Die Mobilfunkbetreiber hadern mit den Regulierungsvorschriften der EU. Datenvolumina explodieren, die Anbieter schaffen es aber nicht, das auch in Gewinne zu verwandeln. [...]
Mit dem iPhone hat auch die Ära der Smartphones begonnen und damit der größte Wandel in der Geschichte der Mobilfunkindustrie. Während Sprachminuten nach jahrelangem Wachstum ihren Höhepunkt erreicht zu haben scheinen und die Zahl der SMS sinkt, wächst der Datenverkehr explosionsartig. „Alleine im vergangenen Jahr hat sich das Datenvolumen im Netz von T-Mobile verdoppelt und ein Ende dieses Wachstums ist noch lange nicht in Sicht“, sagte Andreas Bierwirth, CEO T-Mobile Austria, im Rahmen des Mobile World Congress (MWC) in Barcelona im Gespräch mit der COMPUTERWELT. Innerhalb von nur vier Jahren sei der Datenverkehr im Netz von T-Mobile Austria um 960 Prozent auf 2.457 Terabyte (etwa 2,5 Millionen Gigabyte) gewachsen. „Wir sitzen auf einem riesigen Wachstumsmarkt“, so Bierwirth, „aber leider konnten wir diese Wachstumskurve nicht in eine Umsatzkurve umwandeln.“ Die Umsatzkurve zeige sogar nach unten.
HOHE AUSGABEN, NIEDRIGE UMSÄTZE
Die Datenflut kann nur mit leistungsstarken Netzen bewältigt werden, die hohe Investitionen erfordern. Die Versteigerung der dafür notwendigen Frequenzen im letzten Herbst hat die heimischen Mobilfunker viel Geld gekostet (T-Mobile 654 Mio. Euro, A1 1,03 Mrd. Euro und Hutchison 330 Mio. Euro). Nun wollen die Mobilfunker diese Investitionen auch in Umsätze umwandeln und erhöhen teilweise ihre Tarife. Die Betreiber nennen das „die Tarife werden angepasst“.
Ein weiteres Thema, das den Mobilfunkbetreibern Sorgen bereitet, ist die geplante Abschaffung der Roamingtarife für die Mobiltelefonie im Ausland. „Österreich ist ein Tourismusland und lebt von den ausländischen Touristen“, so Bierwirth. Auch A1 werden die EU-Regulierungen viel Geld kosten. Laut Geschäftsführer Hannes Ametsreiter soll sich die Belastung für sein Unternehmen von 2012 bis 2016 auf 290 Millionen Euro belaufen, wie er im Gespräch mit der COMPUTERWELT bestätigt. Der Wegfall der Roaminggebühren für Sprachtelefonie innerhalb der EU könnte schon 2015 passieren, derzeit laufen Verhandlungen darüber in Brüssel.
Auch für das Datenroaming soll das Ende absehbar sein. Die EU hat zu diesem Thema eine Studie veröffentlicht. Diese besagt, dass 94 Prozent der Europäer, die außerhalb ihres Heimatlandes unterwegs sind, wegen der anfallenden Roamingkosten kaum oder gar nicht mit ihrem Smartphone im Internet surfen. Die EU-Kommission geht nun davon aus, dass sich die Telekommunikationsunternehmen wegen ihrer derzeitigen Preisgestaltung einen Markt von ungefähr 300 Millionen Handynutzern durch die Lappen gehen lassen. „Ich bin wirklich von diesen Zahlen geschockt. Die Verbraucher schränken ihre Handynutzung auf extreme Weise ein, und davon haben auch die Unternehmen nichts. Und andere Unternehmen wie zum Beispiel App-Anbieter erleiden Umsatzeinbußen. Roaming hat keinen Sinn in einem Binnenmarkt und ist auch wirtschaftlich kurzsichtig“, so Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission. Zudem würden Vielreisende, die laut EU potentiell das gewinnträchtigste Marktsegment bilden, die Datenroamingdienste ihres Handys sogar eher abschalten als gelegentlich Reisende.
„Auf den ersten Blick hören sich die Kommissionspläne aus Sicht der Kunden natürlich interessant an“, so Jan Trionow, Chef von Drei Österreich auf Anfrage der COMPUTERWELT, und weiter: „Die EU sollte sich aber zur sinnvollen Umsetzung ihrer Vision auf ihre Kompetenzen bei der Harmonisierung der Regulierung von Vorleistungsmärken konzentrieren. Sonst zahlt der österreichische Konsument am Ende die Zeche für eine Anpassung der Preise an das durchschnittlich viel höhere Niveau in Europa“. (cb)
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