Das Linzer Unternehmen CELUM ist einer der führenden Cloud-Software-Hersteller für Marketing. Das Kerngeschäft Digital Asset Management wurde zu einer umfangreichen Content Productivity Plattform ausgebaut, sagt CEO Michael J. Kräftner im Interview. [...]
CELUM ist ein international agierender Softwarehersteller mit Standort Linz. Wie beurteilen Sie den IKT-Standort Oberösterreich in Bezug auf Digitalisierung und Softwareentwicklung?
Wir beschäftigen rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, den Großteil davon in Oberösterreich in unserem Headquarter im Linzer Südpark. Oberösterreich ist geprägt von vielen Leitbetrieben in traditionellen Geschäftsfeldern. Viele davon stellen sich aktuell – Stichwort Industrie 4.0 – dem Thema Digitalisierung. Rein digitale Unternehmen wie unseres gibt es vergleichsweise zu wenige. Hier sollte die Politik dringend aktiv werden, Unternehmen und Startups noch aktiver und nachhaltiger fördern und gute Rahmenbedingungen schaffen. Man darf sich nicht auf einer Hand voll Leuchtturm-Unternehmen ausruhen, wenn man in Zukunft erfolgreich sein und als Standort im internationalen Wettbewerb bestehen will.
In welchen Bereichen sehen Sie Potenzial bzw. wo gibt es Defizite und wie beurteilen sie das Thema Fachkräftemangel?
Fangen wir bei der Basis an: Wir brauchen dringend Investitionen in die Infrastruktur, vom Verkehr bis hin zum Breitbandinternet. Das betrifft uns im Linzer Südpark, aber das betrifft im Prinzip auch alle anderen Regionen. Linz und ganz Oberösterreich müssen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch attraktiver werden. Ich mag den Begriff „War of Talents“ nicht besonders, aber darauf läuft es hinaus und daher muss sich das ganze Bundesland darum kümmern, dass Talente von hier nicht abwandern, sei es innerhalb von Österreich oder ins Ausland. Von der Politik wünsche ich mir Investitionen in Bildung und eine Anpassung der Kommunikation, um künftig noch mehr – auch internationale – Talente nach Linz zu holen. Auf Aushängeschildern wie der FH Oberösterreich in Hagenberg dürfen wir uns nicht ausruhen. Wir müssen daran arbeiten, dass es mehr von ihnen gibt und damit auch immer mehr gut ausgebildete junge Menschen ihr Talent unter Beweis stellen können. Andernfalls haben wir als Wirtschaftsstandort in Zukunft keine Chance. Wir selbst etwa betreiben gezielt Kooperationen mit der Johannes Kepler Universität, der FH Hagenberg oder der FH Steyr, um Nachwuchs im IT- und Technologie-Bereich zu fördern.
Wie verändert Ihrer Meinung nach die Digitalisierung die Arbeitswelt und was muss ein modernes Unternehmen den Mitarbeitern bieten, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben? Wie ist CELUM hier aufgestellt?
Laut A.T. Kearney sind 44 Prozent aller Jobs in Österreich durch die Digitalisierung und Veränderung der Arbeitswelt bedroht und laut einer Schätzung, die Microsoft und das Future Laboratory gemacht haben, werden 65 Prozent der heutigen Studierenden Jobs haben, die es aktuell noch gar nicht gibt. Darauf müssen sich öffentliche Institutionen und Unternehmen einstellen.
Ich denke, dass wir als CELUM gut aufgestellt sind. Wir haben uns im Zuge der Konzeption unserer Erweiterung des Headquarters ganz genau angeschaut, wie wir als Team zusammenarbeiten. Wir sind sehr agil, organisiert in kleinen Teams, die sich je nach Projekt immer wieder neu zusammensetzen. Insofern arbeiten wir heute schon so, wie künftig noch viele andere Unternehmen arbeiten werden. Und das Arbeitsklima ist bei uns sehr gut – auch wenn wir schon lange kein Startup mehr sind, haben wir uns diesen Spirit des Ausprobierens und des mutig Neues Wagens sehr gut bewahrt. Das ist mir persönlich sehr wichtig. Ich denke, wer mal bei CELUM ist, ist sehr gerne hier. Was wir uns aber auf alle Fälle wünschen, ist, dass es mehr Bewerberinnen und Bewerber sowie mehr verfügbare Talente gibt. Oftmals können wir nämlich nicht so viele qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden, wie wir brauchen. Unser Frauenanteil liegt bei 20 Prozent, was sehr gut für die Technologie-Branche ist, aber es können noch mehr werden.
Gibt es eine aktive Startup-Szene in Oberösterreich?
