Die meisten Dokumentenmanagement-Lösungen sind für den Inhouse-Gebrauch gedacht, Cloud spielt noch kaum eine Rolle, wie eine Softselect-Studie ergab. [...]
Ein normaler Mitarbeiter eines durchschnittlichen Unternehmens, zitiert das Beratungshaus Softselect Ergebnisse anderer Studien, verbringen rund 30 Prozent ihrer Arbeitskraft damit, Informationen oder Dokumente zu finden. Dieser Zustand wird sich mutmaßlich noch verschlimmern, denn die Menge an Daten, in denen man suchen muss, wächst – Stichwort Big Data – unaufhaltsam und eher exponentiell als linear an.
Die Studie „Dokumenten Management Systeme (DMS) 2012“ zitiert Zahlen der Marktforscher von IDC, nach denen sich das Datenvolumen innerhalb der letzten fünf Jahre um den Faktor 9 auf aktuell geschätzte 1,8 Zettabytes (1,8 Trillionen Gigabytes) erhöht hat. Durch in Echtzeit gewonnene Transaktionsdaten, durch Daten aus sozialen Netzwerke, Fotos und Videos sowie durch die Kommunikation elektronischer Geräte untereinander („Internet der Dinge“) wird sich diese Zahl in Zukunft weiter stark erhöhen.
Aber nicht nur die Datenmengen, auch die gesetzlichen Vorschriften zur regelkonformen Archivierung sind ein gutes Argument, um über die Anschaffung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS) nachzudenken. „Mehr als 180 Gesetze und Bestimmungen gilt es für Unternehmen mittlerweile zu berücksichtigen, um für Revisionen gewappnet zu sein“, schreibt Michael Gottwald von Softselect im Vorwort des Berichts. Für die Studie hat Softselect 61 Anbieter mit insgesamt 65 Lösungen im deutschsprachigen Raum unter die Lupe genommen. Sie dient dazu, potenziellen Kunden Kriterien für die richtige Wahl eines Anbieters an die Hand geben zu können.
KEINE EINDEUTIGE DEFINITION Hilfreich bei der Suche ist dabei zunächst einmal eine saubere Definition der Begriffe DMS und ECM (Enterprise Content Management). Die werden im deutschen Sprachraum allerdings mehr oder weniger synonym verwendet: „Ein qualitativer oder funktionaler Unterschied zwischen den beiden Begriffen besteht nach herrschender Meinung nicht“, heißt es dazu im Report. Zwar würden Marketingstrategen umfangreichere Funktionen eher dem Begriff ECM zuschlagen. Das sei aber nicht generisch zu rechtfertigen, weswegen es beim synonymen Gebrauch bleibe, schreibt Softselect.
Dem DMS-Markt gehe es insgesamt gut, heißt es in der Studie, weil durch „Software as a Service“-Lösungen (SaaS) Dokumentenmanagement auch für kleine und mittelständische Unternehmen erschwinglich geworden sei. Für das Wachsen des Marktes seien aber auch die explodierenden Informationsmengen verantwortlich. Aus Anwendersicht sei der DMS-Markt aber schwierig, schreibt Softselect: Eindeutige Marktführer sind nicht auszumachen; stattdessen dominieren eine ganze Reihe mittelständischer Unternehmen den Markt.
SAAS-LÖSUNGEN ERST IN DER ZUKUNFT Auf der Suche nach Trends im DMS-Markt fällt auch bei Softselect zuerst der Begriff des Cloud Computings. Die Zuwendung zu Services aus der Wolke sei zwar schwächer als bei anderen Anwendungsgebieten. Dennoch sei absehbar, dass hier in Zukunft ebenfalls SaaS-Lösungen stärker nachgefragt würden.
Auch die anderen Trends der Branche, Social Media, Mobility sowie Compliance und Prozess-Management haben Auswirkungen auf DM-Systeme. Anbieter hätten den Trend erkannt und würden passende Lösungen auch für diese Bereiche anbieten, heißt es im Softselect-Report.
