Mit über 14.500 Mitarbeitern zählt Phoenix Contact heute zu den weltweit führenden Herstellern von Lösungen für die Industrie. Die COMPUTERWELT hat mit Österreich-Geschäftsführer Thomas Lutzky über Digitalisierung und Industrie 4.0 gesprochen. [...]
Haben heimische Produktions-Unternehmen schon verstärkt Elemente von Industrie 4.0 im Einsatz oder gibt es hier noch Aufholbedarf, etwa im Vergleich zu anderen europäischen Ländern?
Mitteleuropa ist führend bei der Nutzung der Chancen, die sich aus Industrie 4.0 ergeben. Österreichische Maschinenbauer und Produktionsbetriebe treiben die In-House-Digitalisierung schon lange voran, der nächste Entwicklungsschritt umfasst die Wertschöpfungskette über Unternehmensgrenzen hinweg.
Wo sehen Sie die Hauptvorteile durch einen verstärkten Einsatz von IT im Produktionsbetrieb?
Die IT ist nicht mehr wegzudenken. Sensoren sammeln riesige Datenmengen. Diese gilt es sinnvoll zu Informationen zu verdichten, daraus Analysen zu fahren und die Ergebnisse in Visualisierungen oder im ERP System darzustellen. Die Erkenntnisse daraus machen Entwicklungsschritte schneller, erlauben Aussagen über Maschinenzustände und erforderliche Wartungsarbeiten und schaffen Verbindungen über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg. Digitale Produktbeschreibungen beschleunigen Produktionsprozesse und machen die Fertigung flexibler. Phoenix Contact unterstützt dabei an vielen Stellen mit Netzwerktechnik, Security-Lösungen, Steuerungen, Industrie-PCs und Safety-Technologie und arbeitet natürlich intensiv an der digitalen Beschreibung der Produkte.
Welche Elemente der IT, von Big Data über Cloud bis IoT, sind für Industrie 4.0 von besonders hoher Bedeutung und warum?
Industrie 4.0 basiert auf einem Zusammenspiel aller erwähnten Elemente. Mit der PROFICLOUD Technology etwa bringt Phoenix Contact das PROFINET in die Cloud. Diese Kombination aus bewährtem Automatisierungsstandard und neuester Informationstechnologie vereinfacht zum Beispiel Fernwirkaufgaben grundlegend. Netzwerkteilnehmer und auch Funktionen eines industriellen PROFINET-Netzwerks können in die Cloud verlagert werden. Dadurch ergeben sich eine Vielzahl neuer Möglichkeiten für Automatisierungslösungen auf Basis von PROFINET: zum Beispiel, indem Informationen aus Cloud-Diensten in die Applikation integriert oder rechenintensive Funktionen intelligent an zentrale Rechnereinheiten übertragen werden. Gleichzeitig wird Netzwerken so einfach wie nie zuvor.
Wie ist Ihre Geschäftsentwicklung in Österreich und können Sie ein Vorzeigeprojekt in diesem Jahr nennen?
Wir können auf ein erfolgreiches und durch Wachstum geprägtes Jahr zurückblicken. Mit der Pilotfabrik Industrie 4.0 der TU Wien unterstützen wir ein österreichisches Leuchtturmprojekt, das gerade in der Seestadt Aspern entsteht. Ein weiteres Highlight war heuer die Fachkonferenz IndustryTech16, die wir gemeinsam mit den Firmen Festo, SAP, Sick und Siemens veranstaltet haben. Und die neu gegründete Phoenix Contact Innovation Ventures GmbH investierte in eine Reihe aussichtsreicher Startups und fördert so Innovation und Unternehmertum. In Kooperation mit den Gründern werden zukunftsfähige Geschäftsmodelle zu erfolgreichen Unternehmen entwickelt.
Sie bieten Lösungen für so gut wie alle Branchen an. Welche Lösungen und Dienstleistungen werden in Österreich besonders stark nachgefragt
Der Schutz von Industrieanlagen vor nicht autorisierten Zugriffen, Cyber-Attacken oder Schadsoftware wird immer wichtiger. Unsere mGuard-Produkte sichern ein Anlagennetzwerk mit einer starken, flexiblen und schnellen Firewall. Die optionale VPN-Funktion ermöglicht darüber hinaus sichere Verbindungen über öffentliche Netze zu entfernten Standorten oder Maschinen für Fernwartungsaufgaben. Die mGuard Secure Cloud bietet Betreibern sowie Maschinen- und Anlagenbauunternehmen eine schlüsselfertige VPN-Komplettlösung. Über eine revolutionär einfache Web-Oberfläche verbinden sich Service-Mitarbeiter schnell und sicher mit Maschinen, Industrie-PCs und Steuerungen. Auch ohne spezielles IT-Wissen kann die sichere Fernwartung unabhängig von Ort und Zeit durchgeführt werden. Neben einem breiten Produktportfolio bei Hard- und Software bieten wir aber auch Security-Dienstleistungen an: Von der konzeptionellen Beratung über die Ausarbeitung detaillierter Security-Konzepte bis hin zur Inbetriebnahme und Einweisung beraten wir Unternehmen gerne bei der Absicherung ihres industriellen Netzwerks. Die Lösungen von Phoenix Contact ermöglichen einen hohen Automatisierungsgrad.
Welche Vorteile hat das für Ihre KundenA
utomatisierung steigert die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Sie ist alternativlos im Hochlohnland Österreich.
Phoenix Contact wurde in Deutschland Gesamtsieger im Wettbewerb »Werkzeugbau des Jahres«. Die Jury lobt besonders Ihre weltweite Transparenz über alle Projekte unter anderem durch digitale Boards und Gemba-Walks. Was genau sind Gemba-Walks?
Gratulation an die Kollegen! Der Begriff Gemba-Walk stammt aus der japanischen Kaizen Philosophie. Ein Gemba-Walk ist ein regelmäßiger Gang durch die Produktion (den Ort des Geschehens) mit festen Stationen, an denen anhand einer definierten Agenda die wesentlichen aktuellen Probleme und Entscheidungsbedarfe durchgesprochen werden. Diesen Gang führen unsere Kollegen seit einigen Jahren täglich zu einer festen Uhrzeit durch, um schnelle Entscheidungen vor Ort treffen zu können. Diese Vorgangsweise unterstützt auch sehr gut unserer Philosophie: Zuerst Lean, dann Industrie 4.0.
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