In Linz tut sich in letzter Zeit Einiges. Es gibt einen gewissen Anspruch, die Heimatstätte einer „Digital Industry“ in Österreich zu werden, etwa mit der Tabakfabrik, die ein Hub für junge Unternehmen werden soll. Ich sehe einige gute Ansätze – wichtig ist, dass die Politik da dranbleibt und die Unternehmensgründung tatsächlich einfacher macht. Ich selbst habe neben CELUM noch ein zweites Unternehmen gegründet: celianventures. Als Corporate Incubator wollen wir ganz gezielt junge Unternehmerinnen und Unternehmer dabei fördern, ihre Ideen vorwärts zu bringen. Dabei geht es neben finanziellen Investments auch klar um Knowhow-Transfer. In fast 20 Jahren als Unternehmer bin ich selbst oft genug im Kleinen oder Größeren gescheitert. Jetzt wollen wir mit Sparring und Coaching unter die Arme greifen. Wir wollen Raum und Unterstützung geben, um auszuprobieren, um Stärken zu entwickeln und um auch Dinge unter kontrollierten Bedingungen falsch machen zu können.
Wie hat sich das Geschäftsjahr 2017 bisher für CELUM entwickelt? Gibt es Neuerungen im Portfolio?
2017 war bisher ein sehr aufregendes und auch erfolgreiches Jahr für uns. Wir haben unser Produktportfolio massiv ausgebaut – quasi verdreifacht – und die CELUM-Lösung zur Content Productivity Plattform ausgebaut. Zu unserem bisherigen Kerngeschäft Digital Asset Management (DAM) und damit dem Verwalten und Verteilen von Dateien sind im April zwei neue Produktlinien dazugekommen. Ab sofort können CELUM Kunden Content-Erstellung direkt innerhalb der CELUM-Lösung als Team koordinieren – mit unserem Marketing Project Management Angebot. Und der neue Content Marketplace powered by Contidio.com ist ein Marktplatz, auf dem Inhalte zwischen Marken und Influencern gekauft und verkauft werden können. Damit ergibt sich ein durchgängiger Content-Lebenszyklus, der die Verwendung von und den Umgang mit Inhalten neu definiert. Die Programmierung und die technische Umsetzung hat unser Team in den letzten Monaten umgesetzt – Software und Technologie made in Austria.
Noch im Juni wird der Spatenstich zur architektonisch spektakulären Erweiterung des CELUM-Headquarters erfolgen, das in Zukunft bis zu 180 Mitarbeitern Platz bieten wird. Auch das ist ein großes Projekt, das mir sehr wichtig ist. Wir überlegen unseren Campus auch für Dritte zu öffnen und junge Unternehmen und Partner zu uns zu holen und damit den Arbeitsraum und den Raum für gemeinsames Arbeiten und gegenseitige Inspiration noch mehr zu öffnen.
Gibt es aktuelle Projekte, die abgeschlossen werden konnten oder andere Highlights?
Für uns intern war sicher der Launch unserer Productivity Plattform der größte Meilenstein in letzter Zeit. Wenn wir auf unsere Kundenarbeit schauen, gibt es viele Projekte, die uns stolz machen und über die wir uns freuen – gemeinsam mit unseren vielen Umsetzungspartnern. Die WM in St. Moritz ist jetzt zwar schon ein wenig her, aber dass die Medien rund um den Globus von den Veranstaltern über unsere Software mit dem neuesten Content versorgt wurden, ist schon sehr lässig. Oder dass ein Traditionsunternehmen wie der Spielwarenhersteller Schleich auf unsere Software setzt.
Welche aktuellen IT-Trends sind für ihr Unternehmen relevant bzw. betreffen ihr Business und welche neuen Trends erwarten Sie?
Ich glaube, man kann die Bedeutung von Cloud-Services nicht hoch genug einschätzen. Uns beschäftigt das Thema sehr. Content ist always on und das heißt, dass auch die Verfügbarkeit immer gesichert sein muss. Daher bieten wir alle unsere Produkte auch in einer Cloud-Version an. Und auch das Thema Mobilität ist gekommen, um zu bleiben. Das heißt, dass ich, egal wo ich bin und wo ich mich bewege, Zugriff auf alles habe, was ich brauche, um meinen Job gut zu machen. Die Linie zwischen physischer und digitaler Welt verschwimmt immer mehr – VR, AR – ich bin gespannt, was sich hier tut und welche Szenarien wir hier künftig sehen werden. Und was immer Thema sein wird und sicher noch an Relevanz zunimmt, ist die ganze Frage der Datensicherheit.
Be the first to comment