Das datengetriebene Unternehmen

Immer mehr Geschäftsentscheidungen und ganze Geschäftsmodelle basieren auf der Analyse von Daten. Für den Schritt zum datengetriebenen Unternehmen sind jedoch einige grundlegende Veränderungen der Unternehmenskultur notwendig. [...]

Daten gehören zum wertvollsten Kapital jedes Unternehmens. 59 Prozent aller im Rahmen einer Studie befragten Topmanager sagen inzwischen, dass Daten und Analysen unverzichtbar für den Betrieb ihrer Organisationen geworden sind. Die in allen Branchen aufgewendeten Investitionen für die Erfassung und Analyse von Daten vermitteln einen Eindruck davon, welch hohen Stellenwert Daten in Zukunft einnehmen werden: So haben zum Beispiel Untersuchungen der Marktforscher von Gartner ergeben, dass mehr als drei von vier Unternehmen in Big Data investieren beziehungsweise Investitionen in diesem Bereich bis Ende 2017 geplant haben. Damit werden datengesteuerte Unternehmen zur neuen Normalität.
Data Scientists sind gefragt
Infolgedessen strukturieren sich die Unternehmen um und schaffen neue Positionen für einen systematischeren Umgang mit Daten, um deren Vorteile voll und ganz auszuschöpfen. Dies zeigt sich besonders deutlich am wachsenden Bedarf an sogenannten Data Scientists, also Datenwissenschaftlern, deren Fähigkeiten, Daten in umsetzbare Erkenntnisse mit geschäftlichem Nutzen zu verwandeln, äußerst gefragt sind. Für die strategischen und unternehmensweiten Fragestellungen sind solche Spezialisten unabdingbar. Konzentrieren sich jedoch die gesamten Daten einer Organisation in den Händen einiger weniger Experten, liegt das Potenzial dieser Daten für den Unternehmenswert allerdings brach.
Demokratisierung der Daten
Um den vollen Nutzen aus Daten zu ziehen, sollte jeder im Unternehmen die Möglichkeit haben, auf Daten zuzugreifen und sie täglich in die eigenen Entscheidungen einzubeziehen. Daten können das Wissen demokratisieren und vervielfachen. Sie sind nützlich für jede Branche, für Unternehmen jeder Größe und für Mitarbeiter auf jeder Ebene innerhalb eines Unternehmens. Alle Mitarbeiter zu befähigen, ihre Daten regelmäßig tiefgehender zu erkunden, geht allerdings über die Bereitstellung von Technik sowie den Zugriff auf Informationen hinaus. Vielmehr geht es darum, im jeweiligen Unternehmen eine Kultur für Datenanalysen zu schaffen und auch zu leben. Um den Wandel hin zu so einer Datenkultur umzusetzen, helfen einige grundlegende Schritte.
Zugriff auf die Daten
Das Schaffen einer Analysekultur beginnt mit Empowerment. Die Mitarbeiter werden dadurch befähigt, Daten zu erkunden und ihre eigenen Fragen zu beantworten. Früher lagen Datenanalysen nur in den Händen einiger weniger speziell dafür ausgebildeter Mitarbeiter und ließen oft lange auf sich warten. Unternehmen können es sich heute aber nicht mehr leisten, dieses Experten-Modell anzuwenden. Es liegt an der obersten Führungsetage, eine Kultur zu fördern, in der die Mitarbeiter selbst Zugriff auf Daten haben und die technischen Werkzeuge nutzen können. Ist dies der Fall, findet ein positiver Wandel statt: die Mitarbeiter bekommen Verantwortung und Unternehmen entwickeln sich weiter.
Gehirntraining
Damit auch tatsächlich alle Anwender datengetrieben arbeiten können, sind in den meisten Fällen Schulungen erforderlich. Einige davon können über das jeweilige Analyse-Tool selbst erfolgen. Hier sind in der Regel Fallbeispiele, Online-Videos und dergleichen verfügbar. Solche Schulungen konzentrieren sich jedoch vorwiegend auf den Umgang mit technischen Werkzeugen und Analyse-Methoden. Genauso wichtig ist es aber auch, die Verbesserung der Kompetenzen im Blick zu behalten. Ein Mentalitätswandel lässt sich nur durch die Entfaltung des kritischen Denkens, analytische Neugier und Kenntnisse in einschlägigen Gebieten – zum Beispiel im Bereich Datenvisualisierung – fördern. Zu diesem Zweck können auch externe Experten hinzugezogen werden.
Neue Mentalität
Für viele Verantwortliche mag ein solches Maß an Befähigung in ihrer Belegschaft anfangs äußerst bedenklich sein, gerade wenn es um sensible Daten geht. Hier kommt den Führungsteams in den Organisationen eine entscheidende Rolle zu. Das Führungsteam muss das Unternehmen von der Mentalität des „Need-to-know-Prinzips“ hin zur datengetriebenen Kultur führen. Anderenfalls wird der gesamte Änderungsprozess ausgebremst. Es ist daher wichtig zu akzeptieren, dass Bedenken bezüglich der Befähigung zum Umgang mit Daten auftreten werden und diese Ernst zu nehmen. Anschließend können dann auf Basis dieser Bedenken Schritte eingeleitet werden, die den Umgang mit Daten zur Normalität werden lassen.
Neugierde und kritisches Denken
Der Aufbau einer Analysekultur muss auch durch die fortlaufende Gewinnung und Entwicklung von Talenten begleitet sein. Data-Analytics-Skills spielen in diesem Prozess selbstverständlich eine Rolle. Aber es gilt darüber hinaus auch zu beachten, dass ideale Kandidaten nicht unbedingt herausragende Kenntnisse der neuesten Technologien vorweisen müssen. Wirklich wichtig ist für jeden, der mit Daten arbeitet, nur eine Eigenschaft: das kritische Denken. Es empfiehlt sich daher, Tests für Kandidaten zu entwickeln, welche die analytischen Fähigkeiten der Mitarbeiter auf die Probe stellen und deren Neugier wecken. Denn Neugier steht für Eigenständigkeit und bildet eine wesentliche Grundlage für eine Analysekultur.
Daten statt Bauchgefühl
Damit sich eine datengetriebene Kultur entwickeln kann und die Mitarbeiter zum richtigen Denkansatz motiviert werden, muss die Unternehmensführung zunächst einmal auf datengesteuerte Antworten setzen. Anstatt Meinungen der mittleren Managementebene einzuholen, müssen oberste Führungskräfte Empfehlungen einfordern, die von Daten gestützt sind. Dieselbe Vorgehensweise sollten sie auch von ihren Teams erwarten. Fragen dürfen nicht mit den Worten „Ich finde“ beantwortet werden. In jedem Gespräch sollte ein versierter Umgang mit Daten offenkundig sein.
Eine Frage der Unternehmensführung
Um eine echte datengetriebene Analysekultur zu entwickeln, muss jeder Aspekt der Organisation einbezogen werden: vom Umgang mit Datenwissenschaftlern über Schulungen und Tools bis hin zum Einstellungsprozess. Der wichtigste Faktor ist jedoch, dass die Daten selbst demokratisiert werden, damit alle Anwender Fragen stellen und datenbasierte Entscheidungen treffen können. Welches Fazit lässt sich also aus den hier beschriebenen Punkten ziehen? Jeder einzelne hängt davon ab, ob die Führung eines Unternehmens tatsächlich ihre Führungsaufgabe wahrnimmt. Eine datengetriebene Kultur beginnt – wie wohl jedes Firmenethos – an der Spitze.
*Lars Milde ist Senior Marketing Manager, DACH & Eastern Europe bei Tableau Software 


Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*