Businesspartner der Fachbereiche

Seit 2015 ist Heinz Sitter CIO beim KELAG-Konzern. Seine erste Tätigkeit als CIO dieses Kärntner Leitbetriebes war das Zusammenführen von OT und IT. Im Interview spricht Sitter über die Herausforderungen der Digitalisierung bei einem Energiedienstleister. [...]

Heinz Sitter, CIO der KELAG. (c) KELAG

Was bedeutet die Auszeichnung als Confare Top CIO 2020 für Sie persönlich und welche Auswirkungen hat sie in beruflicher Hinsicht?

Zuallererst ist das eine große Anerkennung für unser Team und für mich, aber besonders für unser Team. Die Auszeichnung zeigt, dass wir sehr gut und mit hohem Engagement zusammenarbeiten, mit dem Ziel die IT im Konzern weiterzuentwickeln. Sie zeigt ferner, dass wir einen Teamgeist haben, der die Umsetzung der Ziele möglich macht, weil jeder für den anderen einspringt. Und schließlich zeigt sie, dass wir mit den Fachbereichen jetzt noch intensiver zusammenarbeiten und dass die Wertigkeit der IT hier auch angehoben wird. Es ist für uns eine sehr, sehr große Anerkennung der geleisteten Arbeit der vergangenen Jahre. Nämlich, dass wir ab 2015 IT und OT zusammengeführt und die IT professionalisiert haben und, dass wir noch stärker Businesspartner für die Fachbereiche geworden sind, um in Partnerschaften Digitalisierungsprojekte zu realisieren.

Was ist für Sie als CIO im Vergleich zu anderen Branchen anders?

Wir sind Infrastrukturbetreiber und damit ist bei uns bei der Transformation natürlich immer das Zusammenspiel gefragt: Einerseits zwischen den Services, die Versorgungssicherheit betreffend, also die rund um die Uhr und in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden müssen (beispielsweise Smart Grids). Auf der anderen Seite den Dienstleistungen, die den Kunden und die Vermarktung betreffen. Das sind Dienstleistungen, wie Webshops, bei denen die Kunden Strom-, Erdgas-, Wärme- und Telekom-Produkte kaufen können.

Sicherheit bei kritischer Infrastruktur ist natürlich ein hohes Gut, gleichzeitig wollen Sie kundenorientiert sein. Schließt das eine das andere nicht aus?

Security und Kundenbedarf schließen einander überhaupt nicht aus. Das muss Hand in Hand miteinander funktionieren. Ein Kunde ist nur dann zufrieden, wenn er eine sichere Applikation oder ein sicheres Produkt bekommt, das einerseits den Standards entspricht, andererseits aber auch nicht von anderen einsehbar ist, was beispielsweise den Datenschutz betrifft. Freilich soll alles leichter gehen: Convenience steht ganz oben auf der Wunschliste, aber manchmal muss man hier ein paar Abstriche machen. Tatsächlich mindert das den Komfort kaum, bekommt der Kunde doch höchstmögliches Service gemeinsam mit der höchstmöglichen Sicherheit. 

Was waren bisher Ihre Meilensteine, die Sie in punkto Digitalisierung umgesetzt haben und was soll noch kommen?

Eines unserer größten und wichtigsten Projekte war die Einführung von Smart Metering. Ein weiterer Meilenstein betrifft das Thema Security, konkret die ISMS-Einführung (Information Security Management System). Weitere Themen, die im Fokus stehen, sind die Einführung von SAP S/4 sowie die IT als Businesspartner im Unternehmen auszuprägen. Das letztgenannte Thema ist ein Dauerbrenner. Hier sind wir sehr gefragt, denn dabei geht es um Prozessverbesserungen, um Stakeholder-Management und um Governance-Themen.

Wie sehr fällt die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie in Ihren Bereich und wie sehr spielen die anderen Führungskräfte des C-Levels hinein?

Die KELAG hat natürlich eine Digitalisierungsstrategie und eine dazugehörige Digitalisierungsroadmap. Diese ist sehr stark mit der Konzernstrategie, der IT-Strategie sowie den Fachbereichsstrategien synchronisiert. Der Konzernvorstand ist hierbei ein starker Treiber und stärkt den Rücken der IT, was die Umsetzung der Projekte betrifft, die hier eine zentrale Rolle spielt. Es gibt bei der KELAG zudem ein Digital Lab, das in der Unternehmensentwicklung angesiedelt ist. Eine Stärke der KELAG ist, dass wir entsprechende Boards haben, die sich sehr gut abstimmen, was die Prioritäten bei der Digitalisierung und Projektumsetzung betrifft. Die Digitalisierungsprojekte setzen wir dann – in Abstimmung mit Vorstand und Konzernstrategie – Hand in Hand mit den Fachbereichen um.

Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit dem Digital Lab vorstellen? Liefern Sie auch Input oder nehmen und arbeiten Sie mit den dort gewonnenen Erkenntnissen?

Sowohl als auch. Es gibt eine starke Vernetzung und Abstimmung mit dem Digital Lab: Welche Projekte machen wo Sinn? Welche Projekte machen einen wirtschaftlichen Sinn beziehungsweise welche sind auch gesetzlich getrieben?

