IT Welt.at-Roundtable: Cloud als Innovationstreiber

Cloud wird in Unternehmen heutzutage nicht mehr nur als Instrument zur Kosteneinsparung genutzt, sondern unterstützt die Verantwortlichen dabei, Innovationen voranzutreiben. Hürden auf dem Weg in die Cloud sind Security, Datenschutz und der Fachkräftemangel. [...]

Die Cloud ist das Rückgrat der Digitalisierung und beschleunigt digitale Geschäftsmodelle. (c) Unsplash

Die Umstellung auf die Cloud und Cloud-gestützte Innovationen gelten als Schlüssel zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der heimsichen Wirtschaft und Industrie. Die Cloud ist dabei das Rückgrat der Digitalisierung und beschleunigt digitale Geschäftsmodelle. Wie Unternehmen Cloud Computing für ihre Transformation nutzen können und welche Hürden es auf dem Weg in die Cloud gibt, diskutierten Experten im Rahmen eines Roundtables von ITWelt.at. Für Niklas Krizovsky, Sales Executive des Wiener Unternehmens Bytesource und Gastgeber der Expertenrunde, ist »Cloud DER Innovationstreiber schlechthin. Cloud wird nicht mehr nur dazu eingesetzt, um die Kosten zu senken, sondern man kann Lösungen damit wesentlich schneller implementieren und innovative Produkte wesentlich schneller auf den Markt bringen, als mit einer herkömmlichen Lösung.«

Mario Zimmermann, Regional Director Austria bei Veeam Software, fügt hinzu, dass Cloud inzwischen als Technologie in den Unternehmen angekommen und akzeptiert ist. »Für mich waren drei Punkte ausschlaggebend, die dafür gesorgt haben, dass sich die Cloud in Österreich etabliert hat. Erstens: Die Pandemie und der Umstieg auf Home Office. Alles musste remote funktionieren und man musste Services schnell enablen. Dazu ist die Cloud perfekt. Zweitens: Wir sehen Verzögerungen in den Lieferketten, wodurch Hardware nicht geliefert werden kann. Also war ein Plan B notwendig und beschleunigte den Schritt in die Rechenzentren. Das dritte Thema – und das betrifft uns alle – ist der Fachkräftemangel. Wir sind in der Situation, dass viele Unternehmen Services auslagern müssen. Und damit sind wir bei den Begriffen innovativ, schnell und flexibel angekommen. In Österreich hat dieser Schritt vielleicht ein wenig länger gedauert, aber er ist aus meiner Sicht mittlerweile passiert und jetzt können wir endlich produktiv werden und spannende Services erstellen.«

Niklas Krizovsky,
Sales Executive, Bytesource
Mario Zimmermann,
Regional Director Austria, Veeam Software
Dominic Neumann,
Fachgruppenobmann UBIT Steiermark

Cloud als Speichermedium

Für Niklas Krizovsky ist die Cloud vor allem als Speichermedium unschlagbar, und eine Backup-Lösung der perfekte Einstieg beziehungsweise der Treiber, um in die Cloud zu gehen. »Prinzipiell ist der Einstieg in die Cloud extrem leicht. Man benötigt aber andere Mechanismen. Wenn man die Cloud mit allen Ressourcen nutzen will, dann muss man umdenken und neue Strukturen andenken. Wir helfen den Kunden zum Beispiel dabei, wie sie ihre Landing Zone gestalten können oder wie sie ihre Architektur am besten aufbauen. Man kann natürlich auch per lift and shift alle Daten in die Cloud heben. Dann hat man aber den Nachteil, dass man so weiterarbeiten muss wie bisher.«

Der richtige Cloud-Anbieter

Dominic Neumann, Unternehmer und Fachgruppenobmann UBIT Steiermark, gibt hier zu bedenken, dass Services wie Dropbox zwar nett seien und gut funktionieren würden, »aber Businessdaten haben dort nichts verloren. Es gibt Alternativen wie etwa von Microsoft oder auch attraktive österreichische Anbieter, die die Gewissheit bieten, dass die Daten den EU-Raum oder in diesem Fall Österreich nicht verlassen. Einem Cloud-Anbieter muss man vertrauen können. Aber es stimmt natürlich. Der Einstieg in die Cloud ist nicht mehr so schwierig wie noch vor zehn Jahren. Es haben sich durch die Cloud viele Business-Modelle völlig verändert und sind kostengünstiger geworden.«

