Laut Angaben der Wirtschaftskammer fehlen den österreichischen Unternehmen bereits 162.000 Arbeitskräfte. Mit einer Bildungsoffensive soll jetzt gegengesteuert und die fehlenden Skills vermittelt werden. [...]
Moderne, zukunftsorientierte Bildung eröffnet neue Handlungsspielräume für uns alle – für Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Jugendliche, Ältere, Frauen, Männer“, betont Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer die Bedeutung der Bildung für den modernen Arbeitsmarkt und verweist auf die Offensive der WKO „Zukunft bilden“. Laut einer Unternehmensbefragung zu Fachkräften, die das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) letztes Jahr durchgeführt hat, zeigen sich Engpässe bei den Fachkräften vor allem bei Menschen mit Lehrabschluss sowie praktischer Berufserfahrung, danach folgen höhere Berufsbildung (z.B. Meister, Fachakademien), HTL-Abschlüsse und Fachhochschulabschlüsse. Ein geringerer Mangel herrscht bei Menschen mit Universitäts-, HAK- und AHS-Abschlüssen. Dabei wird deutlich, dass die Lehre bzw. auch der berufsbildenden Schulen von vielen oft als nicht mehr zeitgemäß betrachtet werden.
Digitalisierung bringt Veränderungen
Doch die fortschreitende Digitalisierung schafft große Veränderungen und Herausforderungen in beruflicher Hinsicht. Es wird geschätzt, dass bis zum Jahr 2030 30 Prozent der Arbeit wegfallen könnte. Gleichzeitig soll nach Schätzungen der Unternehmensberater von McKinsey durch die Digitalisierung 33 Prozent mehr Arbeit geschaffen werden, indem neue Jobs entstehen, die jedoch andere Fertigkeiten benötigen. Dazu zählen technische, soziale und emotionale Kompetenzen sowie die von McKinsey als „21st Century Skills“ bezeichneten Fähigkeiten, wie Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken und Kreativität.
Bildungsoffensive
Die Wirtschaftskammer sieht Österreich vor vier großen Herausforderungen gestellt: Fachkräfte, Sozialprestige Lehre, Grundkompetenzen bei Schülerinnen und Schülern und Digitalisierung. Für deren Bewältigung hat die WKO sechs Handlunsgfelder (siehe Grafik) definiert. Noch 2019 soll mit der Umsetzung von fünf Leuchtturmprojekten begonnen werden. Nachfolgend werden die Leuchtturmprojekte kurz vorgestellt.
1. Virtuelle Lernplattform: Für die Weiterbildung von Mitarbeitern in Unternehmen braucht es neben klassischen, physischen Lernformaten auch Online-Infrastrukturen, die Wissen in neuen Formaten einfach, kurzfristig und ortsunabhängig zugänglich machen. Deswegen soll eine „Virtuelle Lernplattform“, die allen Interessierten offensteht, mit einem umfassenden Online-Kursangebot aufgebaut werden. Die Plattform umfasst Learning Rooms, E-Books, MOOCs (massive open online courses) oder virtuelle Klassenzimmer. Maßgeschneiderte Angebote sollen dank KI möglich sein.
2. Triale Berufsbildung: Da die Anforderungen an die Arbeitskräfte zunehmen, muss auch die Berufsausbildung auf den künftigen (digitalen) Bedarf ausgerichtet werden. Die duale Berufsbildung mit den Lernorten Betrieb und Berufsschule soll um ein zusätzliches, drittes Element erweitert werden. Alle Lehrabsolventinnen und Lehrabsolventen sollen über entsprechende digitale Kompetenzen verfügen. Deswegen entwickelt die WKO ein ergänzendes Angebot zu Betrieb und Berufsschule an einem „dritten Lernort“. Hier sollen auch moderne Technologien wie Virtual Reality oder Gamebased Learning/Gamification zum Einsatz kommen. Das triale Angebot wird über die Virtuelle Lernplattform und den Campus der Wirtschaft verfügbar gemacht.
3. Durchgängige Bildungspfade & höhere Berufsbildung: Gegenwärtig werden die unterschiedlichen Abschlüsse der Berufsbildung, die auf einer Lehre aufbauen, nicht als „höhere Berufsbildung“ wahrgenommen. Zudem wird die berufliche und persönliche Aus- und Weiterbildung durch mangelnde Durchgängigkeit der unterschiedlichen Bildungswege erschwert. Hier hat die WKO zum einen bereits Bildungspfade erstellt, die durchgängige Entwicklungsmöglichkeiten für Fachkräfte aufzeigen. Zum anderen will die Wirtschaftskammer zwischen den Bildungspfaden nahtlose Übergänge schaffen und sämtliche Qualifikationen der Berufsbildung dem Bedarf der Wirtschaft anpassen. Für die höhere Berufsbildung soll eine attraktive Bildungsmarke etabliert werden und die Lehre wird als Ausgangspunkt für Höherqualifizierungen und für attraktive Fachkarrieren positioniert.
4. Campus der Wirtschaft: Dieses Leuchtturmprojekt dient der Unterstützung ausbildender Unternehmen, indem eine entsprechende moderne Infrastruktur geschaffen wird. Erforderlich sind u.a. kombinierte Bildungs– und Forschungseinrichtungen mit offenen Laboren, Werkstätten auf dem technologisch letzten Stand und Räume der Zusammenarbeit. Diese integrierten „Campus-der-Wirtschaft„-Standorte bieten hochwertige physische Lern-Infrastrukturen mit Fokus auf digitale Technologien. Schüler aller Schultypen, Lehrlinge, Lehrer, Studierende, Fachkräfte, Professoren und (angehende) Unternehmer erhalten rund um die Uhr direkten Zugang zur Anwendung von Zukunftstechnologien wie Virtual und Augmented Reality, spielerisches Lernen, künstliche Intelligenz und 3D-Druck. Die WKO hat bis 2025 drei Standorte geplant, von denen jeder unterschiedliche Zielgruppen mit Unternehmen zusammenbringen soll.
5. Wirtschaft in der Schule: Unternehmer beklagen oft die geringe Finanz- und Wirtschaftskompetenz heimischer Schüler und Schülerinnen. Unter dem Motto „Wirtschaft in die Schule“ soll das Verständnis von betriebs- und volkswirtschaftlichen Zusammenhängen und eine positive Einstellung zum Unternehmertum unter Österreichs Schülerinnen und Schüler vermittelt werden. Dieses Leuchtturmprojekt umfasst bestehende Programme wie den Unternehmerführerschein und bringt zudem neue Programme wie zum Beispiel „Entrepreneurship Projektwochen“ oder Unterrichtsmaterialien für Lehrende.
Die Bildungsoffensive ist eine mehrjährige Maßnahme, dennoch sollen erste Ergebnisse bereits 2019 sichtbar sein. Unter anderem sollen schon 2019 mehr IT-Fachkräfte für die heimischen Unternehmen zur Verfügung stehen, digitale Aus- und Weiterbildungsplattformen für Ausbilder geschaffen, die „Lehre NEU für Erwachsene“ lanciert, das Förder- und Mentoringprogramm „Skills Pool Austria“ gestartet sowie auch eine MINT-Offensive in Kindergärten und Schulen in Angriff genommen werden, wie zum Beispiel eine Code Week.
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