Braucht jeder CIO eine IT-Ausbildung?

Die digitale Transformation bringt die Ausdifferenzierung des Berufsbildes CIO mit sich. Die spezifische Rolle hängt oft davon ab, in welcher Branche das Unternehmen agiert und wie hoch der jeweilige Digitalisierungsgrad ist. [...]

Immer mehr Unternehmen begeben sich auf neue Wege, um nicht den Anschluss an die digitale Zukunft zu verpassen. Daher suchen sie dringend Führungskräfte, die es verstehen, die Schritte in die digitale Ära zu planen und auch umzusetzen. Doch wer sind diese gelobten Führungskräfte? Da die IT als Motor der Digitalisierung gesehen wird, verortet man den Manager, der das Unternehmen in die Zukunft führen soll, natürlich genau dort. Damit haben sich die Aufgaben der CIOs bzw. IT-Leiter in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. War die IT früher in erster Linie jene Organisationseinheit, die das Business am Laufen hielt und die Fachabteilungen mit Werkzeugen und Services versorgte, wird von ihr zunehmend die Aufgabe verlangt, Innovationen voranzutreiben und neue Geschäftsfelder auszumachen – und das alles gleichzeitig bei gleichbleibenden und manchmal sogar sinkenden Budgets.
Mit den neuen Aufgaben der IT ändert sich auch das Anforderungsprofil der CIOs. Aus der einstigen primären Rolle des Bewahrers und internen Dienstleisters entstehen heute eine ganze Reihe unterschiedlichster Berufsbilder, die fast alle noch unter der Bezeichnung CIO laufen. Das Spektrum möglicher Anforderungsprofile ist sehr breit. Es reicht laut Claudia Nussberger und Roman Huber von der Zürcher Executive-Search-Agentur Roy C. Hitchman sogar bis hin zu Spezialisten, die über keinen IT-Backgroud verfügen: „In einem Großkonzern mit ausreichend Ressourcen für die wichtigsten IT-Bereiche benötigt der CIO nicht zwingend eine Informatik-Ausbildung. Mit einem CIO mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund und mit einem profunden Geschäftsprozess-Verständnis fahren die Unternehmen ebenfalls gut“, sagt Huber.
Um den Paradigmenwechsel zu unterstreichen, hat man den Begriff Chief Digital Officer (CDO) eingeführt, den Experten wie Confare-Chef Michael Ghezzo eher als Übergangsposition sehen. Ob der CDO den CIO ablösen wird, beide parallel zueinander agieren oder der CIO die CDO-Agenden übernimmt, wird sich erst weisen. Entscheidend ist, dass es vermutlich nicht den einen CDO bzw. CIO der Zukunft gibt, sondern dass neue Berufsbilder im Entstehen sind, die sich voneinander stark unterscheiden und oft branchenspezifische Besonderheiten mitbringen. PwC hat zu diesem Thema vor Kurzem eine Studie herausgebracht, die fünf Archetypen des Chief Digital Officers skizziert – Anforderungsprofile, die sich durchaus auch auf den CIO der Zukunft anwenden lassen.
Der Progessive Thinker
Die Aufgabe dieser Führungskraft ist es, Ideen zu entwickeln, wie das Unternehmen durch die Digitalisierung transformiert werden könnte, und diese Ideen in eine Digitalstrategie und ein digitales Geschäftsmodell zu übersetzen. Der Progressive Thinker arbeitet direkt und in enger Abstimmung mit dem CEO zusammen und fokussiert sich dabei auf die Entwicklung der digitalen Strategien und die Förderung der Innovation im Unternehmen.
Der Creative Disrupter
Im Gegensatz zum Progressive Thinker bietet der Creative Disrupter einen praxisnäheren Zugang zur fortlaufenden Entwicklung neuer digitaler Technologien, Geschäftsmodelle und Lösungen. Der CDO arbeitet direkt mit dem CEO an einem geschäftsbezogenen Ansatz, um eine Differenzierung im Wettbewerb zu bewirken, die zu Einnahmenwachstum und zu einer höheren Profitabilität führt. Hierbei werden oft Ideen und Technologien aus Bereichen außerhalb der traditionellen Branchenstrukturen und Konventionen aufgegriffen.
Der Customer Advocate
Diese Führungskräfte, die typischerweise dem CMO und dem Head of Sales unterstellt sind – und diese auch ersetzen könnten – orientieren sich hauptsächlich am Markt sowie an der Kundenzufriedenheit. Der Customer Advocate konzentriert sich darauf, eine überzeugende und nachhaltige Kundenerfahrung zu entwickeln. 
Der Innovative Technologist
Ähnlich wie ein innovativer und geschäftsorientierter CIO oder CTO fördern diese CDOs den Einsatz neuer digitaler Technologien zur Umwandlung der gesamten Wertschöpfungskette ihres Unternehmens. Dafür stellen sie die notwendigen technologischen Grundlagen wie das Internet der Dinge, Mobile, Social Media und Analytics bereit, um neue, digitale Geschäftsmodelle zu realisieren. Gleichzeitig verbessern sie die interne Effizienz und zeigen Wege zur Kostenreduzierung auf. Das Ziel des Innovative Technologist besteht nicht darin, das Unternehmen umzukrempeln, indem er die Art und Weise, wie andere Branchen Geschäfte machen, auch in seiner Firma einführt. Stattdessen arbeitet er eher innerhalb der brancheneigenen Grenzen, wobei er digitale Technologien als Hebel benutzt, um eine wettbewerbsbezogene Differenzierung durch Geschwindigkeit, Effizienz und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zu erreichen, die auf einer Kombination aus digitalen Dienstleistungen und physischen Produkten basieren.
Der Universalist
Er ist sicherlich der visionärste unter den fünf Archetypen, da dieser CDO alle zentralen Aspekte einer digitalen Transformation verantwortet. Der Universalist verfügt über Expertise in mehreren Bereichen: Marketing, Technologie und Change Management. Sein Arbeitsspektrum erstreckt sich von der Entwicklung digitaler Strategien und Geschäftsmodelle über digitales Marketing und Customer Experience bis hin zur Implementierung neuester Technologien sowie Begleitung der internen digitalen Transformation samt kulturellem Wandel – mit anderen Worten: ein echter Wunderwuzzi.

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