Ende Februar kam der Veeam Data Protection Trends Report 2022 zu dem Ergebnis, dass 89 Prozent der Unternehmen weltweit ihre Daten nicht ausreichend schützen. Wie die Zahlen hierzulande aussehen, welche Schwerpunkte Veeam in Österreich setzt und welche Trends im Backup-Bereich auf uns zukommen, verrät Veeam-Chef Mario Zimmermann im Interview. [...]
Wie sieht es in punkto Datenschutz in Österreich aus?
Für diesen Report wurden 3.000 IT-Entscheider von Unternehmen aus 28 Ländern mit mehr als 1.000 Mitarbeitern befragt. Im Vergleich zu den weltweiten 89 Prozent sind es in der Österreich-Schweiz-Region 82 Prozent, die einen Protection Gap haben, also Datenverlust versus Häufigkeit der Backups in Diskrepanz stehen. Das ist immer noch eine enorm hohe Zahl, auch wenn wir im weltweiten Vergleich hier etwas besser abschneiden. Dass vier von fünf Unternehmen nicht ausreichend geschützt sind, ist der Komplexität der IT geschuldet. Denn die Digitalisierung ist dank der Pandemie in den letzten beiden Jahren noch strategischer geworden. Klar ist, dass nicht alle Systeme nachgezogen worden sind, beispielsweise Verfügbarkeit nicht einem Rollout hinterherkommt.
Sind es die kleineren Unternehmen, die nicht ans Backup denken oder zieht sich das durch alle Unternehmensgrößen?
Das ist komplett branchen- und unternehmensgrößenunabhängig. Natürlich: je größer das Unternehmen, umso mehr Experten hat es, je attraktiver der Brand, umso eher kann ein Unternehmen auch Personal anheuern. Aber wer hätte vor der Pandemie gedacht, dass Microsoft Teams in den letzten zwei Jahren zu einer strategischen Applikation wird. Da wurde von heute auf morgen ein Cloud-Service ausgerollt. Doch wie es bei vielen Cloud-Services der Fall ist, wurden Security-Themen von den Unternehmen erst in zweiter Instanz betrachtet. Vor sechs Jahren haben wir Backup-Lösungen für diesen Markt herausgebracht. Doch bis die Unternehmen verstanden haben, dass sie ein Backup von Cloud-Daten benötigen, sind einige Jahre ins Land gezogen.
Ist es die Kostenfrage, die Unternehmen hier zögern lässt?
Laut Report ist das Thema Kosten erst an zweiter Stelle gelagert. Wenn Entscheidungen getroffen werden, sind Unternehmen die Funktionalität und qualitative Verbesserungen im Bereich Verfügbarkeit wichtig. Das heißt, wie sehen RPO-Zeiten (Recovery Point Objective) aus? Wie lang dauert es, einen Service wieder online zu bringen? Wie aktuell ist der Datensatz? Das ist vorrangig! Zuverlässigkeit und Sicherstellung, dass der Restore funktioniert, sind die Hauptthemen und erst in zweiter Instanz kommen laut Report die Kosten. Ich sehe in Österreich, dass IT-Budgets aufgrund der fortschreitenden digitalen Transformation vergrößert worden sind, und wer da nicht investiert, bleibt letztlich auf der Strecke. So wurden auch die Bereiche Security und Backup gestärkt. Egal, ob Ransomware oder andere Bedrohungen, am Ende des Tages dreht sich alles um das Backup, das sich planmäßig wiederherstellen lässt.
Die Pandemie hat Home Office und hybrides Arbeiten sehr beschleunigt. Was für Chancen sehen Sie?
Jede Veränderung ist gleichzeitig eine Chance, auch wenn das für uns Menschen immer etwas schwierig ist. Die Pandemie hat zu einer unglaublichen Chance für Digitalisierungsinitiativen geführt. Innovationen, die früher Jahre gedauert hätten, wurden innerhalb weniger Quartale durchgeboxt. Veeam ist seit jeher in der Lage, Daten durch unsere Work-load-Mobility zu verfolgen. Dabei ist es relativ egal, ob die Daten on-prem, auf einem Notebook oder in einer Cloud abgelegt werden. Wir ziehen eins zu eins die Verfügbarkeit mit den Daten mit, beispielsweise von einem On-Prem-Service hin zu einem gehosteten Service bei einem österreichischen Anbieter.
Es ergeben sich immer wieder neue Konstellationen. Die Home-Office-Mitarbeiter produzieren auf einmal Daten lokal, obwohl sie woanders abgelegt werden sollten, und auf einmal ist das Thema »Backup vom Client« nach langer Zeit wieder aufgepoppt. Es ergeben sich also immer wieder Chancen.