Ein großes Anliegen der KELAG ist Umweltorientierung. Welche Maßnahmen setzen Sie diesbezüglich und was kann die IT hier bewirken?

In Bezug auf das Thema Green IT können wir Einiges bewirken. So achten wir auf den ressourcenschonenden Betrieb unserer Rechenzentren, beziehungsweise darauf, in welcher Art und Weise wir unsere Services hinsichtlich Servicequalität und Verfügbarkeit anbieten – und damit zusammenhängend achten wir auch auf ausgewogenen Energieverbrauch und Energiebezug aus erneuerbaren Energieträgern. Weiters unterstützen wir als IT alle Projekte der KELAG, die in Richtung erneuerbare Energien gehen.

Spielt im Bereich Green IT auch die Anschaffung von refurbished oder generalüberholten Geräte eine Rolle?

Ja, das spielt bei uns im Haus natürlich auch eine wesentliche Rolle. Wir bewerten laufend den Einsatz von refurbished Geräten im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, Verfügbarkeit und sicherheitstechnische Überlegungen.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie? Wie schwer ist es, qualifiziertes Personal zu finden? Machen Sie interne Schulungen?

Wir beschäftigen in der IT und Telekommunikation ca. 100 Mitarbeiter. Einerseits haben wir einen Ausbildungsplan, der regelt, wie wir die Mitarbeiter zukunftsfit halten bzw. wie wir sie auf die neuen Herausforderungen schulen und weiterbilden können. Andererseits arbeiten wir stark mit regionalen Höheren Technischen Schulen, Fachhochschulen und Universitäten zusammen. Jede Ausbildung, die ein Mitarbeiter freiwillig in Form von höheren technischen Lehrgängen, Schulen und Universitäten oder Fachhochschulen macht, wird bei uns unterstützt. Wir haben hier entsprechende Arbeitszeitmodelle. Auf der anderen Seite haben wir natürlich auch interne Weiterbildungsmaßnahmen, die die Mitarbeiter auf dem Stand der Technik halten sollen.

Das Rekrutieren von qualifizierten Mitarbeitern ist natürlich auch bei uns ein wichtiges Thema, welches sich in Zeiten von Corona nicht entspannt hat. Es gibt bei uns in Kärnten zu wenig Absolventen der technischen Schulen, Fachhochschulen und Universitäten, welche den derzeitigen Arbeitsmarkt im IT-Umfeld in Kärnten sättigen können. Es stehen einfach viel zu viele Firmen regional und national bereit, um diese hochqualifizierten Arbeitskräfte anzusprechen. Die KELAG als wirtschaftlich sehr stabiles, innovatives und nachhaltiges Unternehmen kann hier aber durchaus interessante Arbeitsplätze anbieten – besonders in der IT.

Wie sehr hat Sie die Corona-Pandemie in der Digitalisierung beeinflusst?

Einerseits hat Corona das ganze Thema Home Office sehr beflügelt. Wir als IT waren sehr gut darauf vorbereitet. Eine Befragung seitens unseres Krisenmanagements hat ergeben, dass wir sehr positiv wahrgenommen worden sind und dass unsere Services von zuhause reibungslos funktioniert haben.

Auf der anderen Seite hat die Pandemie natürlich auch einige Projekte eingebremst, weil sich die Zusammenarbeit von Unternehmen und Zulieferern über Videokonferenzen, sowie das ganze Thema Remote zu arbeiten, erst einspielen musste.

Sehr viele Projekte benötigen für einen reibungslosen Ablauf noch immer Vor-Ort-Präsenz. Da kommt es durchaus auch zu Verzögerungen insbesondere bei der Inbetriebnahme von Systemen oder Anlagen. Im Bereich Home Office haben wir sehr gute Ergebnisse erzielt und in bestimmten Bereichen sogar Effizienzgewinne gehabt, weil man zuhause ruhiger arbeiten konnte, speziell im Umfeld der Software-Entwicklung.

Wie sieht es mit dem Erkunden und Erschließen neuer Geschäftsbereiche bei der KELAG aus?

Neue Geschäftsfelder werden bei uns einer sehr genauen technischen und wirtschaftlichen Analyse unterzogen. Wir haben diesbezüglich eine spezielle Taskforce, die sich mit dem Erkunden und Erschließen neuer Geschäftsfelder beschäftigt und auch den Einsatz von IT und Digitalisierungsmethoden analysiert.

Gehört diese Taskforce zur IT?

Das ist eine kleine, schlagkräftige und anlassorientierte Projektgruppe, die sehr stark aus der Unternehmensentwicklung getrieben wird und mit den notwendigen Experten aus den betroffenen Fachbereichen sowie der IT besetzt ist.

Sind Sie als kritisches Infrastrukturunternehmen mit anderen Infrastrukturunternehmen vernetzt und tauschen Sie sich auch in der EU mit Ihren Branchenkollegen aus?

Ja, wir sind sehr stark mit anderen österreichischen und internationalen Energieunternehmen vernetzt und tauschen uns regelmäßig aus. Wir haben unterschiedlichste nationale und EU-weite Arbeitskreise, die sich mit vielseitigen Themenschwerpunkten wie beispielsweise kritischer Infrastruktur, IT-Security etc. beschäftigen und uns in der Branche stets auf dem aktuellsten Stand halten.


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