Es müsse ja nicht zwingend die Entscheidung für nur einen Cloud-Anbieter fallen, so Mario Zimmermann. »Wichtig ist das Thema Mobility und die Migration der Daten zwischen den Cloud-Anbietern oder auch wieder retour nach on-prem. Das ist entscheidend. Was passiert zum Beispiel wenn einer der Anbieter in Konkurs geht? Was passiert dann mit den Daten und wie bekomme ich sie wieder? Wichtig ist, dass Ausstiegsklauseln vereinbart werden. Das sind ganz heikle Themen, denn wenn ich als Unternehmen nicht mehr in der Lage bin, meine Daten zu kopieren oder die Mobilität zu gewährleisten dann wird es kritisch.«

Dem stimmt Niklas Krizovsky zu: »Mann sollte sich die Services der Anbieter genau anschauen und evaluieren, ob sie zum Unternehmen passen. Das macht für mich den richtigen Cloud-Anbieter aus.« Das Service-Angebot sei aber inzwischen wesentlich breiter geworden und die Services selber »werden immer besser.« Ein Thema, das für die Experten ganz oben steht und für die Cloud spricht, ist Security beziehungsweise Datenschutz.

Security und Datenschutz

»Meiner Meinung nach sind die Daten bei einem Cloud-Anbieter sicherer als im Unternehmen selber. Es ist fast unmöglich in das Rechenzentrum eines Cloud-Anbieters reinzukommen. Bei einem Unternehmen ist es vielleicht nicht so schwer«, so Niklas Krizovsky. »Laut dem aktuellenVeeam Ransomware Trends Report, der unter 1.200 Unternehmen durchgeführt wurde, verzeichnen 85 Prozent der befragten Unternehmen mindestens eine Attacke im Jahr. Die Hälfte der Unternehmen werden jedoch bereits mehr als zwei Mal pro Jahr attackiert.

Die meisten Angriffe zielen dabei auf die Backup-Umgebung ab«, sagt Mario Zimmermann. Backup-Umgebungen seien für Hacker deshalb hochinteressant, weil hier alle Wirtschaftsinformationen gesammelt an einem Platz liegen. Wenn man diese Daten abziehen kann, ist das lukrativ. »Man sollte als Unternehmen also auch darauf schauen, dass die Daten verschlüsselt übertragen und abgelegt werden«, so Zimmermann weiter, und: »Es ist ein ganz heikles Thema. Jeder Geschäftsführer weiß, was Ransomware ist und fragt seine IT-Verantwortlichen, welchen Plan sie haben, damit das Unternehmen nicht in der Zeitung steht oder noch schlimmer, die gesamte Produktion steht.«

»Die meisten Unternehmen, die Opfer einer Ransomware-Attacke werden, zahlen«, so Dominic Neumann. »Sie geben es nicht zu, aber sie zahlen. Meistens handelt es sich dabei um ein bis zwei Jahresumsätze.« Laut dem Experten, der auch als Gerichtssachverständiger für Cybercrime-Delikte tätig ist, braucht ein Hacker heutzutage kein Fachwissen mehr. »Er muss einen PC bedienen können und genügend kriminelle Energie haben, um ins Darknet einzusteigen. Dort bekommt er alles fix und fertig aufbereitet. Moderne Hacker hacken kaum noch selber, es läuft vieles automatisiert ab. Wenn jemand 100.000 Spam-Mails verschicken will, dann kann er das um wenige Dollar machen.« Durch die Cloud würden Angriffe mittlerweile auch als Service angeboten, ergänzt Niklas Krizovsky. »Es wird immer leichter und eigentlich kann schon fast jeder ein Attacke starten.« Trotzdem sei man in einer Cloud wesentlich sicherer, als mit einer on-prem-Lösung. »Da gibt es kein vier- oder sechs-Augen-Prinzip, sondern wahrscheinlich ein zehn- oder mehr Augen-Prinzip wenn neue Lösungen eingeführt werden oder Änderungen gemacht werden.«

Awareness für Security schaffen

»In der Pandemie wurde plötzlich alles in die Cloud ausgerollt, denn es musste schnell gehen«, fügt Mario Zimmermann hinzu. »Die Security wurde erst später nachgezogen. Erst im Nachgang wurde ein Katalog erstellt, wie man mit Services wie Microsoft Teams umgeht und welche Daten überhaupt geteilt werden dürfen. Manchmal überholt uns aufgrund der Umstände die Innovation und dann muss Security nachgezogen werden. Und genau hier werden wir angreifbar.« Neumann: »Das Thema Crime as a Service ist sehr faszinierend. Hier muss man als Unternehmen entsprechend reagieren. Sicherheit kostet im ersten Moment einmal Geld und der Nutzen wird erst dann wahrgenommen, wenn man sich das erste Mal mittels Technologie effizient geschützt hat. Mit Technologie werden wir aber nie den Menschen komplett abfangen können. Es ist ganz wichtig, die Mitarbeiter beim Thema Awareness zu schulen, damit sie sicher mit den neuen Medien umgehen können. Die Unternehmen sind hier gefragt, intern diese Awarness zu schaffen.«