Wie sieht es denn hier mit der DSGVO-Compliance aus? Haben Sie Rechenzentren in Europa?
Wir als Veeam betreiben kein Rechenzentrum, das heißt, wir haben keine Cloud. Wir stellen Software zur Verfügung, damit wir Daten und Applikationen von A nach B bewegen können. Unsere Kunden können ihre Daten und Applikationen in bekannten Hyperscalern ablegen. In Österreich setzen wir stark auf österreichische Rechenzentren. Hier beschäftigen uns Themen wie Backup-as-a-Service, der nächste Schritt wird sicher Disaster-Recovery-as-a-Service sein. Hier geht es darum, dass bei Wegbrechen eines Standorts oder einer Abteilung, Services aus dem Backup heraus bei einem Provider wieder online gebracht werden können. Auch Microsoft 365 ist ein wichtiges Thema: Wo liegen eigentlich die Daten? Unsere klare Empfehlung ist: Wenn du ein Service betreibst, hol dir zumindest deine Daten on-prem.
Was macht man, wenn der Cloud-Service morgen nicht mehr funktioniert? Wo sind die Daten, wenn man keinen Zugriff mehr hat? Eine Cloud-Exit-Strategie ist für mich ein sehr relevantes Thema. Ich glaube, wir sind in Österreich noch nicht so weit. Aber gewisse stark regulierte Branchen richten sich schon danach. Bei Versicherungen, im Finanzwesen, bei EU-Richtlinien, muss, wenn ein Service in der Cloud ausgerollt werden soll, auch eine Exit-Strategie vorzeigbar sein.
Es sollen weltweit alle unbefristeten Lizenzen auf Abolizenzen umgestellt werden. Wie sieht die Lage in Österreich aus?
Wir reden hier von Subscription-Lizenzen. Wir lizenzieren basierend auf Sockets, also auf physischer Hardware, auf der Backups von physischen oder virtuellen Maschinen gemacht werden. Wir haben bereits vor mehreren Jahren auf ein Instanz-Modell namens Veeam Universal Licence umgestellt. Dieses Subscription-Modell ist das zeitgemäße Modell für die Gegenwart und die Zukunft. Warum? Ich binde mich mit dieser Lizenz nicht mehr an eine virtuelle Maschine oder an ein Rechenzentrum, vielmehr sind wir mit diesem neuen Lizenzmodell in der Lage, heute mit der gleichen Lizenz eine physische Maschine zu sichern, die morgen eine virtuelle Maschine ist. Die Lizenz folgt dem Workload und kann die Workload-Mobility abbilden. Das ist die Zukunft. In Österreich haben wir eine gute Marktdurchdringung, weil wir dieses Modell seit drei Jahren aktiv positionieren. Je nachdem, in welchem Marktsegment wir uns bewegen, schwankt die Durchdringung, aber wir liegen schon weit über 50 Prozent. Es ist der perfekte Investitionsschutz, denn Sie investieren heute für eine Lizenz, die Sie auch morgen anders verwenden können.
Welche Trends sehen Sie im Backup-Bereich?
Ich bin zehn Jahre bei Veeam und wir sind fast jedes Quartal zweistellig gewachsen. Eine Fortführung des positiven Trends sehe ich auch für die nächsten Quartale. Die Themen werden wechseln. Die letzten Quartale waren Backup für Microsoft 365 und Backup für Cloud-Umgebungen vorherrschend. Als nächstes sehe ich Kubernetes-Umgebungen, die erheblich an Einfluss in den Rechenzentren gewinnen werden. Wir haben hier seit zwei Jahren den Marktführer in unserem Portfolio voll integriert und sind sehr gut aufgestellt für die Zukunft. Bezüglich Kubernetes haben wir in Österreich schon Projekte realisiert.
Laut dem Report werden bis Ende des Jahres in der Region Österreich/Schweiz 91 Prozent der Unternehmen Kubernetes in produktiven Umgebungen betreiben. Das Thema Ransomware war ursprünglich kein Veeam-Thema, ist jedoch aufgrund der Wichtigkeit von Backup als Last Line of Defense zu einem geworden.
Der dritte Punkt ist das Thema Cloud-Exit-Szenario, wobei das nicht heißt, dass die Cloud keine Perspektive mehr hat, sondern wie bringe ich Workloads oder Applikationen von einem Hyperscaler zu einem österreichischen Cloud-Anbieter, es geht also um Cloud Mobility.
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