher Konjunktur ein massives Problem. Immer wieder müssen wir deswegen sogar Aufträge ablehnen. Um den Bedarf an IT-Experten nachhaltig zu decken, pflegen wir intensiven Kontakt mit den Ausbildungseinrichtungen und den Absolventenverbänden. Selbstverständlich präsentieren wir uns auch auf den einschlägigen Karriere-Messen. Entscheidend ist es aber, die zukünftigen Mitarbeiter schon während ihrer Ausbildung näher kennen zu lernen. Daher beschäftigen wir jeden Sommer zahlreiche Ferial-Praktikanten und wir bieten Studenten und Studentinnen die Möglichkeit, ihr Praxis-Semester bei uns zu absolvieren oder ihre Diplomarbeit bei uns zu schreiben. Dadurch konnten wir schon einige ausgezeichnete Fachkräfte für uns gewinnen.
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