DMS EHER INHOUSE ALS AUS DER CLOUD Trotz SaaS aus der Cloud wird fast jedes DMS zunächst einmal als Inhouse-Lösung angeboten. Mit 97 Prozent liegt dieses Distributionsmodell deutlich vor dem Mietmodell über Application Service Provider (ASP, 57 Prozent) oder der Bezug per SaaS (56 Prozent). Diese Anteile, schreibt Softselect, liegen deutlich unter den Werten anderer Unternehmenssoftware.
Die Analysten führen das auf den hohen Anpassungsbedarf von DMS-Lösungen an die individuellen Gegebenheiten der Unternehmen zurück. „Aufgrund der Komplexität der dokumentenbasierten Prozesse in den Unternehmen ist eine SaaS-Lösung nach dem Baukastenprinzip in vielen Fällen nicht ratsam“, so die Empfehlung zum Umgang mit der Cloud.
Die angebotenen Lösungen sind nicht nur nahezu alle für den Inhouse-Betrieb geeignet, sondern ebenso auch branchenneutral einsetzbar. Dennoch gebe es Anbieter, die mit speziellem Branchen-Know-how punkten können, heißt es in der Studie. Die meisten Lösungen seien für mitteständische Betriebe gedacht. Für Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern sei die Auswahl an DMS-Lösungen geringer. Hier gebe es aber zunehmend kostengünstige SaaS-Lösungen.
Moderne DMS-Suiten decken ein wesentlich größeres Spektrum an Anwendungen ab, als frühere Systeme. Zum typischen Funktionsumfang gehören Input- und Outputmanagement, das revisionssichere Archivieren von Dokumenten und von E-Mails, die Dokumentenverwaltung und -suche, die Aktenverwaltung sowie das Management von Gruppen und Workflows.
VERANTWORTLICHE MÜSSEN DMS-PROJEKTE TREIBEN Neben der Auswahl der richtigen Komponenten, die viele Systeme mit Modulen nach dem Baukastenprinzip unterstützen, komme es bei der Suche nach dem geeigneten DMS auch auf die richtige Haltung der Unternehmensverantwortlichen und des Managements an. Softselect listet in seiner Studie daher zehn typische Fehler auf, die Unternehmen bei der Auswahl der DM-Systeme häufig machen.
Dazu gehört vor allem die falsche, oft zu niedrige Priorisierung bei der Einführung. Die angemessen hohe Wertigkeit beim Projektstart werde oft im Alltag zunichte gemacht, schreibt Softselect dazu.
Zweiter Fehler: Die Geschäftsleitung delegiert die Verantwortung nach unten, anstatt selber die Einführung voran zu treiben. Zu den Problemzonen zählen laut Softselect auch die Faktoren Motivation, Kommunikation, Zeit, Know-how, Struktur, Planung, Kosten und Ergebnismessung. All diese Probleme stehen nach Erfahrung der Analysten erfolgreichen DMS-Projekten im Wege.
Aber auch die Wahl des richtigen Anbieters ist laut Softselect keine triviale Sache. Die Analysten raten daher einführungswilligen Unternehmen die Auswahl anhand der folgenden Kriterien durchzuführen.
CHECKLISTE: DEN RICHTIGEN DMS-ANBIETER FINDEN • Marktposition (Gefahr einer Übernahme durch Wettbewerber) • Wirtschaftliche Basis (Umfang und Verteilung von Eigenkapital) • Strategische Partnerschaften (Art und Zielsetzung) • Mittel- und langfristige Produktstrategie (Vision) • Systementwicklung (Philosophie, Standort, Ressourcenstärke) • Zusammensetzung des Produktportfolios • Technologie und Basisarchitektur • Kosten für Implementierung, Schulung und Wartung • Support-Angebot (Konzept, Qualität, Umfang) • Branchenkompetenz (Erfahrung, Know-how)
Die Softselect-Studie „DMS/ECM-Software 2012“ kostet 150 Euro und ist hier zu beziehen.
* Der Autor ist Redakteur des deutschen CIO.
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