80 Prozent der europäischen Unternehmen haben im vergangenen Jahr mindestens einen Vorfall im Bereich Cybersicherheit erlebt. Damit war es höchste Zeit, in Sachen Cybersecurity zusammenzurücken und gemeinsame Strategien auszuarbeiten. [...]
Firmen, die wesentliche Dienste wie zum Beispiel im Energie-, Verkehrs-, Banken- und Gesundheitsbereich anbieten oder Internetdienste wie Suchmaschinen oder Cloud-Dienste, werden Maßnahmen ergreifen müssen, um ihre Widerstandsfähigkeit gegen Cyberangriffe zu verbessern. Darauf zielen die ersten EU-weiten Vorschriften für Cybersicherheit ab, die das Parlament Anfang Juli angenommen hat.
Die Festlegung gemeinsamer Cybersicherheitsstandards und Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen EU-Ländern werden Unternehmen dabei unterstützen, sich zu schützen, und ebenso dabei helfen, Angriffe auf die verknüpften Infrastrukturnetze der EU-Mitgliedstaaten zu vermeiden. Die neuen EU-Vorschriften legen verbindliche Sicherheitsbestimmungen und Berichtspflichten für „Betreiber wesentlicher Dienste“ im Energie-, Verkehrs-, Banken- und Gesundheitsbereich oder bei der Trinkwasserversorgung fest. Die EU-Mitglieder müssen diese Betreiber bzw. Dienste im Einklang mit bestimmten Kriterien feststellen, zum Beispiel ob der betreffende Dienst für die Aufrechterhaltung kritischer gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Tätigkeiten wesentlich ist und ob ein Sicherheitsvorfall eine erhebliche Störung seiner Bereitstellung bewirken würde. Einige Anbieter digitaler Dienste – Online-Marktplätze, Online-Suchmaschinen und Cloud-Computing-Dienste – müssen ebenfalls Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit ihrer Infrastruktur zu gewährleisten, und werden verpflichtet, größere Zwischenfälle den nationalen Behörden zu melden. Die Sicherheits- und Berichtspflichten sind für diese Anbieter jedoch weniger streng. Kleinst- und Kleinunternehmen sind von diesen Pflichten ausgenommen.
Mit den neuen Vorschriften wird eine strategische Kooperationsgruppe geschaffen, um Informationen auszutauschen und Mitgliedstaaten beim Kapazitätsaufbau im Bereich Cybersicherheit zu unterstützen. Jedes EU-Land wird verpflichtet, eine nationale Network-and-Information-Security (NIS)-Strategie festzulegen. Die EU-Länder müssen ebenfalls ein Netz von Computer-Notfallteams (CSIRT – Computer Security Incident Response Teams) schaffen, um Sicherheitsvorfälle und -risiken zu bewältigen, grenzübergreifende Sicherheitsfragen zu erörtern und gemeinsame Antworten zu finden. Die Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) wird bei der Umsetzung dieser Richtlinie eine Schlüsselrolle spielen, insbesondere in Bezug auf die Zusammenarbeit. Auf die Notwendigkeit, Datenschutzvorschriften zu respektieren, wird an mehreren Stellen in der Richtlinie hingewiesen.
Die NIS-Richtlinie wird im Amtsblatt der EU veröffentlicht und am 20. Tag nach der Veröffentlichung in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten müssen die Bestimmungen binnen 21 Monaten in nationales Recht umsetzen. Sie haben sechs weitere Monate, bis die „Betreiber wesentlicher Dienste“ feststehen müssen.
EUROPEAN CYBER SECURITY ORGANISATION
Ebenfalls Anfang Juli hat die Europäische Kommission die strategische Kooperation mit der neu gegründeten European Cyber Security Organisation (ECSO) auf rechtliche Beine gestellt. Ziel der Übereinkunft ist der Aufbau einer strategischen Allianz im Bereich Cybersicherheit. Die EU wird im Rahmen ihres Programms für Forschung und Innovation insgesamt 450 Millionen Euro für diese Partnerschaft zur Verfügung stellen. Jeder öffentliche Euro soll im Gegenzug zusätzliche Investitionen von mindestens drei Euro seitens der in ECSO vertretenen europäischen Cybersecurity-Player auslösen. Insgesamt sollen bis 2020 rund 1,8 Milliarden Euro generiert werden.
Dazu Günther Oettinger, Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft: „Europa braucht hochqualitative, leistbare und interoperable Produkte und Dienstleistungen im Bereich Cybersicherheit. Unserer Cybersecurity-Industrie bietet sich eine riesige Gelegenheit, sich in einem schnell wachsenden globalen Markt zu behaupten. Wir appellieren an die Mitgliedsstaaten und alle Cybersecurity-Gremien, die Zusammenarbeit zu stärken und ihr Wissen sowie ihre Informationen und Kompetenzen zu bündeln, um Europas Cyber-Resilience zu erhöhen. Die heute mit der Industrie unterzeichnete zukunftsweisende Partnerschaft im Bereich Cybersicherheit ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“ Zur Unterschriftszeremonie versammelten sich hochrangige ECSO-Vertreter von 48 öffentlichen und privaten Organisation aus 14 Ländern.
Neben RadarServices – vertreten durch Harald Reisinger, Geschäftsführer Service Management, Forschung & Innovation – ist AIT Austrian Institute of Technology heimisches Mitglied dieser Allianz. „Wir haben in den letzten Jahren in Österreich eine umfassende Cybersecurity-Kompetenz etabliert, um vor allem für zukünftige cyberphysikalische Systeme und Industrie 4.0 eine hohe digitale Sicherheit ermöglichen zu können. Doch Cybersecurity ist nicht nur ein rein technisches Thema, es braucht auch gemeinsame international ausgerichtete Rahmenbedingungen. Durch unser starkes europäisches Engagement tragen wir zu einer nachhaltigen Positionierung von Österreich im globalen Kontext in Schlüsseltechnologiebereichen bei“, sagt Helmut Leopold, Head of Digital Safety & Security Department am AIT. (wf)
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