Interxion ist seit rund zwei Jahrzehnten als Rechenzentrumsbetreiber in Wien aktiv und hat den Rechnungszentrumscampus permanent erweitert. Martin Madlo, Managing Director Interxion Österreich, spricht im Interview mit der COMPUTERWELT über den Digitalisierungsschub während der Corona-Pandemie und Trends für 2021. [...]
Wie sehen Sie rückblickend das Jahr 2020? Wie hat sich die Krise auf Ihr Unternehmen ausgewirkt?
Das Jahr 2020 hat uns allen deutlich gezeigt, dass Vieles, was man zuvor für unmöglich gehalten hat, sehr wohl möglich ist und auch funktioniert. Immer mehr Entscheidungsträger sind nun bereit, sich von alten, festgefahrenen Denkweisen zu lösen. Viel wichtiger ist es nun, danach zu fragen, wie etwas ermöglicht werden kann, und nicht ob. Wir haben sicher auch – durch das zwangsläufige Verlassen der Komfortzone – gelernt, wieder kreativer mit Herausforderungen und Hürden umzugehen, statt den Kopf in den Sand zu stecken. Insgesamt ist die Bedeutung digitaler Technologien aufgrund der Krise nun in allen Bereichen des Lebens und in allen Branchen angekommen. Das haben wir rasch durch die erhöhte Nachfrage nach unseren Services festgestellt.
Wie hat sich dieser Digitalisierungsschub auf Interxion ausgewirkt?
Gleich zu Beginn des ersten Lockdowns ist die Nachfrage nach zusätzlicher Rechenzentrumsfläche, Connectivity und direktem Zugang zu Cloud-Providern enorm angestiegen. Denn es ist besonders wichtig, dass die Connectivity zwischen Mitarbeitern und Business-Tools leistungsfähig genug ist, um der neuen Normalität gerecht zu werden. Ist das nicht der Fall, wird der Zugang zu Informationen verzögert und die Möglichkeiten für Zusammenarbeit und Innovation werden reduziert. Ohne leistungsstarke Rechenzentren wären viele Herausforderungen, die uns die Krise gebracht hat, kaum zu bewältigen gewesen.
Mussten deswegen spezielle Aktivitäten bzw. Investitionen getätigt werden?
Als Betreiber einer kritischen Infrastruktur mussten wir in erster Linie sicherstellen, dass die Gesundheit unserer Mitarbeiter jederzeit geschützt ist. Das ist in einem Rechenzentrum weitaus komplexer als in anderen Betrieben, weil speziell unsere Techniker vor Ort sein müssen und nicht im Home Office arbeiten können. Viele unserer Kunden haben während der Lockdowns verstärkt auf unseren Hands-and-Eyes-Service gesetzt, damit ihre Mitarbeiter zu Hause bleiben können, um ihre Gesundheit zu schützen. Da wir aber bereits vor der Krise ein entsprechendes Business Continuity Management etabliert hatten, konnten wir dies rasch und problemlos umsetzen. Prinzipiell verfügen wir über genügend Kapazitäten, um unseren Kunden ein schnelles, bedarfsorientiertes Skalieren zu ermöglichen. Nachdem aber mit einer weiteren Beschleunigung der digitalen Transformation in allen Branchen zu rechnen ist, bauen wir unseren Wiener Rechenzentrumscampus kontinuierlich aus und haben daher kürzlich ein weiteres Grundstück in der Bundeshauptstadt erworben.
Wie gut waren die heimischen Unternehmen Ihrer Meinung nach auf die Digitalisierungsanforderungen vorbereitet?
Grundsätzlich weisen österreichische Unternehmen eine hohe Innovationskraft auf – das beobachten wir auch bei uns im Haus. Auch der rasche Umstieg aufs Home Office ist vielen Betrieben im Großen und Ganzen gelungen. Allerdings gibt es Nachholbedarf. Denn es reicht nicht aus, Mitarbeiter mit Laptops und Smartphones auszustatten. Noch wichtiger ist es, dass sie jederzeit auf Anwendungen und Daten zugreifen können – daran muss noch gearbeitet werden.
Welche Pläne verfolgt Interxion nach der Fusion mit Digital Reality?
Was unsere Kunden unter anderem besonders an Interxion schätzen, ist, dass sie stets ein und dieselbe Ansprechperson beziehungsweise denselben Anbieter haben – zum Beispiel, wenn ein österreichischer Betrieb Rechenzentrumsfläche im Ausland benötigt. Durch den Merger mit dem Cloud-Anbieter Digital Realty ist dies nun auf der ganzen Welt möglich: 275 Datacenter stehen unseren Kunden nun weltweit zur Verfügung.
Was erwarten Sie für das Jahr 2021?
Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung verzichten immer mehr Unternehmen auf ein eigenes Datacenter und setzen stattdessen auf professionelle Colocation-Rechenzentren, weil nur diese über die erforderliche Konnektivität, Hochverfügbarkeit und Sicherheit verfügen, die erforderlich sind, um digital auf stabilen Beinen zu stehen. Dieser Trend wird sich dieses Jahr noch verstärken, da der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums immer weniger Sinn macht. Zudem wird auch das Thema künstliche Intelligenz den Durchbruch schaffen – das beobachten wir auch bei uns im Haus, wo zukunftsweisende Innovationen made in Austria entstehen. Wir betreiben aktuell das einzige österreichische Datacenter, das von NVIDIA, dem größten Hardwarehersteller für KI-Anwendungen, als DGX-ready zertifiziert ist. Mit dem Ausbau unseres Wiener Rechenzentrumscampus möchten wir den Standort Österreich stärken. Damit ermöglichen wir Innovation und stärken die wirtschaftliche Resilienz unserer Kunden.
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