Big-Data-Anbieter unter der Lupe

Mangelnde Experimentierfreude hemmt die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle. Dabei hätten die Anbieter durchaus die passenden Big-Data-Lösungen im Angebot, so das Ergebnis des Big Data Vendor Benchmark 2016 der Experton Group. [...]

Big Data wird in Zukunft untrennbar mit Themen wie Industrie 4.0 und dem Internet of Things verbunden sein, stellten die Analysten der Experton Group im Rahmen ihres aktuellen „Big Data Vendor Benchmark 2016“ fest. Immer mehr Bereiche des Lebens generieren große Datenmengen und immer mehr Bereiche werden in Folge durch aus Daten gewonnener Information getrieben. „Gerade die digitale Transformation, in deren Rahmen die Anwenderunternehmen ihre Wettbewerbsposition stärken wollen, ist extrem datengetrieben“, sagt Lutz Peichert, Vorstand und Chief Operating Officer der Experton Group. „Integration und Aggregation von Daten führen zu Information. Die Kombination von Informationen führt zu Wettbewerbsvorteilen.“

So weit die Theorie. In der täglichen Praxis der Unternehmen scheint dies allerdings noch nicht angekommen zu sein. Den Verantwortlichen in den Unternehmen sei offensichtlich noch nicht ganz klar, was man mit Big Data machen will, konstatierte Holm Landrock, Lead Advisor Big Data bei der Experton Group. Vielfach liege der Fokus darauf, bestehende Geschäftsmodelle zu optimieren. „Es fehlt offenbar die Kreativität.“

NEUE IDEEN GEFRAGT

Viele Big-Data-Szenarien zielen derzeit noch darauf ab, vorhandene Geschäftsprozesse auf eine breitere Datenbasis zu stellen. Doch die Stimmung der Verbraucher kippt, wenn es um immer genauere Auswertung persönlicher Daten geht. Deswegen sind künftig vor allem Ideen gefragt, mit denen Anwenderunternehmen aus ihren Daten heraus neue Geschäftsmodelle entwickeln können – auch ohne personenbezogene Daten. Mit dem Verständnis der Verbraucher vom Wert ihrer Daten wird es also zunehmend wichtig, über datenbasierende Geschäftsmodellinnovationen nachzudenken, bei denen es sich nicht darum dreht, einer Kundin oder einem Kunden das nächste optimal maßgeschneiderte Produkt in der Wunschfarbe zu verpassen.

PRODUKTE MARKTREIF

Zudem haben aus Sicht der Analysten die in der Vergangenheit verfolgten Sparkurse in Sachen IT-Ausgaben zu einem Investitionsstau in vielen Unternehmen geführt. Budgets würden daher hauptsächlich für unumgängliche  IT-Projekte genutzt, etwa um den Betrieb der installierten Basis sicherzustellen und zu optimieren. „Gelder für innovative und zukunftsweisende Projekte sind dagegen Mangelware“, lautet die Bilanz der Experton-Analysten. Auf der anderen Seite haben die Anbieter in den vergangenen Jahren ihre Big-Data-Lösungen kontinuierlich weiterentwickelt. Das hat laut Landrock zu der Situation geführt, „dass viele Produkte zwar die erforderliche Marktreife erlangt haben, ihr Einsatz aber in der Praxis immer noch weit hinter den Erwartungen zurück liegt“.

Im Rahmen des dritten Big Data Vendor Benchmarks haben die Experton-Analysten von Juni 2014 bis Juli 2015 insgesamt 284 Big-Data-Anbieter im Markt identifiziert. Davon qualifizierten sich letzten Endes 100 Anbieter für die Teilnahme an der Studie. Diese Anbieter wurden in verschiedenen Kategorien bewertet und dort je nach Portfolio-Attraktivität und Wettbewerbsstärke in Quadranten eingeordnet. Beispielsweise konnten sich im Bereich Big Data Consulting Unternehmen wie T-Systems, Atos und IBM vorne im Leader-Quadranten positionieren. In der Liga der Datenbanken und Datenmanagement-Lösungen hatten die Branchengrößen IBM, Oracle, SAP und Microsoft die Nase vorn.

Trotz der aktuellen Zurückhaltung auf Anwenderseite geht die Experton Group davon aus, dass der Markt für Big Data in den kommenden Jahren deutlich zulegen wird und zwar im Schnitt bis 2020 um knapp 22 Prozent pro Jahr. Den Löwenanteil im Big-Data-Markt machen die damit verbundenen Services aus. Ihr Anteil wird von 54 Prozent im Jahr 2015 bis 2020 auf gut 60 Prozent steigen. Nach Branchen betrachtet wird im kommenden Jahr der Dienstleistungssektor der Hauptabnehmer von Big-Data-Lösungen sein. Auf das Konto der Dienstleister soll ein Drittel des Marktes entfallen.

DATENGETRIEBENE ZUKUNFT

„Anwender müssen darüber nachdenken, wo in ihren Unternehmen das Potential für ganz neue Geschäftsfelder stecken könnte – in den Daten“, sagt Analyst Landrock. Die Zukunft gehöre datengetriebenen Geschäftsmodellen, in deren Rahmen zusätzlicher Mehrwert durch die Analyse und Nutzung von Daten erzielt wird. Klassische Geschäftsmodelle würden durch Big Data dagegen lediglich optimiert.

Statt klassischer Herangehensweisen rund um Datenaufbereitung und Modellerstellung, müssten Unternehmen erst neue Geschäftsstrategien und dazu passende Prozesse als Ausgangspunkt für wirklich innovative Big-Data-Projekte entwickeln. Wie diese Projekte initiiert werden, ist aus Sicht der Experton Group nicht ganz unproblematisch für die IT-Abteilungen. Es bestehe die Gefahr, dass Cloud-Angebote für Analysen und Self-Service-IT-Lösungen eine Schatten-IT entstehen lassen. „Investitionen in Big Data wachsen nicht mehr aus der IT heraus, sondern aus den Fachabteilungen“, konstatierte Landrock. Durch den Druck hin zu datengetriebenen Geschäftsmodellen sei Innovation gefordert. „Doch nur die wenigsten IT-Abteilungen sind in der Lage, die auch zu liefern.“ Die digitale Transformation sei eine der letzten Chancen für die IT, das Heft in die Hand zu nehmen, warnen die Analysten. (idg/oli)


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