»Das Mindset muss sich hier auf jeden Fall noch ändern«, so Niklas Krizovsky, »denn es kann jeder attackiert werden. Man muss die Daten also verschlüsseln, auch in der Cloud. Es braucht ein Umdenken und die Prozesse müssen geändert werden. Cloud-Anbieter unterstützen Unternehmen dabei mit Workshops. Dort erfährt man, wie man die Parameter richtig setzt oder wie man Mitarbeiter richtig integrieren kann.«

Auch für Mario Zimmermann wird der Faktor Mensch immer ein Schwachpunkt bleiben. »Die Hacker wissen genau, wie sie eventuelle Schwachpunkte ausnützen können. Stichwort ChatGPT: Es gibt Deepfake-Videos und Stimmen, die imitiert werden. Es wird noch ein großes Thema werden, echt von falsch zu unterscheiden. Leute posten ihre Urlaubsfotos und wundern sich dann, wenn ihre Wohnung ausgeräumt wird, oder sie machen Selfies im Büro und im Hintergrund kleben Passwörter an der Pinnwand. Man muss bei seinen Mitarbeitern die nötige Awareness schaffen. Für uns, die in der Branche tätig sind, ist es einigermaßen klar, aber ein Büroangestellter hat diese Sensibilität vielleicht nicht.« Hier müsse man Bewusstsein schaffen und die Leute trainieren. »Das ist auch einer der Gründe, warum das Schulfach Digitalisierung, das jetzt eingeführt wurde, eine langjährige Forderung von uns ist«, ergänzt Dominic Neumann. »Bei Informatik geht es nicht nur um Softwareentwicklung, sondern die User brauchen Skills und vor allem Vernunft, damit sie wissen, welche Daten sie wo veröffentlichen können.«

Strategien gegen den Fachkräftemangel

Einig waren sich die Experten, dass Cloud auch ein Mittel gegen den akuten Fachkräftemangel in der IT-Branche ist. »Früher war IT ein notwendiges Übel. Mittlerweile wissen wir, dass wir ohne Digitalisierung und entsprechenden Services nicht produzieren können. Selbst ein Bäcker, der nicht über Kartenzahlung abrechnen kann, hat dann ein Riesenproblem«, so Mario Zimmermann, und: »Der Mensch hat immer Angst, dass er wegrationalisiert wird. Ob das eben die Dampfmaschine, das Fließband oder Roboter waren, so ist es jetzt die Digitalisierung. Aber ohne Automatisierung würden wir es gar nicht schaffen, alles zu erledigen. Wir sehen jetzt, wie viele Fachkräfte gefragt und welche Ausbildung notwendig ist. Wir haben immer zu wenig Leute, und damit sind wir beim Thema Automatisierung. Die Cloud ist genau dafür geschaffen, dass wir automatisieren und skalieren können, also Ressourcen hochfahren und am nächsten Tag wieder wegnehmen können. Automatisierung ist ein Thema um dem Fachkräftemangel Herr zu werden.«

Niklas Krizovsky: »Man kann mit Automatisierung Leute frei spielen. Diese Leute können höhere Aufgaben machen, eine Ausbildung machen oder neue Produkte entwickeln. ChatGPT kann zum Beispiel arbeiten übernehmen, zu denen andere Menschen keine Lust haben. Diese Menschen kann man dort einsetzen, wo man sie benötigt. Ich glaube, das ist eine gute Ergänzung.«

»Es werden durch KI und Automatisierung nicht weniger Arbeitsplätze, es werden sogar mehr, vor allem für höher qualifizierter Arbeitskräfte«, so Dominic Neumann. »Ich denke wir sind schon auf einem guten Weg, aber ein TU-Absolvent bleibt nicht in Graz, sondern er geht nach Wien oder nach München oder Hamburg, weil er dort wesentlich mehr verdient. Ich möchte eine Lanze für die Lehre in der IT brechen. Firmen müssen sich ihre zukünftigen Leute vermehrt auch selber ausbilden.«

Cloud und Automatisierung sind die Zukunft

In Zukunft werden Cloud und künstliche Intelligenz immer wichtiger werden, so der Tenor der Experten. »Wir könnten unseren Lebensstandard ohne Digitalisierung gar nicht halten. Sei es in der Pflege oder bei der Produktinnovation. Wir stehen gerade vor diesen Herausforderungen und hier wird uns die Cloud sehr helfen. Wir sehen bisher ja nur die Spitze von dem, was möglich ist«, so Mario Zimmermann.


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